! Aktualisiert am 15. Juli 2021
Ganz frisch aus Neuseeland zurück und noch voller Sehnsucht sind Ulrike und Rolf – die beiden haben ihre Reise pflichtbewusst im Dezember 2011 hier bei den Weltwunderern angemeldet und werden daher nun gnadenlos zu ihren Eindrücken und Erfahrungen zur Elternzeit in Neuseeland ausgequetscht ;-)
Weltwunderer: Wie immer lautet unsere erste Frage: Wer seid ihr?
Ulrike: Wir sind Papa Rolf (36), Mama Ulrike (35), große Schwester Greta (7) und kleine Schwester Selma (1). Wir leben in Potsdam und waren während unserer Elternzeit insgesamt drei Monate unterwegs, davon zwei Monate in Neuseeland.
WW: Gab es denn einen Grund, in der Elternzeit gleich ans andere Ende der Welt zu reisen? Das fanden die Großeltern doch bestimmt nicht so toll?
Ulrike: Die Reaktionen waren unterschiedlich – unsere ebenfalls reisebegeisterten Freunde fanden unser Vorhaben super … und mutig: die lange Flugzeit, und dann noch mit Baby?! Andere Freunde und teilweise die Familie konnten nicht so recht verstehen, warum wir überhaupt so weit verreisen und dazu noch soviel Geld dafür ausgeben wollten.
WW: Und was habt ihr gesagt?
Ulrike: Wir haben erst mal die praktischen Gründe aufgezählt: Neuseeland ist doch ein ideales Reiseland mit Baby, unsere bisherigen Ziele in Südostasien fanden wir im Vergleich dazu mit Kindern eher ungeeignet (Stichwort Malaria, Impfungen usw.). Das Wetter war ein weiterer Punkt: Da wir unsere drei gemeinsamen Elternzeit-Monate von Januar bis Ende März nehmen würden, musste es ein Reiseziel „auf der anderen Seite“ der Erde sein.
Auf diese Weise hatten wir erstmals genügend Zeit für dieses weit entfernte Reiseziel, unsere sonst übliche Reisedauer von drei bis vier Wochen erschien uns für Neuseeland zu kurz. Heute wissen wir: Zwei Monate sind auch zu wenig…;)
WW: Das klingt ja echt rational geplant …
Ulrike: Naja, der eigentliche Grund ist etwas romantischer: Nach Neuseeland hatten wir schon immer gewollt, insbesondere nachdem wir die „Herr der Ringe“- Filme gesehen hatten …
WW: He, für den Herrn der Ringe muss man sich nicht schämen – und auch nicht für Romantik!
Ulrike: Gut, dass du das sagst… Außerdem war die Reise nämlich sozusagen die Prüfung vor der „ewigen Bindung“. Nach zwei Monaten sind wir weitergeflogen in die Südsee und haben in Fiji am Strand geheiratet.
WW: Wow, das nenne ich mal ein perfektes Ende eines Urlaubs!
Ulrike: Ähem… während der Reise war die Stimmung natürlich nicht immer perfekt und romantisch. Das permanente Aufeinanderhocken und der Alltag im kleinen Camper sind keinesfalls immer einfach. Hin und wieder hat es heftig geknallt! Trotzdem wollen wir keinen Moment unserer Reise vergessen. Wer zu viert sieben Wochen im Campervan aushält, der schafft es auch den Rest des Lebens.
WW: Da stimmen wir aus ganzem Herzen zu. Was fandet ihr denn am schwierigsten?
Ulrike: Genervt hat uns vor allem das schlechte Wetter im Sommer 2011/12 – die Aussagen der Kiwis schwankten zwischen „schlechtester Sommer seit 50 Jahren“ und „seit 100 Jahren“. Wir konnten dem schlimmsten Regen aber durch permanente Beobachtung des Wetterberichts ganz gut aus dem Weg gehen.
Wesentlich anstrengender als erwartet war das ständige Umbauen des Campervans, wir haben doch einige Tage gebraucht, um unseren Rhythmus zu finden und bis jedes Ding seinen Platz hatte. Und beinahe hätte ich kein passendes Hochzeitskleid gefunden – ich wollte einfach ein Sommerkleid kaufen, in Auckland war aber Herbst und das Angebot ließ sehr zu wünschen übrig. Diese Last-Minute-Einkaufsaktion hat uns echt Nerven gekostet.
Und schließlich waren wir auch etwas schockiert, wie schnell sich die Kiwi-Dollars verflüchtigten … Unser geplantes Tagesbudget konnten wir nur an sehr wenigen Tagen einhalten.
