Wer kennt sie nicht, die Fotos von blau-rosa-violett leuchtenden Lupinen vor dem Blau des Lake Tekapo und den schneebedeckten Southern Alps dahinter? Wir sagen euch, wann und wo ihr Lupinen in Neuseeland sehen könnt – noch! Denn Lupinen sind eine Bedrohung für Neuseelands Natur, und 2020 scheinen sie mysteriös verschwunden zu sein…
Inhalt
Es soll Menschen geben, die ans andere Ende der Welt reisen, nur aus dem Grund, weil sie die wunderschön blau-violett-rosafarbenen Lupinenfelder auf Neuseelands Südinsel sehen wollen. Und fotografieren, natürlich. Mit sich selbst in der Mitte. Am besten in einem Hochzeitskleid.
Die neuseeländische Umweltschutzorganisation Forest and Bird hat für solche romantischen Lupinen-Fotos, die meistens am Lake Tekapo entstehen, nur bitteren Spott übrig: “Sure – get an insta-shot in your wedding dress on a horse among a swath of invasive weeds that are choking our rivers, and over-running native-bird nesting sites, pushing our local species ever closer to extinction. Whatever says ‘Romance’ to you…“
(Übersetzt: “Na klar – macht ein Instagram-Foto im Hochzeitskleid auf einem Pferd in einem Fleck aus invasivem Unkraut, das unsere Flüsse überwuchert, und zertretet dabei die Nester einheimischer Vögel, womit ihr unsere endemischen Tierarten weiter an den Rand der Ausrottung bringt. Was immer für euch ,Romantik’ bedeutet…”)
Tatsächlich sind Lupinen in Neuseeland ähnlich heiß umstritten wie das Schädlingsgift 1080. Die einen lieben Lupinen als ideale Futterpflanze für Schafe, die anderen sehen darin den Todesstoß für das empfindliche Ökosystem des Mackenzie Country. Die einen würden Lupinen am liebsten direkt allesamt vergiften und abbrennen, die anderen freuen sich über das kostenlose Tourismus-Marketing durch zahllose Instagram-Fotos vom Lake Tekapo mit “den schönen lila Blumen”.
Was hat es nun mit den Lupinen in Neuseeland auf sich – und noch wichtiger: Wie und wo und wann könnt ihr auch so ein tolles Lupinen-Foto machen? Das ist gar nicht so einfach, denn die weltberühmten Lupinen am Lake Tekapo scheinen auf mysteriöse Weise verschwunden zu sein…
Lupinen in Neuseeland: Wo kommen die her?
Was viele nicht wissen: Lupinen wachsen zwar allerorten in Neuseeland, vor allem auf der Südinsel. Sie gehören aber nicht hierher. Lupinen – speziell die Zuchtform der Russell-Lupine – wurden in der Mitte des 20. Jahrhunderts aus Großbritannien nach Neuseeland eingeführt. Auch Europa war aber nur eine Zwischenstation für die Lupine, die zuvor aus Nordamerika zu uns gekommen war.
Neuseeländische Farmer (bzw. ihre Frauen) säten die Lupinen einfach so am Wegrand aus, weil sie so schön blühten. Aber auch als energiereiche Futterpflanze für Schafe ist die Lupine nützlich, im kargen Hochland wächst ja ansonsten nicht viel.
Obwohl sie zweifellos schön aussehen, gelten Lupinen in Neuseeland als invasive Spezies, das heißt: Sie fühlen sich in ihrer neuen Heimat so wohl, dass sie sich ungehindert ausbreiten und damit anderen Arten den Lebensraum streitig machen. Das DOC gibt seit 25 Jahren um die 150.000 NZ$ jährlich für die Lupinen-Bekämpfung aus, aber der Kampf scheint aussichtslos.
Die Merinoschaf-Farmer setzen sich dagegen für die Erhaltung der Lupinen ein, da sie als ideale Futterpflanzen gelten: Sie sind tiefwurzelnd und langlebig, überstehen jeden Frost, brauchen keinen Dünger, verbessern die Bodenqualität und bieten bessere Wachstumsbedingungen für Weidegras.
Ohne Lupinen, sagen die Farmer, würden die Böden im Hochland der Südinsel entweder schnell veröden und erodieren; oder vollkommen von Ginster und Pinien überwuchert werden – zwei Pflanzen, die ebenfalls eingeführt wurden und sich verselbstständigt haben. Wenigstens auf ihrem Land wollen sie Lupinen aussäen dürfen. Und das tun sie auch, überall auf der Südinsel.
