! Aktualisiert am 15. Juni 2018
Unsere zweite Reise durch Japan, mit drei Kindern im Campervan, führte uns durch Tohoku: den dünn besiedelten und wenig bekannten Norden der Hauptinsel Honshu. Unsere Reiseroute durch Tohoku ist eher zufällig entstanden – war aber im Nachhinein genau die richtige.
21 Tage hatten wir Zeit, um den Norden von Japans Hauptinsel zu entdecken; nach Abzug eines Anreisetages und der letzten drei Tage für unsere Lieblingsstadt Tokio blieben immerhin noch 17 Tage.
Klang knapp, hat aber gereicht – für Tempelbesichtigungen, Stadtbummel, ausgedehnte Fahrten durch Reisfelder und Bergwälder, Badestopps an Seen und Pazifikstränden und diverse Onsen-Besuche.
Wir haben etwa 2.300 km zurückgelegt und dabei nur dreimal Maut bezahlt (für die langen Etappen von Narita nach Nikko und zurück vom Lake Inawashiro nach Narita). Übernachtet haben wir auf Michi no Eki (den japanischen Rastplätzen speziell für Autoreisende, die im Auto schlafen), an Spiel- und Sportplätzen und an Stränden.
Zum Nachfahren stellen wir euch unsere Reiseroute durch Tohoku jetzt vor!
Roadtrip durch Tohoku – die Basics
Tohoku heißt die gesamte Region der Hauptinsel Honshu, die nördlich der Hauptstadt Tokio liegt. Sie erstreckt sich über sechs Präfekturen (so etwas wie Stadtkreise) und hat sowohl eine Westküste an der (ruhigen) Japanischen See als auch die Ostküste am Pazifik – genau die, die im März 2011, nur wenige Tage nach unserem Stopover in Japan, vom größten Erdbeben in der Geschichte Japans und dem Tsunami so schrecklich verwüstet wurde. Fast alle der über 15.000 Toten sind damals in Tohoku gestorben, und auch heute noch sind die Spuren des Tsunami dort allgegenwärtig.
Und ja, auch das berühmt-berüchtigte Fukushima (betont übrigens auf der zweiten und nicht auf der dritten Silbe!) liegt hier; etwa 80 km von Sendai, einer der größten Städte Tohokus entfernt.
Überraschung: Die Stadt liegt wiederum ganze 80 km von dem Atomkraftwerk Fukushima Daiichi entfernt und ist außerdem durch eine Bergkette von diesem getrennt – in der Stadt selbst ist damals also gar nichts passiert, und auch heute ist das ein ganz normaler (und touristisch eher uninteressanter) Ort, den wir einfach nur durchfahren haben.
(Für Katastrophentouristen interessant: Die evakuierte Rote Zone von 20 km rund um das havarierte Atomkraftwerk darf zwar nach wie vor nicht betreten werden, seit dem Frühjahr 2017 kann man aber durchfahren: auf dem wieder in Betrieb genommenen Joban-Highway Nr. 6, der in nur sechs Kilometern Entfernung am Kernkraftwerk Daiichi vorbeiführt. Die Strahlenbelastung ist dabei – angeblich – viel niedriger als bei einem Langstreckenflug…)
Viel interessanter für Reisende sind die lange Geschichte und die wilde Natur der Region Tohoku. Ich will hier niemanden langweilen und verweise für Details auf den Reiseführer oder good old Wikipedia; für uns sehr spannend waren jedenfalls die vielen Städtchen, in denen man auf den Spuren der Samurai-Krieger und ihrer Familien wandeln kann, die großartigen Tempel und Schreine und die süßen kleinen Dörfer zwischen endlosen Reisfeldern und (Überraschung!) Apfelplantagen, aber auch die tollen Pazifik-Strände im Norden Tohokus, die wilden Berge mit ihren wunderschönen Seen und nicht zuletzt die vielen Onsen – denn das Bergland beherbergt so einige Vulkane!
Tohoku per Campervan: das müsst ihr wissen
Anders als der Süden von Honshu (also Kanto und Kansai) ist der Norden eher dünn besiedelt. Es gibt weniger Zugverbindungen und – für uns wichtiger – auch weniger große Highways, auf denen man per Auto schnell vorankommen würde.
Die Berge, die Tohoku auf seiner kompletten Länge durchziehen, tun ihr Übriges zu den zwar tipptopp instandgehaltenen, aber schmalen und teilweise sehr kurvigen Straßen, die durch zig kleine Örtchen führen: Hier muss man langsam fahren und sollte es nicht eilig haben.
