! Aktualisiert am 15. Juli 2021
Neuseeland gilt als Paradies für Familien, weil es so ungefährlich ist. Keine giftigen Tiere, keine bösen Verbrecher, keine gefährlichen Krankheiten… Was oft vergessen wird: In Neuseeland gibt es grandios viel freie, unberührte Natur – und dort lauern natürlich Gefahren. Wir erzählen euch von einem echten Schreckmoment in Neuseeland, der uns lehrte, auf Sicherheit zu achten!
Piha Beach auf der Nordinsel Neuseelands gilt nicht eben als der badefreundlichste Strand. Dort gibt es eine fiese Unterströmung, die wagemutige Surfer zuverlässig weit aufs Meer hinauszieht. Die ansässigen Rettungsschwimmer haben deshalb so viel zu tun, dass sie es zu einer eigenen TV-Serie in Neuseeland gebracht haben: “Piha Rescue” läuft auf TV1 und zeigt im Reality-Format die spektakulären Rettungsaktionen.
Wir als blutige Surf-Laien wagten uns natürlich nicht ins Wasser und wollten stattdessen nur eine kleine Küstenwanderung machen: Oben über die Steilküste bis zur nächsten Bucht, dann sollte es an den Strand hinunter gehen und auf dem Sand zurück zum berühmten Lions Rock, der hoch über dem Sand von Piha Beach aufragt.
Dummerweise war der “Abstieg” von der Steilküste zur Bucht überhaupt nicht kinderfreundlich; der bis dahin sanft dahinführende Pfad knickte auf einmal fast senkrecht ab und wurde zu einer Art Schlammrutsche. Steigeisen und Sicherungsseile wären uns da auch ohne Kinder schon lieb gewesen.
Wir überlegten hin und her, dachten dann aber: “Wenn der Weg hier hinunterführt, dann ist das wohl gar nicht so gefährlich, wie es aussieht.” Großer Fehler!
Wir kraxelten also mühsam an der fast senkrecht abfallenden Klippe, die auch noch mit losen Kieseln übersät war, hinab und hinderten dabei die Kinder am Abstürzen. Nicht eben die einfachste Sache, wenn man in Sandalen und Flipflops unterwegs ist (zweiter großer Fehler!).
Es kam natürlich, wie es kommen musste: Wie so oft in Neuseeland, fing es genau jetzt spontan zu schütten an. Was uns die Laune ordentlich vermieste und den weiteren Abstieg nicht eben leichter machte. Ich dachte immer nur: “Wenn der Weltwundersohn jetzt da hinunterrutscht…” Er war immerhin erst zwei!
Endlich waren wir heil unten angekommen – uff! Nun standen wir in einer kleinen Höhle am Rand der wirklich sehr schönen Bucht und warteten. Im strömenden Regen weiterzulaufen, schien wenig verlocken, aber wir hatten ein Problem: Der Strandweg, den wir zurück zum Piha Beach nehmen wollten, sollte nur bei Ebbe passierbar sein.
Bei unserem Abmarsch hatten wir gut im Zeitplan gelegen, den Gezeitenplan hatten wir uns natürlich angeschaut (zur Abwechslung mal kein großer Fehler!). Aber mit dem mühsamen Kraxel-Abstieg hatten wir zu viel Zeit verbraucht. Das Wasser stieg zusehends höher, die Flut kam unerbittlich hereingeschwappt und knabberte immer mehr von dem Strand weg, auf dem wir am Fuß der Steilküste im Regen standen.
Ein kurzer Erkundungsgang zeigte denn auch: Wir hätten jetzt schon im hüfttiefen Wasser zurückwaten müssen. No way mit zwei kleinen Kindern, bei Regen und mit der Gefahr der berüchtigten Rip Tides!
Also hieß es tatsächlich: wieder rauf auf die horrende Klippe. Im strömenden Regen. In Sandalen. Mit zwei kleinen Kindern. Sogar unsere Unterhosen waren nass, als wir zu unserem Campervan zurückkamen. Dass der Regen pünktlich in dem Moment aufhörte, als wir am Campervan ankamen, ist auch so ganz typisch Neuseeland…
Keiner von uns ist an diesem Tag abgerutscht und hat sich verletzt oder ist gar die gesamten etwa 20 Meter von der Steilküste abgestürzt. Wir hatten Glück – hätten aber genauso gut auch Pech haben können.
Jedes Jahr verunglücken in Neuseeland zahlreiche Touristen, weil sie die Gefahren der Natur unterschätzen. Kein Wunder – bei uns in Mitteleuropa hindert uns ein Wust an Sicherheitsvorschriften und Verbotsschildern daran, uns etwas wirklich gefährliches zustoßen zu lassen. Unser Wetter überrascht kaum einmal mit krassen Umschwüngen, und wirklich dichte Wälder oder abgelegene Regionen ohne Funknetz, in denen man verloren gehen könnte, gibt es nur in Brandenburg (hüstel).
