! Aktualisiert am 4. Juni 2024
Mit einem doppelten Bäng beginnt der Malerweg, der sich über 112 Kilometer in acht Etappen durch den Nationalpark Sächsische Schweiz zieht. Wir stellen euch die 1. Etappe des Malerwegs von Pirna nach Wehlen vor, die auch mit Kindern leicht zu schaffen ist – und musikalisch begleitet wird von Wagners “Lohengrin”.
Der Malerweg im Elbsandsteingebirge ist weithin bekannt für seine Schönheit. Die haben nicht erst Instagram-Sternchen entdeckt. Maler wie Caspar David Friedrich oder Ludwig Richter waren es, die mit ihren Bildern die Schönheit des Elbsandsteins in Öl verewigten, Carl Maria von Weber und Richard Wagner ließen sich hier zu Opern inspirieren – aber wir wollen noch nicht zu viel verraten.
Auf dem Malerweg durch die Sächsische Schweiz: die 1. Etappe
Man muss den Malerweg durch die Sächsische Schweiz nicht am Stück wandern – das dauert ja mindestens acht Tage und setzt einiges an Planung sowie durchgängig gutes Wetter voraus. Viele Teilstücke kann man zum Glück auch einzeln laufen, die meisten sind mit S-Bahn und/oder Überlandbus gut zu erreichen. Uns begegnet das Malerweg-Zeichen auf fast jeder Wanderung in der Sächsischen Schweiz.
Die 1. Etappe des Malerwegs von Pirna-Liebethal nach Stadt Wehlen kann man aber sowieso ganz bequem an einem Stück wandern, auch mit Kindern – sie ist nur knapp 13 km lang und wenig herausfordernd.
Malerweg, die erste: durch den Liebethaler Grund zu Wagner
Der Malerweg durch die Sächsische Schweiz beginnt im Pirnaer Ortsteil Liebethal, wo von Sandsteinfelsen noch nichts zu ahnen ist. Das ändert sich schnell, folgt man dem Flüsschen Wesenitz zur Lochmühle. Auf wenigen hundert Metern gräbt sich der Bach immer tiefer in den Boden und die Felswände links und rechts ragen immer höher auf.
Schon bald ist von den lieblichen goldenen Kornfeldern des Pirnaer Umlands nichts mehr zu sehen; sattgrün und mystisch-dunkel schieben sich die von umgestürzten Bäumen und wucherndem Farn übersäten Felswände an den schmaler werdenden Pfad heran. Der wiederum schmiegt sich immer enger an die brausende Wesenitz heran – wie von Riesenhand hingeworfene Felsbrocken laden zum Kraxeln abseits des Weges ein.
Hans Christian Andersen (ihr kennt doch die “Kleine Meerjungfrau”?) war immens beeindruckt:
„Je länger wir gingen, desto enger wurde das Thal, die Felswände rückten näher zusammen, und wir konnten nur noch hintereinander auf dem schmalen Steg gehen. (…) Nur vereinzelte Sonnenstrahlen fielen zwischen die Felsen. (…) Wir kehrten wieder um und suchten uns an der Mühle einen Führer, nun wollten wir von oben in den stillen, romantischen Liebethaler Grund gehen, den wir alle in seinem tiefsten Heiligtum kennengelernt hatten.“
Und dann, ein Donnerschlag: Nach Passieren des ehemaligen Elektrizitätswerks von Pirna-Copitz – ein schöner Ort für Lost-Places-Fotos – ragt am Wegrand ein wahrhaft monströses Monument auf. Das (samt Sockel) mehr als 12 Meter hohe Wagner-Denkmal aus schwarz lackierter Bronze, pompös wie die Opern des Maestro, steht seit 1933 im Liebethaler Grund (das eklige Datum hat System, die Nazis fanden Wagner ziemlich cool).