Kostenlose Rastplätze zum Übernachten (“michi no eki”) gibt es auch in Tohoku reichlich, wir hatten nie ein Problem, einen Stellplatz für die Nacht zu finden. Weniger einfach war es, im Nordosten Tohokus einen Onsen zu finden – es gibt dort einfach keine Onsen, und das ist für Campervan-Reisende auf der Suche nach einer Waschgelegenheit doof.
Noch schlimmer: Nachdem wir Aomori am nördlichen Rand Honshus hinter uns gelassen hatten und die noch nördlichere Shimokita Peninsula befuhren, fanden wir auch keine Washlets in öffentlichen Toiletten mehr vor – für manche ein Luxusproblem, aber die tägliche Po-Reinigung spart dem Campervan-Reisenden so manche Gesamtwäsche (und ist einfach sehr angenehm, wenn man sich dran gewöhnt hat).
Und am schlimmsten (diesmal ehrlich): Nördlich von Aomori und an der gesamten Ostküste, bis etwa auf der Höhe von Miyako, gibt es keine 7Eleven-Märkte mehr. Zwar herrscht an 24 Stunden geöffneten Minimärkten kein Mangel (es gibt Lawson, Familymart, Daily Yamazaki und wie sie alle heißen), aber Geld abheben mit Kredit- oder EC-Karte kann man als Nicht-Japaner nur an den Automaten im 7Eleven!
Wenn ihr also ins nördliche Tohoku reist: Hebt in Aomori noch einmal reichlich Bargeld ab, bevor ihr weiterfahrt!
Unsere Reiseroute durch Tohoku im Campervan
Startpunkt unserer Campervan-Tour durch Japan war diesmal nicht Tokio, sondern das 60 km entfernte Narita – dort ist das Büro von JapanCampers jetzt untergebracht und dort kann man auch noch eine Nacht kostenfrei bleiben, wenn man mag (wir mochten).
Wer clever ist, bucht seinen Flug nach Japan so, dass er in Narita landet. Wir fuhren halt nach unserer Landung in Haneda noch 1,5 Stunden mit der Keisei Line nach Narita, tralala.
Von Narita (was eine sehr lohnenswerte kleine Stadt ist, die wir schon 2011 angeschaut haben) starteten wir in Richtung Nikko (das etwa 140 km nördlich von Tokio, aber noch nicht ganz in Tohoku liegt). Nach einem Zwischenstopp beim drittgrößten Buddha der Welt, dem Ushiku Daibutsu, übernachteten wir am 1.200 m hoch gelegenen Lake Chuzenji und schauten uns die weltberühmten Tempel am nächsten Tag an.
Von hier aus ging es in die Samurai-Stadt Aizu-Wakamatsu, die nur eine halbe Stunde westlich vom wunderschönen Lake Inawashiro liegt, wo wir noch eine weitere Nacht blieben. Weiter nördlich kämpften wir uns die Bergstraßen des Bandai Asahi Nationalparks hinauf, machten einen Abstecher zu den Fünf Seen und kicherten über die Affen, die immer wieder am Straßenrand hockten.
Unser nächstes Ziel (nach einem Zwischenstopp irgendwo bei Yamagata) war das kleine Kakunodate, ebenfalls eine alte Samurai-Stadt und herrlich zum Durchbummeln. An Wochenenden tummeln sich hier wahrscheinlich Menschenmassen (die Straßen und Parkplätze sind breit genug dafür), wir flanierten fast allein unter den wunderschönen Trauerweiden herum.
Von hier fuhren wir weiter zum kleinen, aber tiefen Lake Tazawa, mit über 400 m Japans tiefstem See, der uns mit seinem quietschblauen, extrem klaren Wasser noch tiefer beeindruckte.
Die Stadt Hirosaki, berühmt für ihre “verrückte” Burg (die wird gerade von A nach B gerückt) und die Apfelplantagen, erwischten wir leider an einem Regentag. Nach einer halbtägigen Stippvisite kehrten wir ihr daher schnell den Rücken und fuhren weiter nach Aomori – wo wir uns auf die Schultern klopften, denn wir hatten es bis ganz nach Norden geschafft!
Noch weiter nördlich ist nur die Shimokita Peninsula, eine kleine Halbinsel in Form einer Axt, die wir in den nächsten Tagen erkundeten. In Erinnerung bleibt uns da vor allem der Osore-zan, Japans drittheiligste Stätte und der Eingang zur buddhistischen Hölle. Und natürlich der Pazifik!
Den genossen wir noch viel intensiver, nachdem wir am östlichen Rand der Peninsula wieder nach Süden fuhren, nicht ohne im Flugzeug-Museum neben der US Air Force Base in Misawa vorbeigeschaut zu haben (große Empfehlung!).
Unser Highlight in Sachen Sommer in Japan war der Shirahama Beach in Hachinohe – eine Zufallsentdeckung, an die wir noch lange sehnsüchtig zurückdenken werden.
