! Aktualisiert am 15. Juli 2021
Am vierten Advent erlebten die Gäste der Gentle Annie Campsite an der Westcoast eine Überraschung: Ein Unbekannter hatte insgesamt 7.000 NZ$ unter Scheibenwischer geklemmt oder in Zelteingängen versteckt. Nach unserem Besuch auf dieser absolut zauberhaften Campsite wundert uns dieses Weihnachtswunder von 2018 gar nicht – hier, im hintersten Winkel der Westcoast, laufen die Dinge etwas anders ab.
Den Termin für unseren Westcoast Roadtrip haben wir offensichtlich ein paar Monate zu früh gewählt – aber auch ohne Weihnachtsüberraschung haben wir uns auf der Gentle Annie Campsite und drumherum außerordentlich wohl gefühlt. So wohl, dass wir knapp davor waren, länger zu bleiben. Und das will bei einer straff geplanten Route von vier Wochen über beide Inseln etwas heißen…
Unser Fazit, das wir gleich jetzt verraten: Die Gentle Annie Campsite ist einer der schönsten Campingplätze in Neuseeland, die wir kennen – und wir kennen inzwischen eine Menge. Obwohl sie wirklich sehr weit ab vom Schuss liegt und ihr einen Umweg von mindestens 100 km fahren müsst, wenn ihr nicht ohnehin nach Karamea wollt, lautet unsere dringende Empfehlung: Fahrt hin und verbringt mindestens eine Nacht hier, am Ende aller Straßen!
Außerdem möchten wir euch am Ende dieses Beitrags noch einen absoluten Geheimtipp verraten. Ihr könntet ihn aber schon auf Google Maps erkennen, wenn ihr aufmerksam hinschaut ;-)
Inhalt
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Wo liegt die Gentle Annie Campsite?
Wenn ihr an der Westcoast der Südinsel von Greymouth nach Norden fahrt, kommt ihr zuerst nach Westport. Von dort führt der SH6 zurück ins Landesinnere und ihr gelangt über die Buller Gorge und Murchison nach Nelson an die Nordküste.
Fahrt ihr aber weiter geradeaus auf dem SH67, beginnt die “richtige” Westcoast. Nördlich von Westport sind kaum noch Touristen unterwegs. Ihr fahrt durch Nester wie Waimangaroa oder Granity, deren niedrige Holzhäuser aussehen, als wären sie seit dem Goldrausch der 1880er nicht mehr gestrichen worden. Hier haben die Menschen viel Platz zum Leben, aber kaum Geld, das sieht man deutlich.
An den Straßenrändern ragen die Reste von Kohle-Förderanlagen auf, einige sind auch noch in Betrieb. Bei Hector könnt ihr eine nette Wanderung auf den Spuren der Goldgräber auf dem Charming Creek Walkway machen, und wenn das Wetter mitspielt, ist eine Fahrt hinauf in die Geisterstadt Denniston ein heißer Tipp – hier oben auf dem Plateau des Mount Rochefort haben bis vor 60 Jahren noch Menschen gewohnt und Steinkohle abgebaut. Inzwischen gibt es nur noch ein kleines Freiluftmuseum und traumhafte Sicht auf die nördliche Westcoast.
-> Diese beiden und noch mehr Tipps für die Westcoast findet ihr in meinem Reiseführer Neuseeland abseits der ausgetretenen Pfade: 50 Highlights auf der Südinsel* <-
Nachdem ihr das Nest Mokihinui erreicht habt (wo es direkt einen klassisch neuseeländischen Campingplatz gibt, den ihr aber links liegen lasst), macht der Highway, der sich bis jetzt eng an der schnurgeraden Küste gehalten hat, eine Kurve ins Inland.
