Jedes Kind in Dresden kennt die traurige Geschichte von der Gräfin Cosel. Denn jedes Kind war schon einmal auf der Burg Stolpen – einem der spannendsten Ausflugsziele rund um Dresden, wenn man den Kleinen Regionalgeschichte nahebringen will. Auch für Erwachsene ist die Burg Stolpen als Halbtagesausflug von Dresden aus sehr zu empfehlen!
Die Burg Stolpen ist nur einen Katzensprung von Dresden entfernt: 27 km, um genau zu sein. Für uns ist sie seit jeher ein beliebtes Ausflugsziel – genau wie für viele andere Dresdner Familien. Das beginnt schon mit dem märchenhaften Anblick der Burg, die enorm kitschig auf einem Berg mitten aus den umgebenden weiten Feldern aufragt.
Und wer kann schon dem wohligen Grusel einer echten Folterkammer widerstehen oder kein Mitleid empfinden beim Gedanken an die arme eingesperrte Königstochter im Rapunzelturm? Am Ende des Rundgangs können dann auch die Erwachsenen ihr Schaudern nicht unterdrücken, wenn sie in den finsteren Kellergängen der Burg Stolpen ein Stöhnen und Ächzen hören – Burggeist Basaltus dreht hier regelmäßig seine Runden und sein irres Kichern dringt durch den Burgbrunnen bis auf den Burghof hinauf.
Nehmt dazu eine wundervolle Aussicht von den Burgzinnen über das Umland, ein sehr hübsches Sommercafé im Burghof und eine wirklich hübsche kleine Altstadt zu Füßen der Burgmauern, und ihr habt einen sehr schönen Halbtagesausflug von Dresden.
Inhalt
Burg Stolpen: hart wie Basalt
Das erste, was man von der Burg Stolpen erblickt, ist ihr imposantes Fundament. Die Festungsruine steht auf einem echten (allerdings seit langem erloschenen) Vulkan. Dessen Magma erstarrte vor 25 Millionen Jahren zu tiefschwarzen, beeindruckend regelmäßig geformten sechseckigen Säulen. Das wie absichtlich zurechtgehauen aussehende Gestein gab Stolpen seinen Namen („stolp“ ist Sorbisch und heißt Säule). Andersherum bekam der Basalt hier in Stolpen vom Montanwissenschaftler Agricola 1546 seinen Namen verliehen, er ist damit sozusagen „Benchmark“ für alle Basaltgesteine auf der Welt.
Der Basalt in Stolpen türmt sich 357 Meter hoch und ist hart wie Granit. Entsprechend war es zwar eine gute Idee, die Burg Stolpen auf dem quasi uneinnehmbaren Berg zu errichten. Andererseits stellte es für die Wasserversorgung der Burgbewohner von Anfang an ein veritables Problem dar. Der Blick in den 87 Meter tiefen Brunnen zeigt: Die Bergleute aus Freiberg haben es trotzdem geschafft und in 22 Jahren Bauzeit den tiefsten Basaltbrunnen der Welt angelegt.
Dass der Bau immens teuer war und das Wasser nur mit hohem Aufwand hochgezogen werden konnte – geschenkt. In den meisten Jahren ihrer Nutzung wurde das Wasser denn auch mittels einer clever angelegten Wasserleitung vom Fuße des Burgbergs hinaufgepumpt; die hölzernen Überreste dieser “Wasserkunst” kann man heute noch am Außenrand der Burgmauer erkennen.
Die wechselhafte Burggeschichte von Stolpen
Schon im 12. Jahrhundert stand hier oben auf dem Berg eine Burg. Kein Wunder: Die Lage an der Kreuzung einiger Fernhandelswege, uneinnehmbar auf dem Berg, war ideal. Für die Bischöfe von Meißen, damals die mächtigsten Herren in der Gegend, bewies die Burg ihren Wert, als sie einer achtwöchigen Belagerung durch die Hussiten standhielt. Zwischendurch brannte sie immer wieder einmal ab, denn natürlich erwies es sich auch als schwierig, rechtzeitig genug Löschwasser hier hinaufzubringen.