Danach wurde es ziemlich bedrückend, denn nun zeigten sich an der Sanriku Coast immer stärker die Spuren des Tsunami von 2011. Nachdem wir bei Miyako vom Pinterest-perfekten Klippenstrand Jodogahama ordentlich enttäuscht wurden, klapperten wir eine zerstörte Bucht nach der anderen ab und wandten uns schließlich erschüttert in Yamada von der Küste ab – hier wollten wir doch nicht, wie geplant, weiter nach Süden bis nach Sendai fahren.
Im Inland wartete wie ein dringend benötigtes Heilmittel die entzückende ländliche Idylle rund um das Städtchen Tono auf uns, wo wir auf die Jagd nach Kappa-Wasserkobolden gingen.
Noch schöner war Hiraizumi – eine niedliche Kleinstadt mit einem historischen UNESCO-Welterbe-Stadtkern, einer ebenso wertvollen Tempelanlage und einer Umgebung voller blau blühender Hortensien, bunter Malven und sattgrüner Reisfelder, die uns glattweg verzauberte.
Von Hiraizumi war es dann, wie wir feststellten, gar nicht so weit bis zum Lake Inawashiro – wo wir unsere Kinder glücklich machten, indem wir hier spontan erneut einen Tag Pause und Badespaß einlegten.
Wer es eilig hat, der kommt von Inawashiro an einem Tag bequem zurück nach Narita – es kostet halt nur ordentlich Maut, wenn man den Highway über Fukushima benutzen will. Wir genossen also noch ein letztes Mal Onsen-Freuden in einem superschicken Hotel-Onsen, winkten noch einmal dem weltgrößten Buddha zu und gaben dann mit einer Träne im Knopfloch unseren Campervan zurück – danke, JapanCampers!!
Vorbei war unsere Japan-Reise damit zum Glück noch nicht ganz: Es folgten drei sehr glückliche Tage in Tokio, bevor wir wieder in den Flieger nach Hause steigen mussten.
Sayonara, Nihon – wir kommen ganz bestimmt wieder!
Disclaimer: JapanCampers hat uns mit einem Rabatt unterstützt. Unsere Meinung bleibt davon unberührt.
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Hallo, ein sehr schöner Beitrag. Wir möchten nächstes Jahr auch mit dem Camper durch Japan. Da wir auf die Sommermonate angewiesen sind, würde mich interessieren ob eure Reise durch Tohoku von den Temperaturen angenehmer war als eure erste Reise südlich von Tokyo?
Grüße Helmut
Hallo Helmut,
definitiv war der Norden von Honshu im Sommer angenehmer! Vor allem in den Bergen in der Landesmitte war es so frisch, dass wir abends ab und zu mal eine Jacke überziehen mussten ;-) In den letzten Jahren hat Japan im Sommer unter extremen Hitzewellen gelitten, und Freunde von uns haben auch in Tohoku (allerdings an den Küsten) arg geschwitzt. Trotzdem: Wenn ihr nur im Sommer nach Japan könnt, ist Tohoku (oder sogar Hokkaido) immer die beste Wahl. Ihr solltet übrigens auch darauf achten, dass nächstes Jahr in Tokio die Olympischen Spiele sind – im Großraum dieser Stadt (und damit auch in Narita, wo die Campervans stehen) könnte es also arg voll werden…
Liebe Grüße und viel Spaß!
Jenny
Eure Berichte klingen wirklich gut. Wir lieben mit dem Auto unterwegs zu sein und haben schon Italien, UK, Frankreich mit zwei Kids und einem Dachzelt unsicher gemacht und sind letztes Jahr mit unserem eigenen Campervan 6000 km zum Nordkap und zurück gefahren.
Nun wird es dieses Jahr ein Trip durch Japan mit einem gemieteten Van. Wir sind schonmal sehr gespannt.
Viele Grüsse
Ulrich
Hey, das ist ja fantastisch! Habt ihr bei JapanCampers gebucht? Wir sind jetzt schon neidisch auf euch…
Liebe Jenny,
Tohoku – da werden Erinnerungen wach.
Mir ist gerade die Zahl der Toten aufgefallen: 15.000. Nach offiziellen Angaben spricht man heute sogar offiziell von 22.500 Toten.
In Japan werden mittlerweile alle Vermissten auch offiziell zu den Toten gezählt, womit man auf diese erschreckende Zahl kommt.
Aber wie auch immer – es waren definitiv zu viele!