WW: Oje, es hat also nicht gereicht?
Ulrike: Den einfachen Reisestil, den man zum Beispiel aus Thailand und Indonesien kennt, konnten wir in Neuseeland nicht durchhalten, hier ist es einfach teurer als in Südostasien. Wir hatten aber zum Glück eine „eiserne Reserve“, die wir anzapfen konnten. In den anderthalb Jahren vorher haben wir eisern gespart, das hieß: Verzicht auf Essen gehen, Kino, Feiern, neue Klamotten etc. Das war nicht schön, hat sich aber gelohnt.
WW: Euer Campervan war ein eher kleines Modell – wie seid ihr damit zurechtgekommen?
Ulrike: Der Campervan war ein Jucy Condo und entspricht in der Bauart den kleineren Campervans von Apollo und Britz, die alle auf dem Toyota Hiace basieren. Es war zwar eng, aber für uns gerade so ausreichend: Der wenige Bodenraum war komplett mit Taschen, Rucksäcken, Buggy etc. vollgestellt. Nachts hatte Greta die obere „Etage“ für sich, wir haben mit dem Baby unten geschlafen, was auf ca. 1,35 m Breite nicht immer ein Vergnügen war.
Wenn es uns zu eng wurde oder das Wetter für mehrere Tage schlecht werden sollte, haben wir uns ein Bed & Breakfast, ein Zimmer in einem Hostel oder auch mal eine Cabin auf einem Campingplatz gegönnt, damit die Mäuse sich austoben können.
Der Nachteil: Weil die Kinder auf zwei Einzelsitzen hinten gesessen haben, war der Abstand zwischen uns und den Kids während der Fahrt relativ groß; wenn mal ein größeres Problem auftrat, mussten wir anhalten, sonst konnten wir rein gar nichts ausrichten.
Der Vorteil war aber unschlagbar: Mit einem größeren Wohnmobil hätten wir viele enge Gravel Roads zu den schönsten Plätzen, wie der Jackson Bay auf Coromandel, gar nicht erreichen können. Preislich war der Jucy sowieso unschlagbar; wir haben ihn für etwas mehr als die Hälfte der großen Anbieter über Meiers Weltreisen gebucht, mit All-inclusive-Versicherungsschutz ohne Kaution, dafür mit freier Fährüberfahrt.
WW: Wir haben ja bereits mit erfahrenen Rucksackreisenden gesprochen, die von Neuseeland dann enttäuscht waren. Euch ging es offenbar nicht so?
Ulrike: Unsere Erwartungen hatten sich sowieso in Grenzen gehalten – auf unseren bisherigen Reisen haben wir gelernt, dass man offener und entspannter ist, wenn man sich vorher nicht allzu viele Gedanken macht. Wir lassen lieber alles auf uns zukommen. Unsere einzige Erwartung war eine schöne und unvergessliche Auszeit vom stressigen Alltag, nur für uns vier. Das hat geklappt.
WW: Wie habt ihr euch auf die lange Reise vorbereitet?
Ulrike: Die Flugtickets und der Campervan wurden frühzeitig gebucht (bei der Recherche nach dem günstigsten Angebot haben uns die Weltwunderer-Tipps übrigens sehr geholfen – vielen Dank!). Ansonsten waren wir ganz entspannt, es gab keine vorher festgelegte Route, diese hat sich erst unterwegs entwickelt.
WW: Wo ging es denn lang?
Ulrike: Von Christchurch fuhren wir zur Banks Peninsula und wieder zurück zum Lake Tekapo und zum Mount Cook. Von da aus über die Moeraki Boulders hinunter zur Otago Peninsula. Nach einem Abstecher in die Catlins fuhren wir in Richtung Fiordland zum Milford Sound, dann weiter nach Queenstown und Wanaka. Als nächstes an die West Coast, hinauf in die herrliche Golden Bay.
Nach dem Abel Tasman National Park und den Marlborough Sounds setzten wir von Picton nach Wellington über. Von da aus tingelten wir über Wanganui und den Egmont National Park zum Tongariro National Park. Natürlich schauten wir uns auch Rotorua und Matamata an.
Von der Coromandel Peninsula ging es nach Norden über die Bay of Islands bis zur Doubtless Bay und der Maitai Bay. Auf der Westseite der Nordinsel fuhren wir schließlich am Waipoua Kauri Forest vorbei an den schwarzen Stränden von Muriwai , Piha und Karekare Beach entlang zurück nach Auckland.