Gleich nachdem ihr die Brücke über den Mokihinui River überquert habt, heißt es aufpassen: Statt auf dem Highway zu bleiben, biegt ihr jetzt scharf links ab auf die ziemlich rumpelige De Malmanches Road. Das große Hinweisschild zur Gentle Annie Campsite werdet ihr kaum übersehen können. Das ist die Campsite, die ihr sucht!
Die Straße führt zurück an die Küste, an der immer breiter werdenden Mündung des Mokihinui River entlang, und bringt euch direkt zum Campingplatz – Vorbeifahren ist unmöglich, denn sie endet hier.
Willkommen auf der Gentle Annie Campsite!
Dass es hier überhaupt einen Campingplatz gibt, ist einem Tornado und einer Springflut zu verdanken. Die zerstörten nämlich über Nacht die ersten zwei Business-Ideen von Ellen und Phil, die das Gelände 1976 gekauft hatten. Erst machte eine Windhose die Gewächshäuser ihrer gut laufenden Gemüsefarm platt, dann überschwemmte das Meer den beliebten Golfplatz, den Phil angelegt hatte.
Zum Glück hatte sich das Golf-Café im ehemaligen Kuhstall (eine Rinderfarm war das hier zwischendurch auch mal) zu einer lokalen Attraktion entwickelt. Das Restaurant wurde bald von festen Unterkünften ergänzt, die eingebettet in den Wald am Berghang liegen und auf die Küste blicken; und seit 2001 gibt es auch noch den Campingplatz.
Campingplatz-Rating: Was bietet die Gentle Annie Campsite?
Wer festgelegt hat, dass die Gentle Annie Campsite der drittschönste Campingplatz Neuseelands ist, wissen wir nicht. Dass sie diesen Rang innehat, wird aber überall stolz erwähnt. (Es ist auch unbekannt, wer die ersten beiden Plätze auf dem Treppchen belegt.)
Wir sind total einverstanden mit dieser Platzierung! Als wir von Jesse, dem jüngsten Sohn von Ellen und Phil, in die Feinheiten der Campsite-Etikette eingeweiht wurden, staunten wir. Auf diesem Campingplatz spielt Vertrauen die größte Rolle – und das scheint zu funktionieren.
Duschen, Waschmaschinen, Internet, ein Pizza-Ofen – all das gibt es erst einmal kostenlos für Campsite-Gäste. Von den Münzeinwurf-Automaten und latent aggressiven Warnschildern, die wir auf vielen anderen Campsites gesehen haben, ist die Atmosphäre hier weit entfernt. Stattdessen gibt es zur Begrüßung kostenlose selbstgebackene Cookies.
Gäste der Campsite werden allerdings freundlich darum gebeten, ein paar Dollar für Duschen, Waschmaschine etc. in die Kasse des Vertrauens zu werfen, wenn sie auschecken. Keine Ahnung, ob die fünf deutschen Backpacker (…), die den kompletten Abend telefonierend und am Laptop verbrachten, sich daran gehalten haben – wir haben es getan.
Für Campervans und Zelte bieten hohe Flax-Büsche einen guten Schutz vor dem frischen Westcoast-Wind. Beim Kochen in der Freiluftküche wurden wir allerdings ordentlich durchgepustet. (Fehlende Zutaten hätten wir bis 18 Uhr noch im kleinen Shop kaufen können; im Sommer hat der bis 20.30 Uhr geöffnet.) Und vorn am Strand blies uns der Wind fast in die Waagerechte.
Der langgezogene Gemeinschaftsraum, der gleichzeitig als Rezeption, Shop und Kinderspielzimmer dient, bot nach so einem Strandspaziergang in der kühlen Septembernacht mit bullerndem Kaminfeuer, gut gefüllten Bücherregalen und Goldfischteich (!?) eine echt kuschelige Atmosphäre. Weil man hier in abgetrennten Separees sitzt, kommt man sich auch nicht in die Quere, wenn es voller wird – und für Ende September und angesichts der abgeschiedenen Lage fanden wir es tatsächlich relativ voll.
