Der Abel Tasman Coastal Track ist einer der beliebtesten Great Walks in Neuseeland. Man kann ihn auch in einzelnen Etappen laufen, und natürlich auch mit Kindern. Ob es aber ratsam ist, das in Flipflops und Badesachen zu tun? Conny erzählt uns von ihrem Besuch in der Awaroa Bay, der zum unfreiwilligen Wander-Erlebnis wurde.
Es war ein wunderschöner Morgen in der Totaranui Bay. Wir schlossen unseren Campervan ab und begaben uns zum Strand, wo wir voller Vorfreude darauf warteten, von einem Boot nach Awaroa abgeholt zu werden. Tage zuvor hatten wir bereits mit einem Lodge-Besitzer in Awaroa vereinbart, dass wir ihn besuchen würden.
Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, worauf wir uns eingelassen hatten. Nach einer „kurzen“ Wartezeit und mehreren „Ah, ist er das?“ – „Nope“-Momenten sahen wir am Horizont ein kleines Fischerboot auf uns zurasen. Die ersten Momente unserer Begegnung gaben uns schon einen Eindruck davon, was uns erwarten würde.
Das Boot kam bis auf 15 Meter an den Strand gefahren, hielt abrupt, und ohne Zeit mit Begrüßungen zu verlieren, wurden uns von Bord aus Befehle entgegengerufen. Innerhalb von Sekunden mussten wir unsere beiden Kinder (1,5 und 4 Jahre alt) und die Badetaschen durch das knietiefe Wasser befördern und auf das Boot verfrachten. Meine Größe von 1,60 m machte es mir nicht unbedingt leicht, unter solchen Bedingungen einen eleganten Einstieg zu absolvieren.
Als wir die Bucht von Totaranui verließen, wehte uns eine leichte Brise entgegen, die Wellen brachten das Boot zum Schaukeln, die Sonne schien und der Ausblick war atemberaubend. „Genau, was wir erwartet haben“, dachte ich mir noch, als ich die Aussicht auf mich wirken ließ. Jana durfte auch gleich ran ans Steuer und war mächtig stolz, das Lenkrad bedienen zu dürfen. Mona schlief schon nach fünf Minuten Bootsfahrt ein und ich genoss noch immer den Moment.
Plötzlich durchbrach ein lautes Piepsen, gefolgt von Rufen des Skippers, die Ruhe. Chris solle sich sofort eine der Angeln schnappen, hieß es. Etwas überrumpelt griff er nach einer Rute und versuchte, das Angelwissen aus seiner Schulzeit aus den staubigen Ecken seines Hirns hervorzukramen. Ohne sich das anmerken zu lassen, warf er cool den Köder aus. Nach einem kurzen „Puh, geschafft“-Durchatmen hatte er nach ungefähr zehn Sekunden schon den ersten Fisch an der Angel.
Ich kann mich noch gut an das breite Lächeln von Chris erinnern, als er seinen ersten Neuseelandfisch aus dem Wasser kurbelte (ein schöner Anblick). Insgesamt fingen sie sechs Fische, die dann auch direkt auf dem Boot filetiert wurden (kein schöner Anblick).
Ein Tag in der Awaroa Bay
Wir schipperten weiter und legten bald in der Awaroa-Bucht an. Der Lodge-Besitzer hatte einen netten, jungen Wwoofer dabei, der Mona und mich mit dem Paddelboot ans Ufer brachte. Wie cool ist das denn? Am Strand liefen Jana und Mona gleich fröhlich auf und ab, fanden Muscheln, Stöcke und waren ganz euphorisch nach solch einer Anreise.
Abenteuerlich ging es weiter: Mit Quads wurden wir zum Anwesen gebracht. Keiner von uns war je mit so einem Gefährt gefahren, die Kinder waren hellauf begeistert. Es ging durch Matsch und Sand und wir preschten noch ein gutes Stück unter Bäumen hindurch, bis wir an einer riesengroßen Wiese abstiegen. Wald, soweit das Auge blickte, mit kleinen Wiesenflecken dazwischen, die das Grundstück erahnen ließen. Wie sich später herausstellte, war eine dieser Wiesen die Landebahn für das Privatflugzeug des Lodge-Besitzers.