WW: Und wo war es am schönsten?
Ulrike: Unsere Top-Ten-Liste:
- Otago Peninsula (hier gibt es übrigens das weltbeste Bed and Breakfast: „Callies B&B“)
- Mount Cook
- die Catlins
- Wharariki Beach
- Auckland
- Maitai Beach
- Coromandel, Jackson Bay
- Milford Sound
- Muriwai Beach
- Bay of Islands
NZ Top Ten Ulrike auf einer größeren Karte anzeigen
WW: Und was fanden eure Kinder am schönsten?
Ulrike: Selma hat sich bislang nicht geäußert, wir vermuten aber, dass sie es sehr genossen hat, Mama und Papa und Schwester immer um sich zu haben. Greta fand es nach eigenem Bekunden generell „schön“, unterwegs schien sie allerdings von der Landschaft eher gelangweilt. Dafür war sie voll in ihrem Element, wenn wir „wildlife gewatcht“ haben.
Ihre eindeutigen Favoriten waren die Seelöwen auf der Otago Peninsula, die Robbenbabies am Wharariki Beach, die Pinguine auf der Otago Peninsula und in den Catlins und schließlich die Delfine, die wir in Akaroa, in der Curio Bay und noch einmal in der Bay of Islands gesehen haben.
WW: Ihr wart auch in Matamata – wie war euer Eindruck vom neuen Hobbit-Set?
Ulrike: Anfangs waren wir begeistert. Es ist ja wirklich allerliebst: die kleinen Hobbithöhlen, die perfekten Minigärtchen, der Festbaum … Rückblickend muss ich aber doch sagen, dass hier das Preis-Leistungsverhältnis mal wieder nicht stimmte. 66 NZ$ pro Person für eine Stunde sind schon hart.
WW: Habt ihr als Herr-der-Ringe-Fans noch andere Drehorte besucht? Viele sind ja gut zu finden und frei zugänglich.
Ulrike: Nachdem wir ein paar Drehorte wie Rohan so im Vorbeigehen mitgenommen haben, die auf unserer Karte verzeichnet waren, haben wir uns irgendwann nicht mehr allzu sehr bemüht, die genauen Stellen zu finden. Irgendwann hatte ich den Eindruck, in Neuseeland sieht sowieso alles nach Herr der Ringe aus, die Landschaft an sich war so schön und vielfältig, dass mir der Film nicht mehr wichtig war.
Die wirklichen Drehorte hätte ich mitunter gar nicht wieder erkannt, da wird dann wohl doch noch im Film reichlich nachbearbeitet.
WW: Seid ihr im Rückblick zufrieden mit eurer Route?
Ulrike: Wir würden die Reise auf jeden Fall wieder machen, beim nächsten Mal würden wir unseren Schwerpunkt aber mehr auf die Südinsel legen. Dessen ungeachtet waren und sind wir jedoch auch von Auckland begeistert!
WW: Und was würdet ihr im Rückblick zum Reisen in der Elternzeit sagen?
Ulrike: Als wir erfuhren, dass Selma unterwegs war, wollten wir gleich die Elternzeit nutzen, um unseren langgehegten Traum zu erfüllen. Es ist einfach die optimale Möglichkeit für eine längere Auszeit.
Das Prozedere ist vollkommen unproblematisch, man muss nicht etwa wie bei Arbeitslosigkeit die Elterngeldstelle informieren, wenn man länger verreisen will. Entsprechend haben wir auch viele deutsche Familien mit Baby in Neuseeland getroffen… Das Problem hatte eher unsere Große: Es waren nämlich kaum Kinder in ihrem Alter unterwegs, denn für die gibt es ja keine Elternzeit mehr.
WW: Eure ältere Tochter ging schon zur Schule, als ihr nach Neuseeland gefahren seid – klär uns doch mal auf, wie das möglich war?
Ulrike: Wir brauchten eine Schulbefreiung für Greta, aber das erledigte sich erfreulich schnell, dank sehr netter Lehrerin und entsprechendem Empfehlungsschreiben an das Schulamt.
WW: Das geben wir auf jeden Fall mal als Tipp weiter – einfach mal bei der Schule nachfragen, bevor man seine Reisepläne auf Eis legt… hat sich denn die Reise für eure Familie gelohnt?
Ulrike: Na klar, durch die Kinder nimmt man alle Erlebnisse intensiver wahr. Unsere Kids verfügen über eine Begeisterungsfähigkeit, die wir Erwachsenen oft nicht mehr haben, die jedoch zum Glück ansteckend ist.