Liebe Grüße
Daniela
Stimmt schon – wer nach sechs Jahren nicht wieder aufgetaucht ist, der ist ziemlich sicher tot. Das war ein ganz schreckliches Gefühl, an der Sanriku Coast entlangzufahren… :-/
Das Problem ist, daß ich dann ungefähr 2-3 Wochen null schlafen würde. Macht die Reise vielleicht günstig, aber mehr als anstrengend und somit nicht wirklich erquickend. Ich kann mit meinen 2 Kindern de fakto einfach nicht in einem Bett schlafen und erst Recht nicht in so einem kleinen. :/ Muß mich zu gegebener Zeit echt mal auf die Suche machen. LG, Nadine
Na dann schick die Lütten doch unters Dach und kuschle unten mit deinem Mann!? ;-) Nee, im Ernst: Campervans sind halt nichts für jeden. Ihr könnt Japan auch wunderbar im Mietwagen und mit festen Unterkünften entdecken!
Klingt nach einer interessanten Tour. Ich befürchte, dass wir euch da mal wieder nachreisen müssen… hilft ja nix…
Viele Grüße,
Andi
Wir denken ernsthaft schon wieder darüber nach, was man in Japan mit dem Campervan von Tokio aus noch alles anschauen könnte… :-P
Izu!
Stimmt! :-)
Was für eine spannende Reise, Jenny. Das die vom Tsunami zerstörte Region bei Euch Spuren hinterlassen hat, kann ich mir gut vorstellen. Ich war nach dem Tsunami 2004 fast ein bisschen traumatisiert, an all die Orte zurückzureisen, die ich zuvor so oft besucht hatte. Ich würde Euren Trip glatt nachreisen, wenn da nicht die Sache mit dem Schlafen wäre. Ist mir echt ein Rätsel wie ihr euch nun schon zum zweiten Mal zu Fünft in den Van gequetscht habt. Ich mach schon zu Viert kein Auge zu. Gibts die Dinger nicht auch ne Nummer größer? LG, Nadine
Liebe Nadine,
die Dinger gibt es tatsächlich noch eine Nummer größer; zu viert seid ihr ja bei den Modellen nicht so eingeschränkt wie wir fünf. Ihr könntet euch das “große” Motorhome mal anschauen; ob da drin dann aber wesentlich mehr Platz herrscht, wage ich zu bezweifeln ;-)
Wir fanden und finden es (inzwischen) auch grenzwertig eng in unserem Campervan, aber für eine bezahlbare Möglichkeit, Japan zu entdecken, quetschen wir uns gern ein wenig zusammen!
Liebe Jenny,
Ich freue mich so sehr über den Artikel zu meinem geliebten Tohoku. Hoffentlich tuen es euch endlich einige gleich und reisen mal in den noch unentdeckten und touristisch unterentwickelten Norden.
Es gibt keinen größere Unterstützung für die vom Erdbeben stark betroffenen Regionen als Tourismus.
Ihr wart sogar im uninteressanten Fukushima- Stadt? Da musst du mit unbedingt von erzählen. Geschichten aus der guten alten Heimat, da schlägt mein Herz gleich ein wenig schneller…
Aber sag mal. Hab ich das richtig gelesen. Es gibt keine Onsen im Norden??? Japaner fahren überwiegend Nach Tohoku, wegen der vielen einzigartigen Onsen (und wegen des Essens natürlich).
Da muss ich doch unbedingt mal die schönsten Onsen vorstellen (alle aufzulisten wäre bei der Menge unmöglich). Sie sind manchmal nicht ganz einfach zu finden, da gebe ich dir recht. Wenn zwischen den Bergen ganz natürliche heiße Quellen entstanden sind, weist nur ein kleines Schild darauf hin. Dann gibt es auch kleine Orte, die eigentlich nur aus Onsen Hotels bestehen.
Danke für diesen Beitrag und dass ihr euch auf den Weg ins nördliche Japan gemacht habt. Mit dem Camper möchte ich das auch mal machen.
Einen ganz lieben Gruß
Daniela
Liebe Dani, ich freu mich, dass du dich freust :-) Den Norden von Honshu können (und werden) wir wirklich sehr empfehlen, es ist eine wunderschöne Region. Dein geliebtes Fukushima haben wir leider nur vom Highway aus gesehen, für einen Zwischenstopp war keine Gelegenheit. Haben wir da etwas verpasst?
Im Norden von Tohoku gibt es natürlich viele Onsen, die haben wir ja selbst besucht. Aber der Osten ist eine andere Sache! Wir hatten eine Onsen-App auf unserem Leih-iPad, und die hat in einem breiten Streifen von der Ostküste bis ins Bergland hinein kein einziges Thermalbad angezeigt, ringsherum häuften sich die Markierungen… Das sollte man bei der Routenplanung besser vorher wissen, wenn man wie wir keine Waschgelegenheit hat ;-)
Liebe Grüße
Jenny