! Aktualisiert am 22. Oktober 2024
Noch nie habe ich mich so lange im Voraus auf einen Museumsbesuch gefreut. Und noch nie habe ich mich so über ein Fotoverbot geärgert wie im Ghibli Museum in Mitaka, einem Vorort von Tokio. Trotz akuten Fotomangels versuche ich, begeistert zu berichten aus der Welt von Totoro, Ponyo & Co. Nur für Fans!
Trickfilm ist in Japan keine Kindersache. Im Gegenteil: Anime und Manga sind fest in der Welt der Erwachsenen verankert. Jeder liest Manga, jeder kennt Gundam, Pokémon und all die anderen Charaktere. Merchandise-Shops wie das riesige, sechsstöckige Yamashiroya in Tokio-Ueno (wo wir Stunden verbrachten…) sind fast nur von Erwachsenen bevölkert!
Die Filme von Studio Ghibli: Pflicht für Familien mit Kindern
Unsere eigene Anime-Begeisterung startete allerdings doch mit einem Kinderfilm: Mein Nachbar Totoro* aus dem Jahr 1988 von Anime-Zeichner Hayao Miyazaki. Die Handlung ist überschaubar, spannend, aber nicht so aufregend, dass unsere Dreijährige davon schlecht schlafen würde. Und auch wir Erwachsenen haben mittlerweile sicherlich zehnmal begeistert zugeschaut, wie die Schwestern Satsuki und Mei mit ihrem Vater aufs Land ziehen und dort die Bekanntschaft der japanischen Waldgeister-Welt machen.
Auf den knuffigen Totoro folgten bald die Hexe Kiki*, das Goldfischmädchen Ponyo*, die dicken Waschbären von Pom Poko* und die winzige Arrietty*. Etwas anspruchsvoller und definitiv nichts für jüngere Zuschauer sind die fantastischen japanischen Märchen von Chihiro, deren Eltern sich in einem verwunschenen Vergnügungspark in Schweine verwandeln (Spirited Away* wurde mit einem Oscar ausgezeichnet) oder dem Wandelnden Schloss* des herzlosen Zauberers Haru.
Und obwohl unsere Älteste mittlerweile 12 ist, warten wir lieber noch, bis wir uns den preisgekrönten Erwachsenen-Film Prinzessin Mononoke* und Nausicaä aus dem Tal der Winde* anschauen – voller Spannung natürlich!
Die Ghibli-Filme sind kleine Kunstwerke, ganz anders als das, was wir aus Hollywood kennen. Da gibt es keine Helden, Explosionen oder Verfolgungsjagden, keine coolen Sprüche und keine Musical-Einschübe. Statt blonden Prinzessinnen sehen sie ganz normale japanische Kinder, die sich durchsetzen müssen – gegen die Widrigkeiten des Alltags (blöde Kinder im Kindergarten, Angst vor dem dunklen Hausflur), aber eben auch gegen Gefahren aus einer Geisterwelt, die wir Europäer überhaupt nicht kennen.
Rußgeister, Daruma oder Meeresgöttinnen sehen in den Animes zum Glück nur selten wirklich bedrohlich aus, so dass wir inzwischen viele davon in Plüschform zu Hause haben. Und ganz nebenbei lernen wir dabei, wie das normale Leben in Japan so abläuft – von der Badezeremonie, dem Zubereiten und Einnehmen von Essen bis zum Zusammenleben der Japaner, das zum Teil ganz anderen Regeln folgt.
Eine Reihe von Ghibli-Filmabenden ist unserer Meinung nach eine hervorragende Reisevorbereitung für Japan!
Pflichtbesuch in Japan: das Ghibli Museum Mitaka
Etwa einen Monat vor unserer ersten Japan-Reise fanden wir heraus, dass es dieses Museum gibt – und kurz darauf, dass es völlig aussichtslos ist, so spät noch an Karten für das Museum zu kommen. Das ist – typisch Japan – ziemlich umständlich und sollte mit viel Vorlauf erledigt werden. (Erklären wir unten.)
Beim zweiten Mal wussten wir Bescheid und setzten den Termin zum Ticketkauf ganz oben auf unsere Agenda. Anfang Mai erhielten wir unsere Tickets per Post – große Vorfreude, obwohl es nur ein schnöder A4-Zettel war.
