! Aktualisiert am 3. Dezember 2023
Toskana in Italien – kennt man? Neben Florenz, Pisa und Siena gibt es vor allem im Süden der Toskana und in der Region Maremma viele kleine Orte, die es zu entdecken lohnt. Selbst im Sommer haben wir dort kaum Touristen getroffen. Wir zeigen euch unsere 4 Geheimtipps für Toskana und Maremma.
Wir sind wahrscheinlich die einzige Familie, die noch nie in Italien war – ich hatte immerhin als Teenager schon einmal die Toskana gesehen. Meine Erinnerungen an Florenz, Pisa und Siena: heiß und voller Touristen. Nie wieder wollte ich dort hin!
Die bekannten Toskana-Highlights haben wir also bei unserem Familienurlaub links liegen gelassen. Dafür sorgte allein schon die abgeschiedene Lage unseres Novasol Ferienhauses (das ich in diesem Beitrag ausführlicher vorstelle) – 2 Stunden Fahrt, zum Teil über schlimme Holperpisten, waren uns für einen Ausflug nach Florenz oder Pisa eindeutig zu lang. Außerdem fanden wir in der Maremma, dem südlichen Teil der Toskana, genug zu entdecken!
In der Maremma (deren Grenzen nicht streng festgelegt sind, weil sie ein Landstrich und kein Verwaltungsgebiet ist) haben wir viele kleine Orte besucht, in denen wir fast die einzigen Touristen waren (manchmal sogar die einzigen Menschen von außerhalb). Mal ehrlich: Die schmalen Gässchen mit den Wäscheleinen, den streunenden Katzen und den winzigen Piaggio-Dreiradautos sehen in Siena ganz ähnlich aus wie in jedem anderen Städtchen der Toskana. Nur halt ohne Souvenirshops und Touristenmassen.
Inhalt
Die weltberühmten Dome, Kathedralen und Galerien der Toskana heben wir uns für später auf, wenn wir als Rentner zu zweit mit viel Zeit reisen können (und das vor allem nicht im Hochsommer tun werden!). Mit einer ganzen Meute an Kindern zwischen 7 und 16 Jahren im Schlepptau haben wir es genossen, die kleinen toskanischen Städtchen zu durchstreifen, immer mal wieder in eine Gelateria einzufallen, Kätzchen zu streicheln und italienischen Opis beim Karten kloppen zuzuschauen.
Zwei Städtchen in der südlichen Toskana und Maremma, die wir spontan entdeckt haben, wollen wir euch besonders ans Herz legen. Dazu kommen noch zwei – kleine! – Wanderungen, die auch bei Sommerhitze in der Toskana gut funktionieren, weil sie die Möglichkeit zur Abkühlung direkt eingebaut haben. Unsere Kinder haben sich jedenfalls nicht beschwert!
4 zauberhafte Geheimtipps für Toskana und Maremma
Pitigliano: die Felsenstadt in der “area del tufo”
Pitigliano haben wir ganz zufällig entdeckt, denn eigentlich wollten wir auf den Etrusker-Pfaden wandern, für die der Süden der Toskana berühmt ist. Überhaupt sieht es hier, fast schon an der Grenze zu Latium (die Provinz, wo Rom liegt) ganz anders aus als im Rest der Toskana: Es ist deutlich bergiger und es gibt dichte Wälder, in denen sich tiefe Schluchten und Flusstäler auftun.
Der Boden besteht hier aus dem weichen Tuffstein, der bei Vulkanausbrüchen entstand. Deshalb gibt es neben Pitigliano noch viele weitere Städtchen, die sich auf steilen Felskuppen drängen und wo die Häuser zum Teil direkt im Stein stecken – weiter unten sind dann Garagen und Vorratsräume als Höhlen in den Felsen gehauen. Früher standen hier die Urnen der Toten drin.
Der weiche Tuffstein hat auch die Etruskerpfade erzeugt: Das sind 2.000 Jahre alte Wege, auf denen schon die Vorgänger der Römer durchs Land zogen. Im Laufe der Zeit haben sie sich bis zu 20 m tief in den Boden eingeschnitten und sind heute gruselig schmale Schluchten, durch die es sich schön kühl wandern lässt, wenn anderswo über 30° C herrschen. Die nur 5 km lange Wanderung auf der Via Cava di Fratenuti führt am Anfang sogar über eine Furt, wo man sich herrlich erfrischen kann, und endet an einem 10 m breiten Höhlenüberhang – wer allerdings Wandern in der Sächsischen Schweiz gewohnt ist, der hat hierfür nur ein Gähnen übrig.
