! Aktualisiert am 30. April 2021
Ihr wollt eine praktische Liste haben, welche Must sees in Neuseeland ihr unbedingt sehen müsst – und dazu ein paar Neuseeland-Geheimtipps, die niemand kennt? So funktioniert das nicht, liebe Neuseeland-Reisende.
Es nervt mich schon ein wenig: Ständig lese ich im Internet Fragen nach den Must sees in Neuseeland (stehen in jedem Reiseführer, schaut einfach dort nach) und nach den ultimativen Neuseeland-Geheimtipps (wenn es wirklich welche sind, werdet ihr davon nicht im Internet lesen).
Ich bemerke außerdem eine weitere Tendenz bei Neuseeland-Reisenden: Man möchte gern alles auf dem Silbertablett serviert haben, am besten mit genauen GPS-Daten und Vorschau-Fotos. Selbst mal googeln oder gar das Risiko eingehen und einfach hinfahren und schauen, wie es vor Ort aussieht? Pöh.
Hat man sich dann bequem vom Reiseführer, der Facebook-Gruppe und/oder den Tipps auf TripAdvisor hinführen lassen, gibt man sich enttäuscht: Da waren ja noch andere Menschen! Es kostete Eintritt! Man musste elend weit laufen bis zu dem einen Punkt, der genauso aussah wie auf dem Instagram-Foto…
Ihr Lieben – so geht das nicht. Wir Weltwunderer wollen euch Mut machen, selbstbestimmt, entspannt und mit offenen Augen durch Neuseeland zu reisen.
Ihr sollt dabei keine Listen mit den “10 Must Sees in Neuseeland, die man auf keinen Fall verpassen darf” abhaken – das stresst nämlich nur. Und was habt ihr davon, wenn ihr am Ende all die Schnappschüsse gemacht habt, die jeder andere Neuseeland-Urlauber auch mitgebracht hat?
Ihr sollt auch nicht glauben, dass die “10 ultimativen Geheimtipps für Neuseeland”, die ihr online oder in einem Reiseführer gefunden habt, wirklich noch geheim sind – das führt unweigerlich zu Enttäuschungen.
Zu einer rundum schönen Neuseeland-Reise gehört wesentlich mehr als eine Liste mit den besten Tipps. Wir wollen euch hier helfen, ein paar grundlegende Fehler zu vermeiden, die heute offenbar immer mehr Reisende machen.
Dann klappt’s auch mit der perfekten Neuseeland-Reise.
Inhalt
Tipp Nummer 1: Lasst die Listen weg!
Diesen Fehler machen vor allem die Leser unseres Blogs – Eltern mit kleinen Kindern oder auch Best-Ager, die lange auf ihre Neuseeland-Reise gewartet haben.
Hand aufs Herz, kommt euch das bekannt vor? Auf die große Neuseeland-Reise will man sich so exakt wie möglich vorbereiten, nichts wird dem Zufall überlassen. Da werden monatelang Campervan-Modelle verglichen, Bewertungen gelesen und Angebote eingeholt (am Ende ist man dann doch enttäuscht, weil man ein Pannenmodell erwischt hat…).
Nach schönen und kostenlosen Stellplätzen fragt man Monate im Voraus die Facebook-Community aus. Reiserouten werden aufgestellt und verglichen, jeder Kilometer Strecke wird recherchiert. Welche Windeln könnten dem Baby passen? Ist der aktuelle Lieblingsbrei in neuseeländischen Supermärkten vorrätig, und was kostet er?
Jede und jeder wird auf Facebook, Instagram und am Spielplatzrand nach den besten Insidertipps für Neuseeland gefragt. (Auch wenn der- oder diejenige nur ein paar Wochen dort war und ziemlich sicher auch nur die Reiseführer-Empfehlungen abgeklappert hat.)
Was bleibt dann noch, wenn ihr in Neuseeland seid? Ihr verbringt den Tag damit, eure vorgeschriebenen Must-See-Listen abzuhaken. Denn all die tollen Tipps, die ihr bekommen habt, müsst ihr jetzt auch anschauen – und sei es nur, um zu Hause bestätigen zu können, dass ihr auch bei Ferg Burger, am Wanaka Tree oder bei der Maori-Show wart.
