Wie reist es sich mit vier kleinen Kindern, und wie entdeckt man mit nur sechs Paar Schuhen Neuseeland? Wir haben den Norweger Thor (Wahlheimat: Dortmund) am Ende seiner Weltreise erwischt und uns von ihm eine neue Portion Fernweh geholt.
Thor, Hanne Marie und ihre blonde Kinderschar sind ein Phänomen. Zigtausend Leser und Facebook-Fans verfolgen ihre Weltreise im Blog www.sechspaarschuhe.de, den die beiden in sehr unregelmäßigen Abständen fast gar nicht mit klassischen Reiseberichten oder praktischen Tipps, sondern vor allem mit bezaubernden Videos und nachdenklich machenden Erzählungen vom Reisen und Unterwegssein als Familie bestücken.
Offenbar treffen sie einen Nerv damit bei ihren Fans (zu denen auch wir zählen). Spätestens, als wir auf Instagram die Bilder der vier weißblonden Kids vor der Traumkulisse Neuseelands sahen, mussten wir Thor haben – als Interviewpartner natürlich ;-)
Weltwunderer: Lieber Thor, bitte stell uns doch zuerst deine Familie vor. Wer seid ihr?
Thor: Meine Frau und ich wohnen seit zwölf Jahren in Dortmund, wo auch alle unsere vier Kinder geboren wurden. Wir kommen beide ursprünglich aus Norwegen und haben uns vor etwa zweieinhalb Jahren entschieden, dass wir eine Weltreise machen wollten. Im Juni 2015 ging es los. Unsere beiden Ältesten (inzwischen 9 und 10 Jahre alt) unterrichten wir während der Reise selbst.
WW: Warum habt ihr Neuseeland auf eure Weltreise-Route gesetzt?
Thor: Das haben wir eigentlich gar nicht. Wir hatten keine Route geplant, sondern sind mit einem Oneway-Ticket nach Bangkok gestartet. Das einzige, was feststand, war, dass wir irgendwann nach Australien wollten. Der Weg dorthin hat sich spontan ergeben. Wir haben uns von dem, was wir von anderen Reisenden gehört haben, inspirieren lassen, und bei diesen Gesprächen tauchte immer wieder Neuseeland auf. Am Ende klang das, was uns über Neuseeland erzählt wurde, zu verlockend, um dort nicht vorbeizuschauen. Und schließlich waren wir ja schon fast dort.
WW: Wie habt ihr euch in Neuseeland fortbewegt, wo habt ihr gewohnt?
Thor: In den ersten zwei Wochen in Neuseeland bekamen wir spontan Besuch von meinen Schwiegereltern und wohnten mit ihnen zusammen in Unterkünften, die sie für uns alle gebucht haben. Als die beiden uns dann verließen, mieteten wir für sechs Wochen ein günstiges Auto und kauften uns ein Zelt, Schlafsäcke, einen Gaskocher und ein paar Küchenutensilien.
Da wir nur Kleidung für warme Länder im Gepäck hatten, waren wir auch häufig in Second-hand-Läden einkaufen. Je weiter wir nach Süden kamen, desto dicker mussten wir uns einpacken. Vor allem, wenn die Sonne nicht geschienen hat.
WW: Reisen mit vier Kindern, das klingt nach viel Gewusel. Wie sah denn euer Reise-Tagesablauf aus?
Thor: Das war sehr unterschiedlich. In der Regel sind wir eine bis zwei Stunden gefahren, oft sind wir auch mehrere Tage an einem Ort geblieben. Manchmal sind wir am Vormittag oder kurz nach dem Mittag aufgebrochen, einige Male aber auch nachmittags und ein paar Mal sogar erst abends.
Einmal kamen wir um 23 Uhr an einem kostenlosen Campingplatz an. Die Kinder schliefen alle im Auto, während meine Frau und ich das Zelt im Licht der Scheinwerfer unseres Mietwagens aufbauten. Blöd war, dass es an diesem Abend extrem windig und kalt war. Deswegen entschieden wir, dass ich allein mit einem der Kinder im Zelt schlafen sollte, während die anderen im Auto blieben. Leider ging eine Zeltstange mitten in der Nacht kaputt, so dass auch wir dann ins Auto mussten. Es war sehr eng, aber irgendwie konnten wir am Ende schlafen. Was wir daraus gelernt haben? Nur auf windgeschützten Campingplätzen zelten!
WW: Welchen Eindruck hat Neuseeland auf euch gemacht – ihr habt ja jetzt viel Vergleichsmaterial?
Thor: Wir fanden es fantastisch! Vor allem all die spektakuläre und unberührte Natur auf der Südinsel hat einen starken Eindruck auf uns hinterlassen.
WW: Was waren eure Neuseeland-Highlights, die ihr unbedingt weiterempfehlen würdet?
Thor: Wir haben so viel Tolles erlebt. So viele schöne Orte gesehen, so viele coole Menschen kennengelernt und so viele wilde Tiere gesehen, wie Robben, Seelöwen, Pinguine und Delfine.