Von den Etruskern und den Römern ist in Pitigliano nicht mehr viel zu sehen, die Stadt ist eher mittelalterlich geprägt. Faszinierend fanden wir auch, dass in Pitigliano recht viele orthodoxe Juden leben; es gibt ein jüdisches Viertel und eine Synagoge.
Die gesamte Altstadt von Pitigliano ist von einer Stadtmauer umgeben. Autos dürfen in den inneren Ring nicht hineinfahren, ringsherum gibt es aber viele kostenfreie Parkplätze, von denen man nur wenige Minuten in die Altstadt läuft – und die schon mal einen tollen Blick auf den Stadtkern mit einem von den Medici im 17. Jahrhundert erbauten Aquädukt und den Palazzo Orsini bieten. Besonders abends zur blauen Stunde ist es einfach wunderschön hier!
Bilder sagen über Pitigliano deutlich mehr als Worte: Lasst euch einfach durch die kleine Altstadt treiben, bis ihr ganz vorn an der Piazza Becherini auf einmal nicht weiterkönnt. Hier steht man wie der König der Welt und blickt auf die Wälder hinab, die die Straßen und Höhlengräber der Etrusker verbergen.
Influencer haben wir in Pitigliano keine gesehen, obwohl die Stadt, die 300 m hoch auf einem Tuffstein-Felsen thront, geradezu prädestiniert für Fotos mit Sommerkleid und Sonnenhut ist. Man munkelt aber, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Pitigliano als Reiseziel ganz groß rauskommt – also nichts wie hin, noch vor den Insta-Sternchen! Schon jetzt ist sehr deutlich, dass die Zahl der Einwohner (knapp 4.000) umgekehrt proportional zur Zahl der Besucher abnimmt. In einigen Jahren könnte Pitigliano wirklich zu der Disney-Touristenkulisse geworden sein, für die wir es jetzt schon teilweise gehalten haben – ich meine, diese pittoresken Gässchen können doch nicht von echten Menschen bewohnt sein?!
Rund um Pitigliano liegen übrigens noch mehr interessante Ziele: zum Beispiel die heißen Quellen von Saturnia (die wir dank der Sommerhitze nicht nötig hatten, und die garantiert kein Geheimtipp mehr sind) und die mittelalterlichen Städtchen Sovana und Sorano, die gemeinsam mit Pitigliano das “Dreieck der Maremma” bilden.
Castel del Piano
Nur einen Katzensprung von unserem Ferienhaus entfernt – also etwa eine halbe Stunde mit dem Auto über holprige Feldwege – lag Castel del Piano, ebenfalls ein kleines Städtchen mit einer superhübschen Innenstadt, das aber im Vergleich zu Volterra oder Pienza null Touristen anzieht. Auf der winzigen Piazza Garibaldi findet sogar wie in Siena jedes Jahr ein Palio statt – das berühmte Pferderennen, bei dem verschiedene Stadtviertel gegeneinander antreten.
Die Gassen von Castel del Piano sind eng, gewunden und bersten von Blumen, Wäscheleinen, Katzen und Piaggios. Am Rand der kleinen Stadt enden sie abrupt und bieten wunderschöne Ausblicke von dem steilen Felsen, auf dem Castel del Piano liegt. Gelaterias und Ristorantes gibt es fast genauso viele wie uralte Kirchen, schicke Boutiquen und Souvenirgeschäfte dagegen eher weniger – es gibt halt keine Touristen.
Ich will damit nicht sagen, dass die Innenstädte von Pienza, Siena oder Volterra ihren Ruhm und ihren UNESCO-Welterbestatus nicht verdient hätten. Aber mal ehrlich – wie viele von uns haben wirkliches Interesse an den architektonischen Feinheiten der Renaissance oder Spätgotik, den Unterschieden zwischen Medici- und Borghia-Herrschaft oder den Raffinessen des spätmittelalterlichen Kirchenbaus? Um einfach entspannt durch hübsche italienische Straßen zu schlendern, Fang-mich in den gewundenen Gassen zu spielen und dabei den Einwohnern beim nachmittäglichen Kartenspiel zuzuschauen, ist Castel del Piano perfekt.