Und am 15. Juli war es dann endlich soweit: Der gelbe Totoro-Bus brachte uns an einem sonnigen Samstagmittag vom Bahnhof Mitaka vor den Eingang des Ghibli-Museums.
Am Eingang bekamen wir als erstes “richtige” Tickets, die uns mit dem schäbigen Zettel-Ausdruck versöhnten und so liebevoll und hochwertig gestaltet waren wie das ganze Museum – quasi eine Einführung also. Jeder von uns hatte einen Filmstreifen mit etwa drei Sequenzen bekommen, die aus verschiedenen Miyazaki-Filmen stammten.
Und Miyazaki-Filme anschauen, das wollten unsere Kids jetzt!
Was kann man im Ghibli Museum sehen?
Darum geht es im Ghibli Museum aber gar nicht, oder jedenfalls nicht nur. Vielmehr kann man hier in einem dreistöckigen Haus, das den alten europäischen Villen aus einigen Miyazaki-Filmen gleicht (allerdings nur von innen, von außen ist es eher eine Villa Kunterbunt), alles über Trickfilme lernen – und dann noch sehr viel über die Miyazaki-Trickfilme.
Im ersten Ausstellungsbereich fühlen sich daher auch Nicht-Totoro-Fans angesprochen. Hier geht es um die optischen und technischen Hintergründe beim Zeichnen und der Herstellung eines Trickfilms. Obwohl das durchaus spannend war, maulten unsere Kids – sie wollten ja, siehe oben, ganze Miyazaki-Filme anschauen und nicht nur kurze Sequenzen.
Dann also ab in den nächsten Ausstellungsbereich – wobei es hier gar nicht so einfach ist, gezielt in einen anderen Bereich zu gehen. Die gewundenen Treppen, Zwischengalerien und Fahrstühle im ganzen Haus sollen eher die Lust wecken, irgendwohin zu gehen; wie in einem Märchenschloss, das man ganz allein entdeckt. Für Japan ist das ziemlich untypisch, dass man frei Schnauze seinen Weg wählen kann; normalerweise sind feste Rundgänge mit Pfeilen vorgegeben, an die sich auch jeder genau hält.
Zwischendurch steht man unvermittelt auf einem Balkon oder auf dem begrünten Dach, wo die Augen kurz entspannen können von all den vielen Details, die es drinnen zu sehen gibt – und die ich mangels Fotos weder zeigen noch aufzählen kann.
Mehrere Räume des Museums sind wie eine echte Wohnung gestaltet, und sie sollen wohl auch die Wohnung und das Atelier des Anime-Meisters Hayao Miyazaki darstellen. Ob der alte Mann wirklich so einen überquellenden Schreibtisch hat, eine riesige Glasvase voller Bleistiftstummel, Stapel um Stapel von Bildbänden zu wirklich jedem Thema und Regale voller getrockneter Blumensträuße, anatomischer Figuren und Flugzeugmodellen? Es war ein Vergnügen, hier hindurchzubummeln und immer neue Kleinigkeiten zu entdecken, die man aus einem der Filme kannte.
Ghibli-Tipps für Kids
Richtig spannend wurde es für unsere Kinder erst in der Sonderausstellung, die (bei unserem Besuch) das Essen in den Miyazaki-Filmen thematisierte. Bei Miyazaki wird wirklich auffällig oft und mit Genuss gegessen und getrunken; ob einfache Nudelsnacks und Schinkensandwiches oder überquellende Platten mit japanischen Köstlichkeiten, dampfender Tee mit Honig oder leckere Sahnetorten. Hmm!
Leider interessierten sich die Kids eher weniger dafür, wie aufwendig gezeichnet werden muss, damit ein Spiegelei mit Speck lebensechte Blasen wirft oder eine Flasche Limonade echt aussieht, wenn man sie in einem Zug herunterkippt.
Der Hit war für unsere Kinder die lebensgroße Darstellung des japanischen Esszimmers von Satsukis Familie in “Mein Nachbar Totoro”, für das wir uns natürlich die Schuhe ausziehen mussten, und dahinter der Vorratsraum mit reich gefüllten Schränken und Töpfen aus dem Film “Das Schloss im Himmel”.