Die heute ältesten Türme der Burg, der trutzige Schösserturm und der schlanke Johannisturm, wurden im 15. Jahrhundert errichtet. Wenig später kam der sächsische Kurfürst August von Sachsen daher, nahm den Bischöfen von Meißen die Festung weg und baute sie zu einem “richtigen” Schloss aus. Von dem ist heute leider nicht mehr allzu viel zu erkennen…
Es würde zu weit führen, die gesamte wechselhafte Geschichte der Burg Stolpen hier aufzuführen – schließlich sind wir kein Geschichtsblog und ihr könnt alles, was ihr wissen wollt, direkt in der Burg lernen. Kurz zusammengefasst, waren die Geschicke der Burg Stolpen, die dem Dreißigjährigen Krieg, mehreren Bränden und dem Krieg gegen Napoleon standhielt, äußerst wechselhaft.
Spuren aus allen Epochen kann man heute in den noch erhaltenen Gebäuden entdecken. Einige wurden und werden noch restauriert, bei anderen bleibt es der eigenen Vorstellungskraft überlassen: Auf dem heute offenen Burghof rund um den sagenhaften Brunnen etwa drängten sich einmal dicht an dicht Wirtschaftsgebäude und Wehrgänge, Ställe und prachtvoll ausgestattete Wohnhäuser – alle aus Holz gebaut und daher nicht mehr erhalten. Die hölzerne Zugbrücke verbrannte im Siebenjährigen Krieg, die hölzerne Wasserkunst zerstörten später die Franzosen. Die gemauerten Wehrgänge schließlich wurden Anfang des 19. Jahrhunderts gesprengt und abgetragen.
Nur die Festung selbst, gebaut aus dem superharten Basalt, hielt sich: die Türme mit den darunterliegenden Verliesen, die Eingangsportale und die Burgmauern, von denen man hinab in die Gassen des hübsch restaurierten Städtchens Stolpen und weit über das umgebende Land blickt.
Bei Familien sehr beliebt ist die gut ausgestattete Folterkammer aus dem Mittelalter, die gleich gegenüber dem Ticket-Büro in der Burgmauer liegt, versteckt hinter einer Sammlung von Feuerwehr-Wagen. Hier warten nicht nur gut gefüllte Vitrinen mit Folterwerkzeugen, sondern auch eine Streckbank und eine Eiserne Jungfrau zum Ausprobieren. Aua! Kleineren Kindern sollte man die Funktionen der einzelnen Folterwerkzeuge aber besser nicht zu genau beschreiben.
Wohliges Gruseln könnt ihr auch im Nacken spüren, wenn ihr in das winzige Verlies hinabsteigt, in dem Gefangene damals zum Sterben zurückgelassen wurden…
Burg-Highlight: der Turm der Gräfin Cosel
Das Highlight der Burgruine ist der Johannisturm, im Volksmund: Coselturm. Hier sind in einem kleinen Museum die Wohnräume der Reichsgräfin Anna Constantia von Cosel nachgestellt. Diese edle und gebildete Dame verbrachte sagenhafte 49 Jahre auf der Burg Stolpen, bis sie mit 84 Jahren einsam und verlassen starb. Rechnet euch mal aus, wie alt sie war, als sie hierhergebracht wurde…
Wie hatte die schöne Hofdame ihren Liebhaber, den berühmt-berüchtigten Kurfürst August den Starken, so verärgern können, dass er sie lebenslang wegsperrte? Nach allem, was man hört, war sie einfach zu ambitioniert geworden und hatte sich mehr als schicklich in die Staatsgeschäfte des Kurfürstentums eingemischt.
Das hatte man halt davon, wenn man als Frau im 18. Jahrhundert mehrere Sprachen und die Mathematik beherrschte, im Herrensattel auf die Jagd ging und Pfeife rauchte. Dabei war der mächtige Kurfürst von der eigensinnigen Anna zuerst verzaubert gewesen: Obwohl sie es ablehnte, seine Mätresse zu werden, schenkte er ihr Schmuck und Schätze, Paläste und Schlösser rund um Dresden (die er ihr später wieder wegnahm). Er machte die Tochter eines Herzogs sogar zur Reichsgräfin und sicherte ihr schriftlich zu, dass er sie nach dem Tod seiner Frau heiraten und ihre Kinder als Erben anerkennen würde. (Letzteres tat er auch und kümmerte sich vorbildlich um alle drei.)
Dieses heiße Dokument wurde der Gräfin Cosel schließlich zum Verhängnis: August hatte sie zunächst nur vom Dresdner Hof verbannt und ihr befohlen, fortan auf ihrem Schloss Pillnitz zu leben. Sie setzte sich über das Verdikt hinweg und reiste heimlich nach Berlin, um den dort hinterlegten Ehevertrag an sich zu nehmen und auf ihre Rechte zu pochen. Da es politisch sehr peinlich geworden wäre, wenn dieser Vertrag des Kurfürsten bekannt geworden wäre, hatte er keine Wahl, als die flüchtige Mätresse vom preußischen König verhaften zu lassen. Am Weihnachtsabend 1716 wurde die Gräfin Cosel auf der Burg Stolpen eingesperrt – da war sie 36, ihr jüngster Sohn war gerade drei Jahre alt.