Monte Amiata
Es gibt eine Jahreszeit, in der es doch zunehmend Touristen nach Castel del Piano zieht: den Winter! Sie kommen, um auf dem Gipfel des 10 km entfernten Monte Amiata Ski zu fahren. Passend dazu wunderten wir bei mehreren Gelegenheiten über Verkehrsschilder, die uns bei sengender Hitze an das Anlegen von Schneeketten und Glatteisgefahr erinnerten.
Schnee in der Toskana? Und Skifahren? Scheint zu gehen. Auf dem Gipfel des Monte Amiata entdeckten wir jedenfalls ein voll funktionstüchtiges Skigebiet mit mindestens drei Pisten.
Wandern im Sommer in der Toskana hatten wir uns nach einem ersten, kläglichen Versuch geklemmt – es ist einfach zu heiß und zu bergig. Aber 20 Minuten von einem Parkplatz zu einem Gipfel laufen, in der kühleren Luft des frühen Abends vor dem Sonnenuntergang, das schien uns machbar. Es winkte nicht nur die spektakuläre Aussicht vom höchsten Berg der südlichen Toskana, sondern auch ein Cocktail in einer der beiden Gipfel-Bars.
Schon die Anfahrt zum Monte Amiata, der genau auf der Gebietsgrenze zwischen den Bezirken Grosseto und Siena (und damit gerade noch so in der Maremma) liegt, war eine echte Überraschung. Bergwälder aus knorrigen, mit Flechten behangenen Eichen und riesige Findlinge erinnerten uns abwechselnd an Slowenien, Schweden, Japan (!) und Neuseeland (!!). Beim Aussteigen empfing uns eisige Kälte: Klar, auf 1.738 m ist es deutlich frischer als unten im Tal.
Fröstelnd stapften wir in Flipflops und T-Shirts auf der Skipiste zum Gipfelkreuz hinauf – die beeindruckende Metallkonstruktion in Eiffelturm-Optik steht für die Siena-Seite. Ebenfalls auf dieser Seite befand sich auch eine Aussichtsplattform mit einem wirklich hinreißenden Blick, der bis zum Lago di Trasimeno in Umbrien und dahinter den Abbruzzen reicht.
Noch schöner fanden wir aber die “Rückseite” des Berggipfels, auf der Grosseto-Seite. Der Pfad führte nämlich noch 100 m weiter zur “Madonna degli Scouts”, einer Madonnenstatue der katholischen Pfadfinder. Diese blickt von einer Felsengruppe nach Westen, wobei der Ausblick allerdings durch Bäume eingeschränkt wird. Der Weg dorthin war zwar kurz, aber enorm hübsch und verwunschen.
(Fotos haben wir dort oben jede Menge gemacht, aber fast nur mit meinem Smartphone. Das fiel dann am letzten Urlaubstag in den Pool und… tja. Deshalb greife ich hier ersatzweise auf Insta-Story-Screenshots zurück, wenn ich keine anderen Bilder mehr habe…)
Grandioses Ende unserer Kurzwanderung auf den Monte Amiata: ein Sonnenuntergang aus dem (stillstehenden) Sessellift. Hachz!
Muss ich noch erwähnen, dass wir keinen Menschen da oben getroffen haben? Alle Bars und Restaurants hatten geschlossen, warum auch immer.
Riserva Naturale Alto Merse bei Siena
Zugegeben: Ein richtiger Geheimtipp ist der Naturpark am Fluss Merse nicht, der etwa 15 km südlich von Siena liegt. Dafür haben wir dort eindeutig zu viele Menschen getroffen, auch wenn die meisten Italiener waren. Trotzdem hat uns die Schönheit dieses Flüsschens, in dem es sich deutlich angenehmer baden ließ als im Meer, total verzaubert. Nach einem langen, heißen Tag in Siena mussten wir die Kinder nicht lange überreden, ins Wasser zu springen – und zwar buchstäblich, denn hier kann man wahlweise in ruhig fließendem Wasser baden oder von großen Findlingen in Gumpen springen.