In Neuseeland passiert es regelmäßig, dass Schwimmer von Unterströmungen aufs Meer hinausgezogen oder von Haien attackiert werden, es verlaufen sich immer wieder Leute im Wald und werden erst nach Stunden oder Tagen von Rettungsteams gefunden, und auch erfahrene Wanderer sterben, weil sie nach einem Wettersturz erfrieren oder im unwegsamen Gelände abstürzen. Da braucht es weder wilde Tiere noch Himalaya-Terrain!
Passt also auch auf scheinbar harmlosen Wanderungen in Neuseeland gut auf euch und eure Kinder auf.
Informiert euch vor dem Start über die Länge des Weges, die Steigung und die Beschaffenheit. Beachtet die Hinweise des DOC, respektiert Sperrungen von Straßen und Routen, hört auf Warnungen des Wetterberichts.
Regen kann die kleinsten Bächlein binnen Stunden so stark anschwellen lassen, dass Wanderwege und Straßen unpassierbar werden – da sollte man dann auch nicht durchwaten!
An Stränden ohne “lifeguard” zu baden, solltet ihr euch gut überlegen – weiter als bauchtief ins Wasser zu gehen, ist dort keine gute Idee. Eine ordentliche Rip Tide reißt euch in Windeseile die Füße unter dem Körper weg.
Nehmt immer ein Mobiltelefon mit auf Wanderungen – die Notrufnummer in Neuseeland ist 111. Wenn ihr längere Wanderungen machen wollt, ist es eine sehr gute Idee, das “Intentions”-Formular auf der Website des Mountain Safety Council auszufüllen. Sagt außerdem möglichst immer jemandem Bescheid, wohin ihr gehen wollt (dem Campingplatz-Manager, euren Stellplatz-Nachbarn, einem Wanderer, dem ihr unterwegs begegnet). So kann euch ein Suchtrupp leichter finden.
Packt immer eine Regenjacke, genug Wasser und ein paar Snacks ein, auch wenn ihr nur 30 Minuten wandern wollt – das Wetter in Neuseeland ist unheimlich wechselhaft, und die Wege sind nicht immer perfekt markiert. Und wenn ihr merkt, dass euch ein Weg zu anstrengend oder zu gefährlich wird: Kehrt um!
Denn ihr wollt doch nicht die nächsten Touristen sein, von deren dramatischer Rettung wir im “NZ Herald” lesen?
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Ja, man sollte immer einen gewissen Respekt vor der Unberechenbarkeit der Natur mit dabei haben, wenn man wandern geht – nicht nur in Down-under. Nochmal Schwein gehabt, würde ich sagen.
Und selbst wenn man gut ausgerüstet ist und auch Erfahrung hat, kann immer was passieren, wie wir vor einigen Jahren in den italienisch-österreichischen Alpen erfahren durften. Damit möchte ich auch der Aussage widersprechen, dass in Mitteleuropa alles ganz ungefährlich ist. Wenn man sich in den Bergen bewegt, ganz besonders in hochalpinem Gelände, kann sich das Wetter binnen Minuten ändern und einen netten Bergausflug zum Albtraum werden lassen. Auch gibt es in den Bergen oft kein Mobilnetz und vor allem auch keine Verbotsschilder oder gar Absperrungen… da geht’s dann manchmal plötzlich ein paar Hundert oder gar Tausend Meter steil runter!
Ich bin jedenfalls froh, dass ihr alle wieder gesund und munter von eurem Ausflug wiedergekommen seid.
LG
Hartmut
Großes Glück gehabt, würde ich sagen. Das hört sich nach einem echten Höllemtrip an. Ich kann mir gut vorstellen, wie ihr euch angesichts eurer Kinder gefühlt haben müsst.
Auch ich hatte in Neuseeland eine Nahtot-Erfahrung. Zu schnell mit dem Auto in den engen Sepentimenstaßen unterwegs, habe ich eine Kurve nicht mehr richtig nehmen können und bin auf den Abgrund zu. Konnte das Auto aber stoppen und war heilfroh, dass in dem Moment kein Gegenverkehr war.
Daraufhin hatte ich erstmal Fahrverbot von meinem Beifahrer, der aber, wenn ich ehrlich bin, auch nicht viel besser fahren konnte, als ich.
Ich habe daraus gelernt und fahre seitdem immer viel zu langsam durch die Berge, so dass sich lange Autoschlangen hinter mir bilden und dann zu gefährlichen Überholmanövern ansetzen.
Waren deine Kinder sich der Gefahr an diesem Tag bewußt?
Liebe Grüße
Daniela
Oh mein Gott, so was haben wir in Neuseeland auch erlebt!! In einer dieser einspurigen Haarnadelkurven in den Marlborough Sounds stand uns plötzlich ein riesiger Logging Truck gegenüber, und bei uns beiden quietschten die Bremsen und die Fahrzeuge gingen richtig “in die Knie” – meine Freundin und ich kreischten wie verrückt, mein Mann (damals noch Freund) blieb ganz cool. Mann, das war knapp gewesen!!
Ich kann dein Erlebnis also genau nachfühlen :-)