Umweltschützer sehen das anders: Für sie sind die schön blühenden und nahrhaften Futterpflanzen eine ökologische Zeitbombe. Lupinen verbreiten sich sehr schnell, vor allem entlang der Flüsse. Bei Fluten und Hochwasser gelangen Lupinen-Samen von privatem Farmland überallhin; auch im Fell von Schafen werden ihre Samen breitgetragen.
Das ist ein ernstes Problem, nicht nur für die Optik: Lupinen wachsen sehr hoch und nehmen damit seltenen Vogelarten wie dem Schwarzen Stelzenläufer und dem extrem bedrohten Doppelbandregenpfeifer die Möglichkeit zu nisten. An den bewachsenen Flussufern fließt das Wasser langsamer, mehr Sedimente sammeln sich an, noch mehr Unkraut kann wachsen. Auf diese Weise werden die klaren, schnell fließenden Bergflüsse der Südinsel regelrecht verstopft.
Lupinen breiten sich trotz intensiver Bekämpfung immer weiter über die Südinsel aus. Das bekannte Bild der kargen Landschaften des Mackenzie Country könnte bald ganz anders aussehen: Lupinen, so weit das Auge reicht. Ob das dann immer noch so schön wirkt…?
Wo kann man Lupinen in Neuseeland sehen – und wann?
Offenlegung: Obwohl wir bisher dreimal in Neuseeland waren, haben wir noch nie blühende Lupinen gesehen. Wir waren sozusagen immer zur falschen Zeit am falschen Ort. Alle Fotos hier stammen nicht von uns, sondern von den netten Mitgliedern unserer Facebook-Gruppe Neuseeland mit Kind. Danke!
Wenn ihr Lupinen in Neuseeland sehen wollt, müsst ihr ein schmales Zeitfenster abpassen: Lupinen blühen zwar von September bis Februar, aber die “Peak-Season” der Blüte dauert nur von November bis Mitte Januar. Ab Mitte November stehen die Lupinenfelder am Lake Tekapo in voller Blüte; im Dezember bewegt sich die Blüte dann weiter nach Süden, Mitte Januar entdeckt ihr blühende Lupinen wahrscheinlich nur noch ganz weit im Süden.
Die bekanntesten Lupinen-Locations in Neuseeland sind zweifellos am Ufer des Lake Tekapo. Dort ist der Hintergrund einfach wahnsinnig beeindruckend, außerdem führt der Highway direkt an den Lupinen vorbei und viele Touristen nehmen diese Route von Christchurch nach Queenstown.
Wenn ihr Lupinen fotografieren wollt, ohne euch dafür mit Horden von Touristen am Straßenrand zu drängeln, könnt ihr auch an anderen Orten fündig werden – sogar auf der Nordinsel blühen Lupinen! Größere und kleinere Felder wilder Lupinen findet ihr in Wellington und Nelson, an der West Coast und in Canterbury, in Otago und auch im Southland.
Das größte Verbreitungsgebiet von Lupinen in Neuseeland ist das Mackenzie Basin auf der Südinsel. Auf diesem Hochplateau in den Southern Alps liegen zum Beispiel der Aoraki Mount Cook, Lake Tekapo, Lindis Pass und Twizel. Wenn ihr zwischen Ende November und Mitte Januar irgendwo durch das Mackenzie Country fahrt, müsstet ihr eigentlich zwangsläufig irgendwo Lupinen sehen. (Wir haben das bisher immer knapp verpasst.)
Einige Orte in Neuseeland sind allerdings besonders bekannt für ihre Lupinen-Felder.
Lupinen am Lake Tekapo
Lake Tekapo ist definitiv der bekannteste Ort in Neuseeland, um Lupinen zu sehen – entsprechend voll wird es hier in der Blütezeit. Lupinen bilden ein regelrechtes Dickicht am Ufer des Sees, in allen erdenklichen Farben zwischen hellrosa und dunkelviolett. Hier könnt ihr nicht nur Lupinen fotografieren, sondern auch Leute, die sich vor und in Lupinen fotografieren lassen. Instagram-Stars in bunten Kleidern, Bikinis oder Hochzeitskleidern inklusive. Was für ein Spaß!