Liebe Kinder! Wenn euch das nächste Mal vor Langeweile die Decke auf den Kopf fällt und euch der Daumen schmerzt vom Scrollen durch den Instagram-Feed: Denkt an die Gräfin Cosel, die 49 Jahre in einem kleinen Turmzimmer totschlagen musste, nur mit ein paar Büchern, Briefpapier und einem schönen Fernblick!
Die Gräfin wäre sicher überrascht gewesen, wenn sie erfahren hätte, welchen Ruhm sie heute als tragische Heldin genießt. Obwohl kaum jemand ihre genaue Geschichte kennt (sie war sicherlich nicht unschuldig an ihrer Misere), gilt sie heute als Powerfrau und Gesicht des sächsischen Barocks. Ihr könnt bei Gelegenheit mit einem Cosel-Sekt aus der Kelterei von Schloss Wackerbarth auf sie anstoßen.
Burg-Finale: Burggeist Basaltus
Verlasst die Burg Stolpen nicht, ohne eine Runde durch ihre ausgedehnten Kellergewölbe gedreht zu haben!! Am Rand des Burghofs, gleich neben dem hübschen Café, führt eine steile Treppe hinab ins “Lapidarium” – dort lagern große Steinteile, die von den Burgmauern und den Verzierungen der Burgkapelle übrig geblieben sind. Eine weitere Ausstellung dort unten dreht sich um das Basaltgestein und die Schwierigkeiten seiner Bearbeitung.
Und wenn ihr dann weiter durch die engen Gänge streift, die sich wie ein Labyrinth verzweigen, hört ihr vielleicht schon ein schauriges Kichern… Was ist das?? Es ist natürlich der Burggeist, ohne den eine Burg nicht echt wäre. Basaltus streift schon seit 20 Jahren durch die Burg Stolpen und hat unsere Kinder bis ins Mark erschreckt – dabei sieht er eigentlich sehr niedlich aus, wenn man sich traut und hinschaut.
Für alle Wagemutigen: Folgt den Kellergängen so weit, dass ihr ungefähr unter dem Burgturm am westlichen Ende der Burg seid. Dort gibt es irgendwo einen komplett finsteren Gang, der in einer Sackgasse an einem Gitter endet – neben dem ein kleiner Kasten hängt, in den ihr ein 10-Cent-Stück einwerft. Und dann geht der Spuk los…
Kleine Kinder können sich hier mörderisch erschrecken, also seid behutsam! Und selbst wenn ihr dann die Flucht ergriffen und die Treppen ins Freie gestürmt seid – das irre Kichern von Basaltus wird euch verfolgen, denn es dringt aus dem tiefen Brunnen auf dem Burghof hinauf. Muaaahahaha…
Infos zur Burg Stolpen
Adresse: im Ortskern von Stolpen, parken entweder ganz nah auf dem Marktplatz unterhalb der Burg (Zufahrt über Dresdner Straße) oder offiziell auf dem Parkplatz Stolpen an der Schützenhausstraße/Birkenweg (mit E-Ladestation); aus Dresden fährt der Bus 261 ab Hauptbahnhof ca. 30 Minuten nach Stolpen.
Öffnungszeiten: Burggelände und Museen (Dauerausstellungen in der Folterkammer, im Coselturm und im Burgkeller) tgl. 10-18 Uhr, geschlossen am 24./25./31. Dezember und natürlich im Corona-Lockdown – dann ist auch das Burggelände nicht zugänglich, weil das Burgtor verschlossen ist :-(
Eintritt: 7 Euro/Erwachsene, 5,50 Euro/ermäßigt, 1 Euro/Kinder 6 bis 16 Jahre
Infos und Kontakt: über die Burg Stolpen Website
Restaurant-Tipp: Wenn das kleine Café im Burghof euch nicht genügt, findet ihr direkt vor dem Burgtor im Burghotel Stolpen ein überraschend nettes, leckeres und preiswertes Restaurant mit reichlich Platz für herumtobende Kinder.
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-> Von Stolpen ist es nicht weit bis Hohnstein, wo eine weitere schöne Burg und eine abenteuerliche Wanderung in der Sächsischen Schweiz locken!
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