Seit 2013 hat der Bronze-Wagner eine angemessene akustische Ehrung: Mit einem Knopfdruck erwacht der solarbetriebene Lautsprecher zum Leben und donnert die Eingangsmusik des „Lohengrin“ durch das Felsental, das Rauschen des Flusses glatt übertönend. Diese Oper soll Wagner eben hier im lauschigen Grund komponiert oder zumindest erdacht haben – inspiriert im Jahr 1846, als er im nahen Graupa den Sommer verbrachte und mit seinem Hund Peps ausgedehnte Wanderungen unternahm.
Einen Malerweg oder all die anderen Routen durch die Sächsische Schweiz gab es damals noch nicht. Das Wandern auf den schmalen Pfaden zwischen Wald und Felsen war deutlich abenteuerlicher als heute, wo an jeder Ecke ein dunkelgrüner Wegweiser beruhigende Entfernungsangaben macht.
Dafür konnte Wagner noch zünftig einkehren auf seinen Wanderungen; die Lochmühle, die seit dem 16. Jahrhundert am Eingang des Liebethaler Grundes stand, war zu seiner Zeit ein beliebtes Ausflugslokal. Bis die Elbtalbahn gebaut war, mussten alle Touristen, die ins Elbsandsteingebirge wollten, hier entlanglaufen oder -fahren.
Nachdem der letzte Müller tragisch in seinem eigenen Mühlrad ertrunken war, wurde in der Lochmühle nur noch Bier ausgeschenkt, und auch damit war 1990 Schluss. Ein gewagt-gruseliges Hotelprojekt mit dem Namen „Walhalla“ will die Mühle bald in ein Luxushotel mit Panoramaaufzug verwandeln – wer da wohl residieren wird?
Die bombastischen Klänge des „Lohengrin“ noch im Ohr, läuft man versunkenen Blickes vorbei an den verfallenen Überresten der Lochmühle und der Daube-Mühle. Bald führt der Weg wieder hinab in die tiefe Lohmener Klamm, bis er nach etwa 4 Kilometern an der Friedenslinde von Lohmen den offiziellen Beginn der Sächsischen Schweiz erreicht.
Von Lohmen durch den Uttewalder Grund: Felsentor und Teufelsgrund
Keine Sorge, das war’s noch nicht! Die erste Etappe des Malerwegs endet erst nach 12 Kilometern, und zwar zünftig mit einem erneuten Bäng. Das letzte Wegstück hat es noch einmal in sich, was romantische Eindrücke angeht. Die wandernden Künstler des 19. Jahrhunderters waren hier nachhaltig beeindruckt.
Von Uttewalde aus steigt man erneut in ein tief eingeschnittenes Felsental hinab, den Uttewalder Grund. Hier muss man sich zunächst tief bücken, um das Felsentor zu passieren – drei riesige Felsbrocken sind in eine superschmale Klamm gestürzt und haben sich knapp einen Meter über dem Boden verkantet, so dass sie nun einen Durchgang bilden. Den einzigen, der von dieser Seite in den Uttewalder Grund führt. Puh!
Das gruselige Felsentor ist der Appetitmacher für die restliche kurze Etappe, die durchgehend von bedrohlichen, moosbewachsenen Felsbrocken überragt wird. Das ist nichts für Klaustrophobiker, aber ideal für heiße Sommertage.
Interessanterweise fließt am Grund dieses Grundes kein Bach, oder nur ein winziges Rinnsal – dabei ist es hier so feucht wie im Urwald. Extra-Mystik geben die gestapelten Steinmännchen, die an einer Stelle so zahlreich sind, dass man sich an den Hexenwald von Blair erinnert fühlt (na, wer kennt den Gruselschocker noch?).
Unbedingt empfehlenswert, vor allem mit Kindern, ist der kurze Abstecher vom Uttewalder Grund zum Teufelsgrund und zur Heringshöhle, der kurz vor Erreichen des Städtchens Wehlen rechts vom Weg abzweigt. Klettern und kraxeln über Steine und durch enge Felsspalten und Höhlen, springen über Baumstämme und staunen über ungewöhnliche Felsformationen – das ist die Essenz der Sächsischen Schweiz, die inzwischen nicht mehr nur Dichter und Maler, sondern zehntausende Besucher aus aller Welt in ihren Bann zieht.