Wir konnten schon in Südostasien Erfahrungen mit dem Reisen mit Kind machen. Bereits dort haben wir festgestellt, dass man so wesentlich leichter und intensiver mit anderen Reisenden und Einheimischen in Kontakt kommt. Als wir durch Neuseeland gereist sind, haben wir allerdings etwas Neues gelernt: Reisen mit einem Kind ist „pillepalle“ – mit zwei Kindern wird es harte Arbeit, besonders wenn ein Baby dabei ist. Dann ist es umso schwieriger, die Bedürfnisse des größeren Kindes nicht aus den Augen zu verlieren.
WW: Klingt nach Arbeit!?
Ulrike: Im heimischen Alltag verliert man viel zu schnell den Kontakt zum Kind, schließlich sieht man sich im Normalfall morgens und abends, den Rest des Tages verbringt man getrennt. In den drei Monaten „Vollkontakt“ mussten wir uns erst einmal neu kennenlernen.
Unser Baby hat sich als optimales Reisebaby erwiesen, sie war vollkommen zufrieden, wenn sie in der Natur sitzen und „Bodenproben“ kosten durfte. Um die Große mussten wir uns ein bisschen mehr kümmern: Mitunter war es schwierig, ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Der Kontakt zu gleichaltrigen Kindern hat ihr zum Beispiel gefehlt. Da half es, wenn sie E-Mails an ihre Freundin oder die Klassenkameraden schreiben konnte.
WW: Nanu – die Kiwi-Kinder sind doch so offen und freundlich?!
Ulrike: Ja, das sind sie. Aber ab einem gewissen Alter kommt die Sprachbarriere doch ins Spiel. Kleinere Kinder haben kein Problem, nonverbal miteinander zu kommunizieren, im Schulalter wird das schwieriger. Meistens ließ das Interesse der kleinen Kiwis schnell nach, als sie merkten, dass Greta nicht so gut Englisch sprach. Erst in der Südsee fing Greta auf einmal an, sich auf Englisch zu unterhalten!
Außerdem spielt der Zeitfaktor eine große Rolle: Wenn man nur eine Nacht vor Ort ist, allerhöchstens mal zwei, wird es schwierig, Freundschaften zu knüpfen.
WW: Gut zu wissen! Habt ihr noch mehr Tipps für andere Eltern, die so viel Familienzeit riskieren wollen?
Ulrike: Ach, wir würden ihnen einfach raten: Fliegt los, das Reisen in Neuseeland ist wunderbar einfach! Man sollte natürlich seinen Reisealltag an die Zwerge anpassen, zum Beispiel sind wir wesentlich kürzere Tagesetappen gefahren. Spätestens 18 Uhr wollten wir den nächsten Zeltplatz erreichen, damit das Family Business ohne unnötigen Stress abgewickelt werden konnte.
Da hieß es natürlich, während des jeweiligen Tagesprogramms stets die Uhr und die noch zu fahrende Strecke im Auge zu behalten bzw. spontan eine vorzeitige Zwischenübernachtung einzulegen.
WW: Und wie geht es weiter mit euch und euren Reiseplänen?
Ulrike: Unser nächstes Reiseziel steht noch nicht fest, wir schwanken zwischen Galapagos, Malaysia, … In Neuseeland sind wir seit unserer großen Reise leider sozusagen unglücklich verliebt. Wir haben sehr intensiv übers Auswandern nachgedacht, mussten letztlich aber doch einsehen, dass deutsche Juristen nicht die besten Jobchancen in Neuseeland haben dürften.
Wir hoffen sehr, dass wir unsere Kiwi-Trauzeugen in Neuseeland bald einmal besuchen können! Spätestens zur Silbernen Hochzeit…
WW: Dann drücken wir euch ganz fest die Daumen – und danken euch für das romantische Interview!
Die Fotos im Interview stammen natürlich alle von Rolf und Ulrike.
- Wellington mit Kindern: die besten Tipps für 1, 2 oder mehr Tage - 21. Dezember 2024
- Neuseeland mit Kind Karte: mehr als 450 Tipps für Familien auf Google Maps! - 25. Oktober 2024
- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
[…] nutzen – hier im Weltwunderer-Blog haben zum Beispiel Katja und Ronald und auch Ulrike und Rolf von ihrer Elternzeit-Reise erzählt. Der Klassiker “Abenteuer Elternzeit” von Inka […]
hallöchen,
fotos sind jetzt hier zu finden : http://www.siwula.de
gruß aus pdm!