Adresse: De Malmanches Road
Preis: 12 NZ$/Person, Kinder von 3-12 Jahren 6 NZ$
Ausstattung: Duschen (Spende 2 NZ$), Küche mit Herd, Toaster und Mikrowelle, Waschmaschine, BBQ und Pizzaofen, Lounge und Café
Keine Dump Station!
Für seine Lage – nur 50 Meter vom breiten, endlos langen Sandstrand entfernt, der voller Treibgut und faszinierender Muschelschalen liegt – bekommt der Gentle Annie Campground von uns volle Punktzahl. Für seinen gemütlichen Gemeinschaftsraum sollte es ebenfalls eine Auszeichnung geben.
Als Spielplatz genügte unseren Kids das große Trampolin vollkommen. Die riesigen Wiesenflächen der Campsite, zusammen mit dem breiten Strand der Flussmündung und der Küste, wurden gern genutzt zum Rennen, Rollen, Stöcke und Muscheln sammeln, Treibholz-Zelte bauen… Volle Punktzahl auch hier!
Etwas weniger begeisternd sind die Duschen und Toiletten; alles auf diesem Platz ist Marke Eigenbau und etwas … rudimentär. Das sieht zwar cool aus, ist aber halt nicht so luxuriös. Wenn ihr eher Fans der Top Ten Holiday Parks seid, dann könnte es hier lange Gesichter geben, vor allem in den doch recht einfachen Duschen. Und wenn es in der Hochsaison voll wird, dann steht man hier auch mal an.
Immerhin ist der Platz selbst riesig, Reservierungen sind selbst in der Weihnachtszeit nicht nötig. Und die vielen Gäste teilen sich dann sechs Toiletten und zwei Duschkabinen…
Things to do in Mokihinui: viele Kleinigkeiten und ein Geheimtipp
Richtige Attraktionen à la “Must-do in Neuseeland” gibt es in Mokihinui nicht; hier könnt ihr weder Jetboat fahren noch Heli fliegen. Die Neuseeländer kommen im Frühjahr wegen des begehrten Whitebait hierher. Touristen stoppen nur kurz und fahren dann weiter nach Karamea, wo der Heaphy Track beginnt und die mystischen Oparara Arches liegen.
Trotzdem wären wir gern länger in Mokihinui geblieben: am breiten Strand mit den donnernden Wellen, wo man endlos nach Treibgut suchen kann und wo bei Ebbe verrostete Schiffswracks freigelegt werden. Wo es bereits Ende September überraschend warm ist – dank eines besonderen Mikroklimas, das in Mokihinui herrscht. Wo man abends natürlich gern Feuer machen darf (im Rest Neuseelands fast überall verboten)! Wo im dichten Regenwald kleine Wasserfälle gluckern und es geheimnisvoll raschelt (meistens sind das neugierige Wekas). Und wo man nachts Glow-worms sehen kann, wie uns Jesse versicherte.
Geheimtipp!
Er gab uns außerdem noch einen Geheimtipp mit: “Bevor ihr weiterfahrt, müsst ihr unbedingt unser Labyrinth anschauen!” Das “Gentle Annie Maze” ist wirklich eine ungewöhnliche Attraktion, und wir haben lange überlegt, ob wir sie weitergeben sollen.
Auf Google Maps ist sie noch nicht verzeichnet – dabei kann man sie sehen, wenn man sich das Satellitenbild aufmerksam anschaut ;-)
Fahrt einfach auf der De Malmanches Road weiter, die durch das Gelände der Campsite nach Norden führt, bis sie an einer Art Parkplatz mit Strandzugang endet. (Ihr könnt auch laufen, das sind etwa 2 km.) Dort folgt ihr dem Pfad weitere 500 m bergauf, von dem die Zufahrt zu einem der Ferienhäuser der Gentle Annie Seaside Accommodation führt (die liegen echt einsam!).