Oder sich einen Weg am Fluss entlang suchen, der vom breiten Schotterpfad zum schmalen Trampelpfad wird, und dabei seltene Wildkatzen, Würfelnattern oder Schlangenbussarde sehen. Das Naturschutzgebiet wird seit einigen Jahren nicht mehr gehegt oder aufgeräumt, deshalb kann es durchaus sein, dass ihr über Baumstämme steigen oder durch angestaute Flussarme waten müsst.
Wenn ihr das Merse-Tal durchwandern oder dort baden gehen wollt, müsst ihr nach Brenna fahren und den Parkplatz unterhalb des Ortes finden (“Fiume Merse” ist ausgeschildert). Der Weg führt, wenn ihr nicht gleich baden geht, an der Ruine einer Mühle vorbei zu einer alten Burg, dem Castiglion Balzetti. Blicke über das Merse-Tal soll es auch geben!
Noch mehr Tipps für Toskana und Maremma
Die Maremma ist der eher weniger besuchte Teil der Toskana – sie steht halt immer im Schatten von Florenz und Pisa. Dabei gibt es hier echt alles zu entdecken: von naturbelassenen Sandstränden ohne Strandliegen und Schirme, kleinen Inseln mit schroffen Felsküsten und verwunschenen Thermalquellen über Berge mit Skigebieten bis hin zu archäologischen Ausgrabungsstätten und verfallenen Burgruinen aus dem Mittelalter.
Weitere Orte in der Maremma, die ihr besuchen könnt, sind zum Beispiel:
- Grosseto, die “Hauptstadt” der Maremma mit einer komplett erhaltenen Stadtmauer
- der Parco Naturale di Maremma, ein wilder, naturbelassener Küstenabschnitt (Achtung, kostet Eintritt und ist zugangsbeschränkt!)
- die Insel Giglio
- die Halbinsel Monte Argentario mit der Lagunenstadt Orbetello
- die Etrusker-Nekropole von Cerveteri
- der Giardino dei Tarocchi von Niki de Saint-Phalle bei Capalbio
Auf dem Blog MaremmaGeheimtipp.com findet ihr viel Inspiration!
Noch mehr wunderschöne Toskana-Tipps haben wir in diesem Beitrag empfohlen (bekommen). Habt ihr auch überraschende Entdeckungen in der südlichen Toskana und Maremma gemacht, die ihr uns verraten wollt?
- Neuseeland mit Kind Karte: mehr als 450 Tipps für Familien auf Google Maps! - 25. Oktober 2024
- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
- Zürich mit Kindern: Geht das auch günstig? - 12. September 2024
[…] Übrigens: Wenn du noch Ziele in der Toskana suchst, die wenig überlaufen, aber trotzdem reizvoll sind, schau dich mal in der Maremma um. Diese südliche Region der Toskana ist noch wenig besucht. Ein paar Anregungen dazu findest du bei Weltwunderer. […]
[…] Maremma – auf weltwunderer […]
Toll! Wunderbar, die Toskana, den Monte Amiata haben wir letztes Jahr schon vorgehabt aber leider nicht geschafft. Danke für die Eindrücke! Grüße, Kristina
Der Fluss Merse und der Monte klingen fantastisch. Baden im Fluss steht bei meinem Sohn ganz hoch im Kurs! Mich zieht es ja immer deshalb nicht so sehr in die Toskana, weil ich mir zwar gern mal ein Städtchen (oder auch eine Stadt) ansehe, aber nicht nur. Gut zu wissen, dass da auch lohnenswerte Ausflüge in die Natur möglich sind. Ich dachte immer, außer in Weinbergen spazieren gehen, ist da nicht viel…
Liebe Grüße
Gela
Mich hat das ehrlich gesagt auch überrascht! Auf dem Plan stand Natur für uns gar nicht beim Packen. Ich bummele ja total gern durch Städtchen und hatte mir auch fest vorgenommen, diesen Urlaub endlich mal als solchen zu nutzen und einfach am Pool zu entspannen. Hat dann wegen der vielen Ausflüge mal wieder nicht so ganz geklappt ;-)