Für spontane Entdeckungen – und sei es nur die, dass euer Baby auch Brei mit Reis statt Getreide verträgt – bleibt da kaum Gelegenheit. Überraschen kann euch bei eurer Tiptop-Vorbereitung nichts mehr, auch nichts Positives.
Eure Neuseeland-Reise wird zum ganz normalen Urlaub, in dem ihr komplett ohne Abenteuer von Punkt A zu Punkt B reist.
Es kommt aber noch schlimmer: Man kann sich ja heutzutage jedes Reiseziel schon vorher anschauen – auf Instagram, auf Google Streetview, auf YouTube. Das macht ihr vorher auch, gründlich. Und wisst schon genau, wo ihr hinmüsst und wie es dort aussieht, bevor ihr überhaupt vor Ort wart. Die Chance auf Überraschungen schrumpft auf Null – und eure Neuseeland-Reise wird noch ein Stück langweiliger.
(Es sei denn natürlich, vor Ort sieht es anders aus als recherchiert. Vor allem nicht ganz so hochglanzmäßig, weil: Realität. Dann ist die Überraschung negativ – und so entstehen all die Mecker-Posts im Internet, in denen sich Leute über die abwegigsten Kleinigkeiten aufregen, von Schmutzflecken an der Campervan-Gardine bis zum Kellner, der keinen guten Tag hatte.)
Unser Rat: Bleibt locker. Vor allem, wenn ihr mit Baby nach Neuseeland reist. Die allermeisten Dinge regeln sich vor Ort von selbst, ihr könnt nicht alle Eventualitäten vorhersehen. Über eure eigenen Entdeckungen werdet ihr euch viel mehr freuen als über die brav abgehakten Punkte auf eurer To-do-Liste. Und am Ende eurer Reise könnt ihr richtig stolz darauf sein, was ihr und eure Kinder geschafft habt.
Ach ja, und hört sofort auf mit der Routenplanung per Google Streetview!!
Tipp Nummer 2: Lasst euch Zeit!
Wir merken es ja selbst immer wieder: Wer durch ein Land hetzt und eine vorgefasste Route abarbeitet, eine Liste mit “Must sees” abhakt und jeden Tag vollstopft mit neuen Eindrücken, der wird schnell reisemüde – und sammelt kaum echte, bleibende Erinnerungen. Die entstehen nämlich nicht nur durch bloßes Anschauen – man muss eine Situation auch in sich aufnehmen können, vor Ort etwas erleben, schöne Gefühle mit dem Gesehenen verbinden. Das klappt nicht, wenn man eben mal für 20 Minuten aus dem Auto springt und ein Erinnerungs-Selfie macht.
Es ist verrückt: Niemand kommt auf die Idee, in den Sommerferien durch ganz Frankreich zu fahren und alle lachen über die Asiaten, die “Europa in 14 Tagen” abhaken. In Neuseeland, das immerhin 6.000 km lang ist, wollen aber alle Reisenden möglichst alle Must sees sehen – auch wenn sie dafür nur drei Wochen Zeit haben.
Eigentlich logisch, dass man in diesem Tempo keine richtigen Erlebnisse haben kann. Von Neuseeland erzählen heißt heute für viele nur noch: alle Punkte vergleichen, die man selbst “abgehakt” hat, und hoffen, dass es mehr sind als bei anderen Reisenden.
Lässt das Adrenalin von diesem irren Reisetempo dann nach, fühlt man sich oft irgendwie ernüchtert – und das war es jetzt? Was man in Neuseeland erlebt hat, sieht man erst richtig auf den Fotos. Kurze Eindrücke, Bilder ohne Hintergrund, schnell verblassende Erinnerungen.
“Wo war das nochmal, wo wir diese dampfenden Schwefelquellen gesehen haben? Wie hat dieser krasse Fergburger eigentlich geschmeckt? Dort an dem Strand wären wir sooo gern länger geblieben, aber wir hatten ja am nächsten Tag das Shuttle zum Tongariro Crossing gebucht…”
Eine Liste der 20 tollsten Neuseeland Must Sees könnt ihr ohne Probleme abhaken, wenn euch so etwas befriedigt. Eine tolle Reise mit einzigartigen Erlebnissen bekommt ihr mit dieser Einstellung aber nicht.
Unser Rat: Begrabt die Idee, ihr könntet ganz Neuseeland sehen – egal, wie viel Zeit ihr mitbringt. Seid unterwegs offen für Entdeckungen am Wegrand, bucht nichts vor, bleibt spontan. Die Fotos von den Neuseeland Must Sees könnt ihr euch doch zigmal im Internet anschauen – entdeckt euer eigenes Neuseeland!