Wer jetzt Appetit bekommen hat, dem bieten die sieben weiteren Etappen des Malerwegs durch die Sächsische Schweiz reichlich Gelegenheit, seine Kondition zu testen. Vorsicht: Sie sind allesamt länger und teilweise deutlich anspruchsvoller als dieser erste „Teaser“!
-> Anja ist fünf Etappen des Malerwegs gelaufen und berichtet sehr ehrlich darüber ;-)
Alternative: 2 Rundwanderungen durch den Uttewalder Grund
Wer keinen Bock auf selten fahrende S-Bahnen und Busse hat und auf Wagner verzichten mag, der kann den schönsten Teil der ersten Malerweg-Etappe auch als Rundwanderung laufen. Start und Ziel liegen dann in Wehlen – einem süßen Dorf mit hübsch restauriertem Marktplatz, Kirchlein und einer beeindruckenden Burgruine, die man kostenfrei besteigen kann, um eine tolle Aussicht auf das obere Elbtal zu genießen.
Der Weg führt von Wehlen an der Burgruine vorbei steil bergauf in den Uttewalder Grund und gelangt bald zum Abzweig mit dem Teufelsgrund. Seid ihr mit kraxelfreudigen Kindern und einer Taschenlampe ausgestattet, ist Abbiegen hier Pflicht – eure Kinder werden es euch danken. Die Heringshöhle ist zwar nur acht Meter lang, aber stockfinster und nur kletternd zu bewältigen. Wer das nicht mag, kann auch vorbeilaufen.
Barrierefrei ist dieser kleine Rundweg-Abstecher definitiv nicht!!
Weiter geht es durch den mystischen Uttewalder Grund, bis man nach etwa 4 km das Felsentor hinter dem Gasthaus “Waldidylle” erreicht und hindurchkriecht. Dabei kommt man an den schon erwähnten Steinmännlein vorbei.
Jetzt drehen wir um – aber nicht auf demselben Weg, wie es manchen Wanderführer für die Sächsische Schweiz vorschlagen, das wäre ja langweilig. Je nach Kondition kann man rechts abbiegen und eine Schleife durch den Zscherregrund gehen, wo man durch ein weiteres, diesmal beeindruckend hohes, Felsentor läuft und einen geologisch spannenden “Strudeltopf” am Wegrand findet. (Wir sind nicht sicher, ob wir exakt den Weg von der Karte gelaufen sind – einige Male war der Pfad durch den Wald so schmal, dass wir dachten, wir wären vom Weg abgekommen.)
Auf dem Wettinweg kommt man dann an der Wegkreuzung kurz nach dem Abzweig zur Teufelskammer wieder auf den Hauptweg in den Uttewalder Grund nach Wehlen zurück.
Wer länger laufen und noch etwas mehr von der Sächsischen Schweiz sehen will, der läuft quer durch den Wald zu den Schwedenlöchern hinüber und legt – wenn man schon mal da ist – noch einen Abstecher zur Basteibrücke ein. Insgesamt ist diese Runde auch nur 12 km lang, also mit Kindern an einem Tag gut zu schaffen.
Die vielen Kletter- und Kraxeleinheiten machen die Tour auf dem wichtigen ersten (gute Laune aufbauen) und letzten (nicht schlappmachen) Abschnitt so spannend, dass der etwas zähe Mittelteil schnell wieder vergessen ist.
Übrigens: Wie ihr seht, kann man diese Runde auch durchaus von Rathen starten (falls ihr dort untergebracht seid).
Achtung: Für beide Alternativen müsst ihr nach dem Aussteigen aus der S-Bahn zuerst noch mit der Fähre über die Elbe fahren. Für Autofahrer bietet es sich an, einen Parkplatz auf der “richtigen” Elbseite zu wählen.