Bis ihr linkerhand ein verwittertes Hinweisschild “Gentle Annie Maze” seht – oder auch nicht, denn bei unserem Besuch fiel das Schild versehentlich (!) um.
Der mit Gras bewachsene und von dichtem Regenwald umrahmte Pfad, der hier nach links führt, teilt sich bald auf in weitere Abzweigungen – und plötzlich steht ihr komplett verloren im “bush”. Nur das Donnern der Brandung an der tief unten liegenden Küste ist ein Hinweis, wie nahe man der steilen Klippe schon ist – ich hatte durchaus ein wenig Sorge, aus Versehen durch einen Flax-Busch ins Nichts zu treten…
Nach mehreren Fehlversuchen und strategisch platzierten Pfeilen und Kreuzen aus Blattwerk erreichten wir schließlich das “Ziel” des Labyrinths: eine Bank auf einer ordentlich gemähten Wiesenfläche, von der wir eine fantastische Sicht auf die Küste hatten.
Klar, das Gentle Annie Maze ist ein Labyrinth Marke Eigenbau, das einem ordentlichen Irrgarten aus Buchsbaumhecken nicht das Wasser reichen kann. Mehr als 20 Minuten braucht ihr bestimmt nicht, um euch zum Ziel und wieder zum Ausgang zu finden. Trotzdem: Wir waren echt beeindruckt von der nicht unerheblichen Arbeit, die hier hineingesteckt wurde – und von der Idee an sich, hier am A… der Welt ein Labyrinth hinzusetzen.
Das beste am Gentle Annie Maze ist aber natürlich der Blick von hier oben. Die weite Karamea Bight, an der weder Straße noch Haus zu sehen sind, das ist schon ein unvergleichlicher Anblick. Und: Einen “viewpoint”, den wir ganz für uns allein hatten – so etwas gibt es in Neuseeland heute nicht mehr so oft…
Weitere unserer Top Ten Campingplätze in Neuseeland findet ihr zum Beispiel hier:
- Moke Lake DOC Campsite
- Pakiri Beach Holiday Park
- White Horse Hill DOC Campsite
- Muriwai Beach Motorcamp
- Farmyard Holiday Park in Geraldine
Was sind eure Lieblings-Campsites in Neuseeland? Kennt ihr empfehlenswerte Campsites an der Westcoast?
- Wellington mit Kindern: die besten Tipps für 1, 2 oder mehr Tage - 21. Dezember 2024
- Neuseeland mit Kind Karte: mehr als 450 Tipps für Familien auf Google Maps! - 25. Oktober 2024
- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
Wir sind gerade bei“Gentle Annie“ und es ist noch besser als du es beschreibst. Außerdem wird Duschen überbewertet. Unser Sohn hat dort letztes Jahr gearbeitet und er hat uns dringend geraten hier die tollen Muffins zu essen und den besten Kaffee zu trinken.
Das sieht ja bitte mal mega toll aus !!
Bei den Bildern denke ich gar nicht an Camping, sondern an Glamping!
Sehr schön!
Liebe Grüße
Isabel
Oh, das täuscht – “Glamping” machen kann man auf der Gentle Annie Campsite ganz definitiv nicht! (Jedenfalls nicht, wenn man darunter weiche Betten, warme Duschen und anderen Schnickschnack versteht) ;-)
Irgendwie komme ich immer wieder auf Neuseeland und Deine Tipps zurück, eines Tages wird es soweit sein. Ganz egal, ob ich dann eine Knusperoma bin, aber irgendwann fliege ich.
Mein Lieblingsbild ist Traumstrand an der westcoast. Ahhhh ….
Liebe Grüße, Ines
Kein Wunder, dass sie dir gefällt; die Westcoast hat auch schon so ein wenig Ostsee-Feeling ;-)
Dann warte ich mal geduldig auf deine Reiseberichte als Knusperoma!
LG
Jenny