Als wir ankamen, waren wir erst einmal total baff. Überall junge Menschen, die gut gelaunt diverse Arbeiten auf dem Grundstück verrichteten. Hortensienbüsche wurden zurechtgeschnitten, Unmengen an Holz wurden verarbeitet und der riesige Gemüsegarten wurde ebenso bearbeitet. An jeder Ecke rief uns jemand ein fröhliches Hallo zu und es dauerte nicht lange, bis wir ins Gespräch kamen.
Beim gemeinsamen Lunch auf der Veranda unterhielten wir uns prächtig mit dem Lodge-Besitzer und den Arbeitenden. Das Grundstück und ein kleines Häuschen sollten quasi aufgehübscht werden, um später als Zweitwohnsitz für den Lodge-Besitzer und seine Frau zu dienen. Ich könnte mir Schlimmeres vorstellen, als so ein Anwesen im Abel Tasman National Park zu besitzen!
Wir durften den gesamten Nachmittag auf dem Grundstück verbringen und nutzten diese Zeit voll aus, um alle Ecken zu erkunden. Zuerst folgten wir einem kurzen, steilen Aufstieg in den Wald gleich neben dem Häuschen. Oben fanden wir uns von der atemberaubenden Aussicht auf die gesamte Awaroa-Bucht überwältigt.
Beim Abstieg entdeckten wir eine Höhle in einem uralten, riesigen Baum. Nach genauer Inspektion tat sich in der Dunkelheit der Höhle ein Glühwürmchen-Spektakel auf, wie für uns inszeniert. Weiter unten fanden wir eine große Wiese mit vier Schafen, die dort genüsslich ihren Tag verbrachten. Definitiv ein Tag voller Highlights für uns alle.
Die Stille wurde nur von einem plötzlich aufgetauchten Kleinflugzeug gestört, das zwei Versuche brauchte, um bei der Lodge zu landen. Langsam wurde uns klar, in welchen „Kreisen“ wir uns hier bewegten.
Rückweg nach Totaranui – mit Hindernissen
Am späten Nachmittag wollten wir uns schließlich auf den Weg zurück zu unserem Wohnmobil nach Totaranui machen. Wir ahnten nicht, dass der Heimweg noch viel actionreicher werden würde als der bisherige Tag.
Wir erfuhren, dass eine Rückfahrt mit dem Boot wegen der Ebbe nicht mehr möglich sei. Man würde uns per Quadbike zu einem Inlet der Bucht bringen, von dort sollten wir den Rest des Weges nach Totaranui laufen. Also verabschiedeten wir uns, bedankten uns für den schönen Tag und machten uns mit drei jungen Frauen auf den Weg. Die Fahrt war äußerst holprig und unbequem, da wir nicht direkt auf dem Quadbike saßen, sondern in einem Anhänger.
Beim Aussteigen fragten wir, in welche Richtung wir nun gehen sollten. Aber die Mädels wussten das nicht. Sie machten sich wieder auf den Weg zurück – und wir standen ahnungslos im Inlet. In Sommerkleidung, mit Flipflops und Badetasche, mussten wir auf gut Glück den Rückweg suchen.
Es war inzwischen nach 17 Uhr, die Kinder wurden müde – optimale Voraussetzungen für eine Etappe auf dem Abel Tasman Coastal Track!?
In Flipflops auf dem Abel Tasman Track
Durch die drohende Flut und die Tatsache, dass wir keine Ahnung hatten, wo wir uns befanden, machte sich langsam Panik in mir breit. Dazu kam, dass wir nichts zu trinken oder zu essen dabeihatten und keine Ahnung, wie weit wir von unserem Wohnmobil entfernt waren.
Leicht verwirrt machten wir uns auf den von uns für richtig befundenen Weg zurück. Mitten im Inlet trafen wir andere Wanderer, die uns vehement davon abrieten, an der Küste weiterzugehen. Wir würden sonst definitiv von der Flut erwischt werden. Leider wussten sie jedoch auch nicht, wo wir tatsächlich hinmussten.