Einige Neuseeland Must Sees, auf die ihr (in der Hauptsaison) verzichten könnt
- Cape Reinga und Ninety Mile Beach
- Waitomo Glow-worm Caves
- Cathedral Cove und Hot Water Beach
- Huka Falls
- Tongariro Alpine Crossing
- Split Apple Rock im Abel Tasman National Park
- Church of the Good Shepherd
- Franz Josef Glacier
- Queenstown
- Roys Peak bei Wanaka
- Milford Sound
- Slope Point (der südlichste Punkt Neuseelands ist einfach ziemlich dröge)
Tipp Nummer 3: Fragt nicht nach Geheimtipps
Neuseeland bereisen wie alle anderen, das sollen mal schön alle anderen machen. Ihr wollt “das echte Neuseeland” erleben: die ultimativen Geheimtipps sehen! Dafür habt ihr euch schließlich mehrere Pinterest-Bildchen gespeichert, auf denen genau das versprochen wird.
Hier liegt der große Fehler: Einen echten Geheimtipp werdet ihr auf keinem Blog und in keinem Reiseführer finden. Auch nicht in meinen, die euch “Neuseeland abseits der ausgetretenen Pfade” versprechen.
Die allermeisten sogenannten Geheimtipps, ich schätze mal 99 Prozent, sind gar keine. Geschätzte 95 Prozent stehen ganz normal in jedem (!) Reiseführer, der Rest lässt sich mit einer kurzen Recherche online finden.
Warum ich dann meine Reiseführer geschrieben habe und diverse Blogposts über das “echte” Neuseeland?
Es gibt einen großen Unterschied zwischen “Neuseeland abseits der Touristenströme” und “absolut unbekannte Neuseeland-Geheimtipps”. Ersteres findet ihr ziemlich schnell und einfach – wie es geht, haben wir bereits erklärt. Dieses Neuseeland ist wunderschön und lohnt auch in Zeiten der Tourismus-Schwemme jeden Besuch.
Hier findet ihr – vielleicht! – noch richtige Geheimtipps in Neuseeland
- die Gegend rund um den Hokianga Harbour im Northland
- das East Cape und die Hawke’s Bay
- die Küste nördlich von New Plymouth bis hinauf nach Kawhia
- das King Country um Piopio
- Te Urewera
- der Distrikt Manawatu-Whanganui (inklusive Forgotten World Highway)
- Wairarapa, das Hinterland von Wellington
- die Inland Kaikoura Range
- das Hinterland (!) der Golden Bay
- die nördliche Westcoast
- Central Otago rund um Alexandra
- die Catlins
- Stewart Island
Richtige Neuseeland-Geheimtipps sind etwas ganz anderes. Die könnt ihr euch nicht im Internet herunterladen oder in einem Reiseführer finden. Dann wären es nämlich keine Geheimtipps (mehr). Ihr findet sie entweder, weil euch jemand persönlich hinführt oder davon erzählt, oder ihr entdeckt sie selbst.
Und genau darum geht es: Einen Geheimtipp besitzt man, und man findet ihn so schön, dass man ihn nicht teilen will. Schon gar nicht mit Zehntausenden Leuten, die mal eben schnell vorbeischauen, ein Foto knipsen, Müll hinterlassen und danach wahrscheinlich sagen: “Och, war ja gar nicht so geil wie Milford Sound/Queenstown/der Pohutu Geysir.”
Oder die gar nicht verstehen, was an dem urigen Pub mitten im Nirgendwo, der kleinen Bucht mit den Felsen oder dem Campingplatz am See so toll sein soll. Weil sie die Entdeckerfreude, die Überraschung am Ende eines unbekannten Weges oder die Herzlichkeit der netten Leute, die an dem Tag am Tresen saßen, nicht gespürt haben.
Wer sich keine Zeit nimmt für echte Erlebnisse, um Menschen kennenzulernen oder eben auch Orte, der wird von Neuseeland nicht viel mehr mitnehmen als Schnappschüsse – wahrscheinlich dieselben, die alle anderen auch mitbringen.
