! Aktualisiert am 6. November 2015
Gabi und Gunter Reichert haben sich einen Traum erfüllt, den viele von uns haben: Nach einer dreimonatigen Neuseelandreise mit ihren drei Kindern kauften sie sich ein eigenes Wohnmobil und sind heute ständig reisende Reisefotografen. Dass das harte Arbeit bedeutet, kann man in ihrem Blog lesen – aber man sieht auch, was für faszinierende Bilder dabei herauskommen.
WW: Gabi, eure Neuseelandreise ist nun schon elf Jahre her – kann man sie als den Ausgangspunkt eurer heutigen „Karriere“ bezeichnen?
Gabi: Unsere Kinder waren damals erst sechs, vier und zwei Jahre alt – Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht! Trotzdem war das schon unsere zweite große Reise gewesen, wir hatten im Jahr zuvor bereits drei Monate Erfahrung mit einem Wohnmobil in den USA gesammelt.
WW: Gleich zwei so große Reisen direkt hintereinander – wie kam das?
Gabi: Für Neuseeland sprachen damals drei Gründe: Zuerst natürlich die grandiose Landschaft mit dem Bonus des Inselfeelings – ganz anders als in den riesigen Weiten der USA. Wichtig war wegen der Kinder das Fehlen von giftigen Tieren und die englischsprachige Bevölkerung machte vieles einfacher. Schließlich wollten wir noch einmal die Chance nutzen, mehrere Monate am Stück wegzufahren. Wenn die Kinder erst einmal zu Schule gehen, dachten wir, wird das nichts mehr mit Fernreisen. Dass mein Mann ein Jahr zuvor betriebsbedingt gekündigt worden war, kam uns daher gerade recht: Mit der Abfindung haben wir die beiden Reisen finanziert.
WW: Wow, das nenne ich mal eine gewagte Entscheidung!
Gabi: Das fanden unsere Familien auch: Jeder war der Ansicht, wir sollten lieber alle Kräfte in eine Arbeitsplatzsuche stecken. Wir haben inzwischen gelernt: Die Erlebnisse und Erfahrungen einer Reise sind bleibende Werte, die keine Finanzkrise zerstören kann. Die Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern verändert die eigene Lebenseinstellung, wir beobachten unseren eigenen Lebensstil seitdem offener und kritischer.
Die viele Zeit, die wir als Familie so intensiv miteinander verbringen, ist auch enorm gut für unsere Beziehung. Die gemeinsamen Erlebnisse verbinden uns; oft brauchen wir nur ein Stichwort, um alle loszulachen, weil wir in eine lustige Geschichte zurückversetzt wurden. Im Endeffekt war also alles gut so, wie es gekommen ist.
WW: Mit drei Kindern muss man doch bei so einer großen Reise sicher sehr viel planen?
Gabi: Wir planen eigentlich grundsätzlich möglichst wenig, lassen lieber die Landschaften auf uns wirken und entscheiden dann vor Ort, wie wir weitermachen. Die Tickets für Neuseeland haben wir recht spontan gebucht, acht Wochen später ging es schon los. Bis dahin haben wir uns noch schnell ein paar Informationen angelesen, uns ein Notebook mit externem Speicher für die vielen Fotos zugelegt und vor allem versucht, locker zu bleiben.
Der Nachteil an unserer Methode ist, dass ich abends oft lange am Laptop sitze und den nächsten Tag plane. Der Vorteil ist, dass wir flexibel sind: Wo es uns gefällt, bleiben wir länger und genießen.
WW: Und wie hat euch Neuseeland gefallen?
Gabi: Wir waren zunächst einmal überrascht: Nach der Reise durch den Westen der USA hatten wir uns Neuseeland auch so wild und einsam vorgestellt. So wild war es aber gar nicht – es kam uns im Vergleich eher angenehm gemütlich vor. Das hat uns gut gefallen – und den Kindern auch.
Kaum waren sie im Campervan, fühlten sie sich wieder wie zu Hause, die alten Routinen aus dem vorigen Jahr stellten sich sofort wieder ein: Ungefähr zwei Stunden pro Tag fotografierten wir intensiv, während sich die Kinder am Strand selbst beschäftigten. Den Rest des Tages verbrachten wir mit Wohnmobilrumräumen, Essen zubereiten und Kinder wieder saubermachen :-)
WW: Das klingt ja fast schon so routiniert wie echtes Arbeiten … Erzählt doch mal ein wenig von eurer Reiseroute!
Gabi: Wir waren von Mitte März bis Mitte Mai 2001 in Neuseeland. Hingeflogen sind wir „links herum“, über Los Angeles und Nadi auf Fidschi. Von Auckland hüpften wir dann schließlich per Inlandsflug nach Christchurch. Von da aus haben wir dann kreuz und quer die Südinsel und die Nordinsel erkundet. Am Ende haben wir noch eine Woche Rarotonga drangehängt. Unsere Favoriten waren der Lake Tekapo, die Puzzling World in Wanaka, die Catlins, Kaikoura, wo ich mit den Delfinen geschwommen bin, Little Kaiteriteri an der Nordküste der Südinsel, das Te Papa in Wellington, die Coromandel-Halbinsel mit dem Hot Water Beach, das Maori Arts and Crafts Center in Rotorua und die Mahia Halbinsel an der East Coast – ein echter Geheimtipp, der nicht im Reiseführer steht!