Unsere Jüngste wurde den ganzen Weg vom Papa getragen, die Badetasche hatte er sich auf den Rücken geklemmt wie einen Rucksack. Der Boden des Inlet wurde immer feuchter und wir sahen zu, wie sich das Wasser langsam näherte. Wir waren extrem erleichtert, als wir nach einer halben Stunde endlich den Einstieg in den Wald erreichten!
In Flipflops, ohne Wasser und Proviant (denn wir hatten ja gedacht, wir würden wieder zurückgebracht!), schlugen wir uns in den Wald und beschlossen, das Ganze mit Humor zu nehmen. Wir motivierten unsere Vierjährige, ohne Pause weiterzugehen und fanden die ganze Situation mit länger werdender Wanderung immer absurder.
Auf dem gesamten Rückweg begegnete uns nur ein einziger Mensch. Der bestätigte uns immerhin, dass wir in die richtige Richtung gingen. Handyempfang gab es natürlich keinen, eine Landkarte hatten wir auch nicht dabei. Zum Glück gibt es in Neuseeland wenigstens keine gefährlichen Tiere!
Mein Mann begann bereits zu überlegen, wie er à la Bear Grylls Meerwasser zu Trinkwasser machen könnte. Allein der Gedanke an meinen handwerklich etwas ungeschickten Mann beim Bush-Survival in Neuseeland bringt mich jetzt noch zum Lachen.
Durstig, hungrig und erschöpft wanderten wir den eigentlich wunderschönen Track entlang, der uns auch durch eine versteckte Bucht führte. Hätten wir das Ganze geplant, richtige Kleidung und Wasser mitgehabt, wäre es sicher eine super Erfahrung gewesen!
Nach knapp drei Stunden, in den wir buchstäblich über Stock und Stein liefen und gefühlte 100 Höhenmeter bewältigten – mehrmals rauf und runter –, kamen wir erstaunlich gut gelaunt beim Wohnmobil an. Die Kinder schliefen innerhalb von Minuten ein. Auch wir Eltern waren froh, es uns in unserem Bett gemütlich zu machen.
Dieser Ausflug wird uns immer in Erinnerung bleiben. Auch wenn er beinahe ganz schön schiefgegangen wäre, ging ja alles gut. Außerdem hatten wir die so die unverhoffte Gelegenheit, ein Stück des Abel Tasman Coastal Track zu wandern.
Solche Erlebnisse sind es doch, die das Reiseleben erst richtig interessant machen! Wir freuen uns schon sehr, dem österreichischen Winter zu entfliehen und ab Dezember unsere zweite Neuseeland-Reise anzutreten. Diesmal fliegen wir mit einem Familienmitglied mehr. Aber wenn ich es mir aussuchen kann, muss es diesmal nicht ganz so abenteuerlich sein!
Vielen Dank an Conny für diese wahnwitzige Neuseeland-Story!
Wenn ihr sie und ihre Familie besser kennenlernen und auf ihrer nächsten Neuseeland-Reise mit Kindern begleiten wollt, dann folgt ihnen am besten auf Facebook und/oder Instagram!
(Und wo liegt nun diese verrückte Lodge? Conny möchte den Kontakt lieber nicht öffentlich machen. Vielleicht erkennt ihr sie ja wieder, wenn ihr in der Awaroa Bay vorbeischaut – was auf jeden Fall empfehlenswert ist, ob mit dem Aquataxi oder zu Fuß auf dem Abel Tasman Coastal Walk!)
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Oha, das ist ja wirklich eine wahnwitzige Story! Eigentlich eine Riesen-Frechheit von dem Lodge-Besitzer. Aber es stimmt ja auch: Solche Erlebnisse bleiben absolut unvergesslich.
Liebe Grüße
Gela
Ja anfangs waren wir eh voll sauer aber es hätte nix geholfen.außer schlechte stimmung und das wars uns dann nicht wert