Infos zur 1. Etappe des Malerwegs
Länge: Die erste Etappe des Malerwegs ist 11,6 km lang und überwindet 297 Höhenmeter, ist also nicht sonderlich anspruchsvoll. Es gibt aber zahlreiche schmale, zeitweise schlammige Wegstücke im Uttewalder Grund.
Einkehrmöglichkeit: „Gasthaus Waldidylle“ im Uttewalder Grund, geöffnet Mi-So 10-17 Uhr, an Wochenenden bis 18 Uhr; mehrere Restaurants und Cafés auf dem Marktplatz in Wehlen
Unterkunft: Das Jugendgästehaus Pirna liegt direkt am Anfang des Malerwegs in Pirna-Liebethal. In Wehlen gibt es zahlreiche kleine Hotels, Ferienwohnungen und Pensionen.
ÖPNV: Empfehlenswert ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, um die Etappe nicht doppelt gehen zu müssen. S-Bahn Linie S1 aus Dresden bis Pirna, von dort zum Busbahnhof laufen und 20 Minuten mit dem Bus G/L bis Haltestelle „Liebethaler Grund“ fahren (an Wochenenden fährt der Bus allerdings nur bis „Gasthaus Jessen“). Von dort sind es ca. 300 Meter zum Start des Malerwegs.
Das Ende der Etappe in Wehlen bedient die S-Bahn S1, die auf der anderen Elbseite zurück nach Dresden oder weiter nach Rathen und Bad Schandau bis zur tschechischen Grenze fährt. Das Fährticket gilt gleichfalls für die S-Bahn.
-> Hier haben wir noch mehr Tipps für Wanderungen durch die Sächsische Schweiz mit Kindern
Buchtipps für den Malerweg und den Uttewalder Grund:
- Thorsten Hoyer (Autor)
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Also wir kommen da bestimmt noch mal hin. Unsere beiden Wanderungen im Sommer haben wirklich Lust gemacht auf mehr, eine davon war ja auch von Dir inspiriert!
Aber nächstes Mal wandern wir zusammen! ;-)
Ach, das weckt Kindheitserinnerungen! Da waren wir oft, aber jetzt, obwohl wir ja nicht so weit weg wohnen, sind wir eher selten in der Sächsischen Schweiz. Wandern ist jetzt leider auch kein Lieblingshobby in der Familie, sollten wir uns doch mal aufraffen , dann klingt die Etappe auf jeden Fall interessant.
Liebe Grüsse von da wo in Deutschland zuerst die Sonne aufgeht
Ina
Sag bloß, du kommst aus der Gegend hier!?
Wanderfaule Kinder hab ich ja leider auch, aber die Sächsische Schweiz funktioniert hier oft erstaunlich gut – weil man eben so viel klettern und kraxeln muss, dass das fast gar nicht wie wandern ist ;-)
Liebe Grüße zurück nach Osten!
Jenny
Nein, ich komme nicht ganz aus der Gegend, bin ein Brandenburger Kind, welches mit 10 Jahren nach Karl-Marx-Stadt gezogen ist ;-) Aber die Urlaube verbrachten meine Eltern mit uns, eigentlich immer in den Bergen, also hieß es dann immer Sächsische Schweiz oder Erzgebirge, manchmal noch in den Harz oder Thüringer Wald, aber die Gebirge in Sachsen waren die Favoriten, weiss gar nicht genau, warum. Auch das Kraxeln bringt den Kindern nicht mehr Wanderfreude, geholfen hat da etwas der Hund und das neueste Hobby von Nr. 3, das Fotografieren, also es besteht noch Hoffnung ;-)
LG Ina
Haha, ja, wenn wir einen Hund mitnehmen würden, dann würde das bestimmt motivieren! Oder besser noch, ein Pony :-P Aber wohin mit dem Vieh an den anderen Wochentagen??
So inspirierend, ich hoffe die nordicfamily schafft es in den Herbstferien Euch nachzuahmen :) Danke für den Bericht!!!
Geertje