Unser Rat: Findet eure eigenen Geheimtipps in Neuseeland – und behaltet sie für euch! Von den anderen Entdeckungen könnt ihr hier gern erzählen. Das tun wir selbst ja auch, denn wir finden Neuseeland abseits der Touristen-Hotspots am allerschönsten.
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- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
Liebe Jenny,
vielen Dank für diesen Text und diesen Blog. Vieles darin spricht mir aus der Seele :) Wegen Corona haben sich unsere Reisepläne mit Baby leider (vorerst?) erledigt und ich kann unsere Kleine nicht all den lieben Menschen vorstellen, die ich vor einigen Jahren beim Work-and-Travel-Aufenthalt kennengelernt habe. In den insgesamt 14 Monaten habe ich mich auch über viele von Reiseführern empfohlene Orte gefreut, die schönsten Erinnerungen sind aber durch Begegnungen entstanden:) Ich denke immer noch an das Brot aus meiner Lieblingsbäckerei, das sich gut schmeckend lange hielt und zum Wandern perfekt war, an das Festival, das ich mit meiner Band bespielen durfte und die viele Straßenmusik, die wir gemacht haben, die tollen Op-Shops, die verschiedenen Chöre, die ich kennenlernen durfte, die abwechslungsreichen lunchtime concerts, folk clubs, Schwimmwettkämpfe im Meer, Tanzworkshops, Midwinter-Festivitäten, Weihnachts-Barbecue und Weihnachtsbäume auf dem Campingplatz, unspektakuläre Jahreswechsel ohne Böller, Eisenbahnfahrten, die Durchquerung des Mt Aspiring Nationalparks und uns begleitende Vögel, Regengüsse bei denen man nicht mehr fahren konnte, Erdbeben, die spontane Solidarität sichtbar machten, eine andere Arbeitskultur und phantastische Arbeitswege, die hochinteressante Flora und Fauna, die selbstverständliche Integration der Maori-Kultur in den Alltag und nicht zuletzt die verschiedensten Menschen mit Vorfahren aus allen Teilen der Welt. Wenn man sich schon auf den weiten Weg macht, ist Zeit vor Ort wirklich das A und O, um einen unvergesslichen Urlaub mit Supersonderspezialgeheimtipperlebnissen zu verbringen. Mal sehen, wann man wieder einreisen darf, bis dahin bleiben ja die Erinnerungen.
Dank und Gruß!
Ich bin echt begeistert, von der Art wie du dein Blog über Neuseeland schreibst. Du vermittelst sehr viel Positives über Neuseeland und machst Mut ein Land auf eine Art zu bereisen, wie es am meisten Freude bereitet:-). Hut ab für deine Leistung. Am Wochenende gehts los. Für 2 Monate auf Neuseeland Erkundung. Freu mich wie ein Jaulender Hund. Bin gespannt wo es uns hintreibt. Vielen Dank für die motivierende Vorfreude von Dir.
Vielen Dank, lieber Dominik – dein Lob freut mich sehr :-)
Ich kann dir da nur zu 100 Prozent recht geben. Neuseeland ist am schönsten wenn man es auf eigen Faust entdeckt und einfach dahin Fährt so einen „der Wind hinträgt“.
Auch ich habe bei meiner ersten Reise diesen Fehler gemacht und wollte unbedingt die Bekannten Highlights abhaken. Zum Glück habe ich shh CH on nach der Hälfte meiner Reise entdeckt, das dass nicht das Richtige ist. Ich bin nun gerade schon zum vierten Mal in Neuseeland und versuche mit Absicht die bekannten Hauptstraßen und Highlights weit hinter mir zu lassen. Ich kann nur sagen, wenn man sich einfach treiben lässt und auch mal mit den Locals spricht findet man die absolut schönsten Orte und Plätze!
Trotzdem habe ich mir den aktuellen Lonely Planet geholt, aber nur um sicherzustellen, dass ich an die dort beschriebenen Plätz auch ja nicht hinkomme
Danke für den tollen Beitrag!
Hihi, das ist mal ein kreativer Gebrauch eines Reiseführers! ;-)
Liebe Jenny,
das hast du toll auf den Punkt gebracht. Mit dem vorher zu viel gelesen haben, habe ich mich direkt angesprochen gefühlt. Ich gelobe Besserung. Alles andere, glaube ich, haben wir schon ganz gut hingekriegt.
Ein sehr schöner, sehr inspirierender Text. Vielen Dank dafür.
Danke für das Lob!