Und dann kam die Krönung: Nur erlaubt für Kinder bis 12 Jahre, nur ohne Schuhe, nur fünf Minuten und nur nach vorheriger gründlicher (bebilderter!) Einweisung durch das Personal – aber dann durften die Kids in den echten, lebensgroßen Katzenbus springen, der Satsuki und ihre Schwester Mei nachts zu ihrer Mutter ins Krankenhaus bringt.
Es war herrlich mit anzusehen, wie sich die Unsicherheit ob der zahlreichen Ermahnungen nach einer Weile löste. Selbst der coole Bruder und die eigentlich schon viel zu große Schwester rutschten und kletterten jauchzend und kuschelten mit Plüsch-Rußgeistern :-)
Nun wurde noch eine ausführliche Runde durch den großen Souvenirshop gedreht, wo man Dinge kaufen kann, die es wirklich nur hier im Ghibli Museum gibt (andere, wie etwa ein Filmposter oder eine der tollen Zeichnungen, die man in der Ausstellung sehen konnte, allerdings leider nicht). Da Japaner ja sehr gern und eigentlich immer Kram kaufen, war es hier auch am allervollsten – uff!
Zum Abschluss gönnten wir den Kindern dann doch noch einen echten Miyazaki-(Kurz-)Film – der wird im hauseigenen Kino gezeigt, das ebenso fantasievoll gestaltet ist wie der Rest. Seufz! Dass alles auf Japanisch war, hat uns übrigens gar nicht gestört. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Filme, die eigens für das Museum geschaffen wurden und nur hier gezeigt werden, mit wenigen Dialogzeilen auskommen. Egal – Hauptsache, es flimmert!
Und jetzt? Wir waren am Eingang gewarnt worden: Wenn wir das Museumsgelände einmal verlassen, kommen wir nicht wieder hinein. Es war schon Nachmittag, wir hatten eigentlich alle Ausstellungen angeschaut und wollten, da es uns im hübschen “Straw Hat Café” viel zu voll war, im angrenzenden Park, wo gerade ein Familienfest stattfand, gern etwas zu essen kaufen. (Haben wir dann auch gemacht.)
Und doch – eigentlich wollten wir am liebsten bleiben. Das Museum ist so gemütlich und einladend gestaltet, dass wir dort am liebsten geblieben wären und für immer dort wohnen würden. Genauso wie in einem Miyazaki-Film!
Würden wir ein zweites Mal hingehen? Definitiv! Immerhin wartet jedes Jahr eine neue Sonderausstellung, und bei jedem Besuch darf man einen weiteren der 13 exklusiven Kurzfilme anschauen. Teuer ist es auch nicht (siehe unten).
Noch besser finden wir die Meldung, dass bis zum Jahr 2020 ein Ghibli-Themenpark im EXPO-Park der Präfektur Aichi entstehen soll. Dort kann man jetzt bereits eine maßstabsgetreue Nachbildung des Totoro-Hauses bewundern. Und noch besser: Dieser Themenpark soll, ganz untypisch für Japan, ohne Technik und Blingbling gestaltet werden und die naturverbundene Welt der Miyazaki-Filme lebensecht nachbilden.
Wir haben also 2020 schon was vor…
Ghibli Museum: Müssen wir da (mit Kindern) hin?
Wenn ihr Fans der Miyazaki-Filme seid, wenn ihr generell Fans der japanischen Trickfilmkultur seid oder auch selbst Manga zeichnet: nichts wie hin! Auch wenn ihr keine Kinder habt!
Unsere Kinder waren interessanterweise nicht so begeistert wie wir Erwachsenen; dabei lieben sie Totoro & Co. Ihnen fehlte in den Ausstellungen der Bezug zu den Filmfiguren; sie fanden an den Erklärungen zum Wie und Warum weniger Interesse. Und natürlich hätten sie gern mehr zum “Anfassen” gehabt – das Ghibli Museum ist eher was für die Augen als für die Hände.
Trotzdem: Nach anfänglichem Schnuteziehen fühlten sich die Kids sehr wohl hier, und die Entscheidung, jetzt doch das Museum zu verlassen, fiel ihnen genauso schwer wie uns.