Auf unserer Homepage haben wir Tagebuch geführt und zeigen auch einige Digital-Fotos, die wir mit einer Nikon Coolpix gemacht haben. Im Nachhinein wären wir gern länger im Land geblieben – und unser Budget hätte das auch erlaubt. Ärgerlich eigentlich…
WW: Wie habt ihr denn das Budget so gut im Rahmen gehalten?
Gabi: Auf einen Punkt gebracht: Wir haben uns günstige Angebote an Land gezogen und bei den Lebenshaltungskosten nicht über die Stränge geschlagen. Die Flüge waren noch günstig, da unsere Kleinste zu der Zeit nur einen Bruchteil des Flugpreises zahlen musste und auch die Jungs waren weit unter 12 Jahren. Was das heute kosten würde…
Gründliche Recherche lohnt sich übrigens: Wir hatten zuerst im Reisebüro nachgefragt. Dort war die Wohnmobilmiete so teuer, dass die Reise für uns nicht finanzierbar gewesen wäre. Im Internet fanden wir dann einen Vermieter, bei dem wir etwa 6.000 DM für 2,5 Monate zahlten.
WW: Und wie fanden es die Kinder?
Gabi: Die Kids waren am glücklichsten, wenn sie frei spielen und am Strand mit Treibholz bauen konnten. Aber auch die Sehenswürdigkeiten „zum Anfassen“ wie das Te Papa oder Rotorua standen hoch im Kurs. Längere Wanderungen durch die Natur waren nicht ganz so ihr Ding, obwohl ich Amy kaum noch tragen musste und alle drei schon gut gelaufen sind. Mit unseren Lieblingsbeschäftigungen, Muscheln sammeln und das Meer fotografieren, kommen unsere Kinder bis heute super zurecht ;-)
WW: Es gab doch aber sicherlich trotzdem ab und zu Schwierigkeiten?
Gabi: Eigentlich nicht – die Reise war fast problemfrei. Okay, gleich am Anfang bekamen wir einen Schock: Gunter hatte frühzeitig seinen Pass neu beantragt und wollte den etwa drei Wochen vor der Reise abholen. Als er auf dem Amt anrief, hieß es, die bestellten Reisepässe seien in der Post verloren gegangen und er müsste noch einmal bestellen. Dazu reichte aber die Zeit nicht mehr! Zum Glück stellte sich heraus, dass Gunter seinen Pass einen Tag vor den verlorenen Pässen beantragt hatte, so dass er doch angekommen war.
Und kurz vor der Ankunft, beim Einchecken in Auckland, gab es auch ein Problem: Die Air-New-Zealand-Angestellte überprüfte unser Handgepäck, welches nicht nur in der Anzahl, sondern auch im Gewicht die Grenzen überschritt. Wir mussten deshalb 280 Filme, einen großen Teil der Kindersachen und unsere Jacken abgeben. Die Filme haben zum Glück knapp gereicht!
Zwischendurch wurden wir dann teilweise recht arg von Sandfliegen geplagt und Noah schlug sich in Christchurch einen Zahn aus, wodurch wir das tolle Gesundheitssystem kennenlernten – Unfälle werden hier nämlich komplett vom Staat getragen!
Das Wetter war auch nicht immer ideal: Gegen Ende der Reise hatten wir viel Regen und die Tage waren schon recht kurz (Sonnenuntergang schon vor 18 Uhr!), da wurde es in unserem kompakten Wohnmobil dann recht eng und ungemütlich. Aber viel schlimmer war die Rückreise: Auf Rarotonga, wo wir eine Woche Zwischenstopp machten, haben sich die Kinder beim Pizza-Essen im letzten Moment noch eine Lebensmittelvergiftung zugezogen! Wir hätten sie beinahe nicht rechtzeitig wieder flugfähig bekommen.
WW: Puh – das sind genau die Erlebnisse, die man mit Kindern nicht haben will! Aber als handfeste Probleme habt ihr sie offenbar gar nicht erst eingeordnet…
Gabi: Klar, mit kleinen Kindern ist Reisen anstrengender; für jedes braucht man ein Augenpaar zum Aufpassen, weshalb es bei dreien schwierig werden kann, besonders wenn sie sich in alle Richtungen zerstreuen! Andererseits kommt man mit Kindern viel schneller in Kontakt mit anderen Menschen. Von Reisen mit Kindern profitieren immer alle: Die Welt durch Kinderaugen zu sehen ist ein großer Genuss, in den nur Eltern wirklich kommen können!
WW: Haben euch die Kinder denn die „Mühe“ gedankt?