Der Lupinen-Schnappschuss schlechthin ist ein Foto mit der Church of the Good Shepherd am Scott Pond im Hintergrund. Ganz bequem zu erreichen über den SH 8 in etwa 2 Stunden Fahrt von Christchurch.
Lupinen am Ahuriri River
Ihr habt keine Lust auf Fotos, auf denen sich andere Touristen tummeln? Dann fahrt zum Ahuriri River. Hier wachsen tausende Lupinen am Flussufer, buchstäblich überall bis hinab zur Mündung. Am besten kommt ihr direkt hinter dem Städtchen Omarama ans Flussufer heran.
Wenn ihr aus Queenstown kommt, fahrt am Omarama Airport vorbei und parkt an der Ahuriri Bridge Campsite am linken Straßenrand. Vom Parkplatz seid ihr schnell am Ufer des Ahuriri River. An windstillen Tagen spiegeln sich die blühenden Lupinen sogar im Fluss.
Lupinen am Aoraki Mount Cook
Die 50 km lange Sackgasse zum Aoraki Mount Cook Village ist eine der schönsten Routen in Neuseeland, auch wenn gerade keine Lupinen blühen. Während der Blütezeit könnt ihr die Lupinen vor dem atemberaubenden Hintergrund des Lake Pukaki und der schneebedeckten Gipfel der Southern Alps bewundern, auch wenn sie hier nicht ganz so dicht wachsen.
Lupinen am Lake Hawea
An den meisten Orten in Neuseeland blühen die Lupinen in violett und rosa. Am Ufer des Lake Hawea findet ihr eine Besonderheit: Hier blühen gelbe Lupinen! Dabei handelt es sich um eine andere Art als die in Großbritannien gezüchtete Russell-Lupine: Die Strauchlupine kann bis zu 2 m hoch werden und stammt ursprünglich aus Kalifornien.
Aus der Richtung von Wanaka kommend, folgt ihr dem Highway nach links zum Lake Wanaka um den Parkplatz zum Isthmus Peak Trail herum. Hier auf den Klippen wachsen die gelben Strauchlupinen fast mannshoch.
Lupinen in Queenstown
Auch in Queenstown selbst wachsen an vielen Stellen einige Lupinen. Der beste Ort für ein zünftiges Lupinen-Foto ist aber das Ufer des Lake Wakatipu nahe Glenorchy. Nach dort sind es von Queenstown etwa 40 km, die Strecke gilt als einer der schönsten Roadtrips in Neuseeland (auch ohne Lupinen). Während der Blütezeit seht ihr auf der gesamten Länge der Strecke Lupinen in allen Farben blühen.
Lupinen am Lake Wanaka
Auch am Lake Wanaka gibt es zwischen November und Januar reichlich Lupinen. Um den ganzen See herum stehen sie an hunderten Stellen mehr oder weniger dicht, selbst direkt vor dem berühmten Wanaka Tree. Zwischen den rosa rot und violett blühenden Sorten stehen auch immer wieder große Flecken von gelben Lupinen.
😱 Sind die Lupinen am Lake Tekapo verschwunden?
Im Jahr 2020 sah es in Neuseeland sowieso sehr anders aus als sonst – kaum ein ausländischer Tourist war unterwegs. Perfekte Bedingungen für alle übriggebliebenen, um endlich mal in Ruhe die Lupinen am Lake Tekapo zu fotografieren!
Allerdings gab es da ein Problem: 2020 standen hier plötzlich keine Lupinen mehr. Anders als die Gerüchte raunten, wurde bald klar: Weder das DOC noch Environment Canterbury noch die Verkehrsbehörde NZTA hatten am Lake Tekapo Gift gesprüht oder sonst etwas gegen die Lupinen unternommen – was ist also geschehen?
Die Lupinen waren aus vollkommen natürlichen Gründen vom Seeufer verschwunden: Ein hoher Wasserstand im Frühjahr hatte die Samen am Auskeimen gehindert. Da Lupinensamen mehrere Jahre lang im Boden überleben, ist die Chance recht hoch, dass wir im November 2021 wieder neue Lupinen am Lake Tekapo bewundern können – und vielleicht sind dann ja auch schon wieder internationale Touristen da, um das gebührend auf Instagram zu verbreiten?
Wenn nicht – auch in Deutschland und ganz Europa stehen die blühenden Lupinen im Sommer überall am Straßenrand. Noch so ein vermeintlich typisch neuseeländisches Ding, das ihr in Europa ebenso gut sehen könnt ;-)
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