Ghibli Museum: Tickets und Adresse
Öffnungszeiten: Das Ghibli Museum in Mitaka hat täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Besucher werden in vier Abschnitten eingelassen: 10, 12, 14 und 16 Uhr (ihr könnt bis zu 30 Minuten später kommen, danach habt ihr Pech). Bleiben könnt ihr, solange ihr wollt.
Tickets: Der Eintritt ist überraschend günstig – 1.000 Yen (das sind etwa 8 Euro) für Erwachsene, 700 Yen für Jugendliche (13 bis 18 Jahre), 400 Yen für Schulkinder (7 bis 12 Jahre) und 100 Yen für Kindergartenkinder (ab 4 Jahre)
Hinkommen: Aus Shinjuku mit der JR Chuo Line nach Mitaka fahren (etwa 20 Minuten), dort der (englischen) Beschilderung zum “Ghibli Museum” folgen. Der quietschgelbe Bus zum Museum fährt etwa alle 10 Minuten an einer eigenen Haltestelle, die ebenfalls beschildert ist. Die Bustickets bekommt ihr an einem Automaten direkt an der Haltestelle und gebt sie dann dem Busfahrer.
Die Warteschlange am Bus kann so lang sein, dass ihr auf den nächsten warten müsst! Alternativ könnt ihr auch zum Museum laufen (das war uns schlicht zu warm). Es geht etwa einen Kilometer ziemlich geradeaus an einem Kanal entlang, bis zum Beginn des Inokashira Park.
Am Eingang zum Museum, das direkt neben dem Park liegt, muss noch einmal gewartet werden. Die Kids könnten sich derweil im Park umtun oder bei Lawson (wenige Meter gegenüber) noch ein paar Snacks holen.
Ghibli Museum Tokio: So kommt ihr an Tickets
Achtung, typisch Japan: Tickets für das Ghibli Museum kann man nicht im Ghibli Museum kaufen.
In Japan kann sie eigentlich nirgends kaufen, außer an irgendwelchen Automaten, die in jedem Lawson-Supermarkt stehen – aber nur auf Japanisch durchs Menü führen.
Eure beste Möglichkeit ist das japanische Reisebüro JTB Germany in Frankfurt. Denen müsst ihr mit ordentlich Vorlauf eine E-Mail schreiben (fra_info@jtb-europe.com) und angeben, wann exakt ihr mit exakt wie vielen Leuten das Ghibli Museum besuchen wollt (Namen und Alter aller Mitkommenden angeben!). Es gibt nämlich für jeden Tag und jeden der vier Zeitslots nur eine begrenzte Zahl an Tickets, damit es nicht zu voll wird.
Die Tickets werden an jedem Monatsersten für die jeweils nächsten drei Monate in einem Schwung verkauft – rechnet also genau, wann ihr sie braucht, und kauft sie möglichst direkt am Anfang dieses Zeitfensters. Im Sommer ist das Ghibli Museum fast immer ausverkauft.
Karten gibt es außerdem, wie gesagt, bei Lawson. Die haben neuerdings auch eine Website auf Englisch, wo ihr jeweils am 10. des Monats Karten für den nächsten Monat kaufen könnt. Der Haken: Der Verkauf startet um 10 Uhr japanischer Zeit (also 2 oder 3 Uhr morgens in Deutschland), und die Karten sind hier sehr schnell weg (da es nur ein Teilkontingent der verfügbaren Karten ist).
-> Wenn ihr kein Ticket bekommen habt und es direkt in Japan auf Japanisch versuchen wollt, lest am besten Claudias Anleitung, die hat richtige Insidertipps!
Achtung: Zum Eintritt ins Ghibli Museum berechtigt nur der Original-Voucher, den ihr von JTB zugeschickt bekommt bzw. von der Lawson-Website ausdruckt. Eventuell müsst ihr sogar nachweisen, dass ihr das seid, die als Käufer auf dem Ticket stehen – also nehmt euren Reisepass mit!
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Ach, Jenny, super. Die Informationen zur Organisation natürlich sowieso, aber auch der ganze Rest. Klingt fantastisch! Als wir letztes Jahr in Japan waren, war das Museum wegen Umbau geschlossen, und es ist einer der vielen Gründe, warum wir wieder nach Japan müssen. Und jetzt, nachdem ich Deinen Text gelesen habe, erst recht!
Liebe Grüße, Maria