Gabi: Die beiden Großen, damals sechs und vier Jahre alt, können sich noch an vieles erinnern. Nur unsere Tochter (damals 2,5) ist etwas traurig, weil sie nur wenige Erinnerungen an Neuseeland hat. Sie alle würden auf jeden Fall jetzt, wo sie Englisch sprechen und alles bewusster wahrnehmen, gern noch einmal hinfahren. Damals war ihnen eher das Zusammensein mit uns wichtig, und davon bekamen sie auf jeden Fall genug. Sicherlich hätten wir dafür genauso gut durch Österreich reisen können, Hauptsache Natur. Eines haben sie aber auf dieser weiten Reise gründlich verinnerlicht: Die Erde ist rund :-) Wenn wir die Omas zu Hause anriefen, war dort immer das Gegenteil von Neuseeland: Frühling anstatt Herbst und Tag anstelle von Nacht. Schulisch brachte ihnen diese Erkenntnis später große Vorteile!
WW: Eine zweifellos wichtige Lektion – und was ist bei euch Eltern hängengeblieben?
Gabi: Für uns war es am interessantesten, wie die Kinder die Erlebnisse aufgenommen haben. Alle drei waren leicht und schnell zu begeistern, trotzdem hat jedes seine ganz eigene Sichtweise. Das hat uns selbst gelehrt, die Dinge auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Außerdem habe ich in Neuseeland gelernt, lockerer zu sein, Dinge einfach hinzunehmen oder es zu genießen, wenn sie kommen. Reisen ohne Erwartungen eben :-)
WW: Als Reise-Experten habt ihr doch inzwischen sicherlich viel Erfahrung im Packen – könnt ihr unseren Lesern da Tipps geben?
Gabi: Für uns ist die Kameraausrüstung natürlich essenziell, die nimmt daher sehr viel Platz ein. In Neuseeland hatten wir (nach der erzwungenen Reduktion in Auckland) zwei Koffer und zwei Reisetaschen, darin unter anderem zwei Stative und 280 Filme.
WW: Das klingt für uns Amateurfotografen beeindruckend!
Gabi: Amateure waren wir damals auch, und wer nur eine Kleinbildkamera verwendet, muss sich dafür nicht schämen! Ich finde nach wie vor: Es gibt Situationen, in denen kleine und günstige Kameras wesentlich besser geeignet sind. Gerade mit Kindern entstehen immer wieder spontan Gelegenheiten für Schnappschüsse, in denen das Aufbauen der Profi-Ausrüstung einfach zu lange dauern würde. Das Foto unten, das es sogar als Aufhänger in eine Zeitschrift geschafft hat, ist ein gutes Beispiel dafür.
WW: Damit machst du uns Mut, Gabi, danke. Welche Packtipps kannst du uns als Dauer-Wohnmobilreisende noch geben?
Gabi: Wichtig für uns sind ein gutes Fernglas, Schwimmsachen für die Kinder, eine unzerbrechliche Thermoskanne und ebensolche Tassen (beim Fotografieren kann es sehr kalt werden!). Gute, praktische Outdoorhosen mit vielen Taschen und abnehmbaren Hosenbeinen finde ich extrem nützlich, außerdem ein zusammenlegbares, multifunktionales Werkzeug.
Etwas völlig Überflüssiges haben wir, glaube ich, in Neuseeland nicht dabeigehabt. Eher anders herum: Im Jahr zuvor hatte uns zu viel Gepäck behindert, daher legte ich für diese Reise alles zusammen und nahm dann die Hälfte von den Stapeln herunter. Fehlende Teile haben wir problemlos vor Ort nachgekauft. Ich finde: Lieber weniger dabei haben als zu viel!
WW: Ihr habt euch nach der Neuseelandreise ein eigenes Wohnmobil gekauft und seid damit jedes Jahr in Europa unterwegs; Bleiben oder Zurückkehren stand offenbar nicht auf dem Programm?
Gabi: Seit den beiden großen Reisen sind wir immer in Europa geblieben und haben gemerkt, wie sehr wir den Norden und das Meer dort lieben. Neuseeland würden wir wegen seiner saubereren Umwelt und der geringeren Hektik bevorzugen, allerdings kämen wir von dort aus nicht mehr so einfach in andere Länder für unsere Fotoprojekte. Und die sind nun mal unser täglich Brot inzwischen! Zudem ging es zumindest 2001 in Neuseeland noch ziemlich provinziell zu, das Weltgeschehen spielte dort keine große Rolle. Da schien uns der Horizont doch etwas eng.
Wir werden aber auf jeden Fall noch einmal hinfahren, schließlich war diese wunderschöne Reise der “Auslöser” für unsere Reiselust! Und dann werden wir so lange wie möglich bleiben; nur für ein paar Wochen sind die Inseln viel zu schön und vielfältig und der lange Flug ist gerade mit Kindern viel zu anstrengend. Jetzt, mit dem jugendlichen Nachwuchs, wird die Reise natürlich immer teurer, allein die Flüge werden ein Vermögen kosten, weil wir für fünf Erwachsene zahlen müssten.
WW: Wir geben hiermit zu Protokoll: Gabis Reiseberichte waren der Auslöser für unsere eigene Neuseelandreise, weil sie uns zeigten, dass es möglich ist. Danke, Gabi!
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