Wenn wir ein Highlight nennen müssen, würden wir einfach „die Südinsel“ sagen. Wenn du nach Neuseeland reisen willst, empfehlen wir: Lass dir viel Zeit für diese Insel. Reise langsam herum, ohne Zeitdruck, und bleib ein paar Tage, wenn es dir irgendwo besonders gut gefällt. Lass die Natur auf dich wirken und hetze nicht von einem Ort zum nächsten. Du musst nämlich nicht unbedingt alles sehen.
WW: Ist das Reisen mit vier Kindern eine besondere Herausforderung?
Thor: Doch, das kann manchmal ein bisschen kompliziert werden. Es hat uns geärgert, dass man überall für jedes Kind bezahlen muss, vor allem weil unsere zwei Jüngsten nicht unbedingt ein eigenes Bett brauchen. In Neuseeland haben wir dieses Problem mit dem Zelt gelöst.
Und wenn wir mal ein Hotelzimmer benötigten oder eine kleine Hütte, haben wir getrickst: Wir buchten nur für vier Personen und hofften, dass beim Einchecken keiner etwas sagen würde. Im schlimmsten Fall hätten wir ein bisschen mehr bezahlen müssen. Manchmal sagten die Vermieter nichts, auch wenn sie die Kinder gesehen haben, andere fragten nach, ob es richtig sei, dass wir nur für vier Personen gebucht hätten. Dann antwortete ich einfach, dass wir nur vier Betten benötigen, da die Kinder jeweils zu zweit in einem schlafen. Das ging immer gut und wir mussten nie etwas für die zwei Kleinsten bezahlen.
WW: Das ist ja schon mal ein guter Spartrick. Neuseeland ist leider ein ziemlich teures Reiseziel, wie habt ihr denn eure Kosten ansonsten im Rahmen gehalten?
Thor: Als wir auf Tasmanien waren und spontan die Flugtickets nach Neuseeland gekauft haben, war uns eigentlich klar, dass wir uns das gar nicht leisten konnten. In Australien haben wir mehr oder weniger kostenlos bei meinen Schwestern gewohnt, aber in Neuseeland kannten wir niemanden. Wir wussten, dass meine Schwiegereltern bereits Unterkünfte für die ersten zwei Wochen gebucht hatten, aber wie würden wir danach über die Runden kommen?
„Zur Not reisen wir schnell weiter, wenn uns nichts einfällt“, sagten wir uns, und flogen erstmal hin. Schon in der zweiten Woche lernten wir eine israelische Familie kennen, die in einem günstigen Zelt Campingurlaub machten. „Das ist es!“, dachten wir erleichtert, und taten es ihnen nach. Sechs Wochen lang wohnten wir in diesem Zelt, meistens auf kostenlosen oder sehr günstigen Campingplätzen, die wir mit der App „CamperMate“ gefunden haben.
WW: Gab es Dinge, die ihr in Neuseeland nicht so toll fandet, über die ihr euch geärgert habt?
Thor: Wir haben sowohl die Australier als auch die Neuseeländer als etwas rassistisch empfunden. Manche von ihnen reden gern darüber, wie blöd die Europäer sind, die sich ihre Länder kaputt machen lassen von den ganzen Flüchtlingen.
WW: Seid ihr im Nachhinein zufrieden mit eurer Entscheidung, oder würdet ihr beim nächsten Mal etwas anders machen?
Thor: Wir sind sehr froh, dass wir nach Neuseeland gereist sind! Die ganze Weltreise hat sich für uns als Familie sehr gelohnt, auch wenn es unterwegs viele Herausforderungen gab. Wir haben viel Spannendes erlebt und es hat uns richtig gut getan, so viel Zeit miteinander zu verbringen. Wenn man sich über einen so langen Zeitraum den ganzen Tag sieht, wächst man irgendwie stärker zusammen und ich finde, man kann dann den anderen auch mehr Verständnis entgegenbringen, wenn sie mal einen schlechten Tag haben.
WW: Wohin führt euch eure Reise als nächstes?
Thor: Nach Neuseeland sind wir an die Sunshine Coast, nördlich von Brisbane, gereist. Unsere Campingausrüstung haben wir mitgenommen und dort weitere fünf Wochen gezeltet. Mitte Mai, als das Konto langsam leer wurde und wir uns ein weiteres Reiseziel nicht wirklich vorstellen konnten, kauften wir spontan Flugtickets nach Bangkok, von wo es nach fünf Tagen weiter in Richtung Norwegen ging. Jetzt sind wir in unserer ehemaligen Heimat und versuchen herauszufinden, ob wir zurück nach Deutschland gehen oder vielleicht ein Jahr hier bleiben. Auf einem Bauernhof vielleicht?
WW: Zu guter Letzt: Habt ihr wirklich nur sechs Paar Schuhe dabei?
Thor: Wenn Flipflops nicht als Schuhe zählen, dann ja. ;-)
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Hat Spaß gemacht zu lesen. Ein schönes Interview.
Mit vier Kindern zu reisen, stelle ich mir wirklich als Herausforderung vor.