Auch wenn ihr noch nie auf Mallorca wart, kennt ihr sicher Bilder von der atemberaubend kurvigen Bergstraße nach Sa Calobra. Sie führt zum Torrent de Pareis – einer Schlucht, die eine spannende Wanderung für mutige Familien bereithält.
Ihr kennt von Mallorca nur Badestrände und Hotelburgen? Dann schwingt euch ins Auto und fahrt in den Norden der Insel, wo die Berge der Tramuntana steil zum Meer hin abfallen.
Wo sich in der Gemeinde Escorca der Torrent de Lluc mit dem Bergbach Gorg Blau trifft, klafft eine der größten Schluchten Europas: Der Torrent de Pareis führt hinab zum winzigen Fischerdorf Sa Calobra.
Inhalt
Sa Calobra: die krasseste Straße auf Mallorca
Was Straßen angeht, stellt die Fahrt auf der MA-2141 hinab ins Dörfchen Sa Calobra an Mallorcas Nordküste eines der absoluten Highlights dar – nicht nur von Mallorca, sondern von ganz Europa, würde ich mal sagen.
Keine Sorge: Auch wenn ihr wenig Lust auf riskante Lenkmanöver oder Nahtod-Erfahrungen an steilen Klippen habt, ist die Strecke nach Sa Calobra gut zu schaffen. Wir sind schon mehrmals mit dem Mietauto hier hinunter und wieder hinauf gefahren, dazu reichen absolut durchschnittliche Fahrfähigkeiten aus.
Ein Nervenkitzel ist es dennoch: Zahlreiche Haarnadelkurven und Serpentinen sind zu bewältigen, atemberaubende Ausblicke lenken ab, spitze Schreie vom Beifahrersitz an einigen Stellen, wo der Straßenrand hinter einem bröckelnden Mäuerchen steil abfällt, die eine oder andere todesmutige Ziege…
Nicht zu vergessen die vielen, vielen Radfahrenden, die sich hier in Tour-de-France-Feldstärke tummeln, und dazwischen schiebt sich im Sommer ein Bus nach dem anderen durch die schmalen Kurven – uff.
Für die nur 10 km solltet ihr mindestens eine Stunde einplanen (hin und wieder zurück), und sicherlich wollt ihr am Aussichtspunkt “Nudo de Corbata” aussteigen und auf den “Krawattenknoten” schauen, wo sich die Straße tatsächlich zu verknoten scheint.
Wichtig: Da vor allem die Passagiere auf den Rücksitzen nur wenig von dieser Fahrt haben, solltet ihr mit Kindern gut überlegen, ob ihr euch die vielen Kurven antut. Es lohnt sich in diesem Fall eigentlich nur, wenn ihr mehrere Stunden Zeit habt, um dort unten die Wanderung durch den Torrent de Pareis zu machen – über die wir gleich mehr erzählen.
Die Wanderung durch den Torrent de Pareis
Steil aufragende Felsklippen umrahmen den Verlauf des Torrent de Pareis, der sich als Sturzbach 3.300 m vom Cols del Reis bis hinunter ans Meer ergießt und im Laufe der Zeit eine tiefe Schlucht ausgewaschen hat – wenn er denn Wasser führt.
Das ist auf Mallorca nur nach starken Regenfällen oder im Winter/Frühjahr der Fall. Ansonsten liegt das Flussbett des Torrent de Pareis fast trocken und bietet so eine extrem coole Wanderstrecke, die vom Meer über mehrere Kilometer bergauf führt – über Stock und Stein.
Natürlich kann man dem Lauf des Torrent de Pareis auch bergab folgen, allerdings ist es in dieser Richtung wirklich eine Herausforderung, die ihr nur mit Klettererfahrung oder einem Guide angehen solltet. Die Warnungen in den Reiseführern sind absolut berechtigt!
Wir wollen euch eine gemütlichere Variante vorstellen, die wir mit Kindern ausprobiert haben und überhaupt nicht schwierig oder gefährlich fanden. Der Trick ist einfach: Man fängt unten, am flachen Ende des Torrent de Pareis an und geht so weit, wie man es sich zutraut (oder wie es die Zeit zulässt).
Schon das erste Stück der Wanderung ist atemberaubend schön und macht viel Spaß: Es heißt nämlich immer wieder, den (sehr flachen) Flusslauf zu überqueren, der sich wie eine Schlange durch die hier noch sehr breite Schlucht windet. Im Oktober war das bei ca. 30° C ein sehr angenehmer Start. Trekkingsandalen, die man schnell ausgezogen hat oder die nass werden dürfen, sind hierbei natürlich ideal.
Nach etwa 600 Metern erreicht ihr das erste Hindernis: ein Haufen Felsen versperrt den Durchgang neben einem kleinen See. Hier warnt auch noch einmal ein Schild vor unbedachten Spaziergängen, wobei das eigentlich nicht nötig ist: Die Felsen an der Gorg Dolc sind Abschreckung genug. Eine mutige Kraxel-Einlage ist nötig, um hier weiterzukommen, aber gefährlich ist das alles nicht.
Nach der Engstelle wird der Weg wieder viel einfacher: Ihr lauft jetzt direkt am und im Flussbett entlang und müsst über viele kleine und große Steine steigen, die der Torrent de Pareis rund gewaschen hat. Ich mochte dieses Stück der Wanderung sehr, weil man sich in einem unsichtbaren Fluss wähnte – nur das Wasser fehlte eben.
Schritt für Schritt wird es nun immer steiler, ab und zu muss man sich durch enge Stellen quetschen oder Felshöhlen bezwingen. Wenn ihr richtig gut seid, kommt ihr irgendwann auf dem Cami d’es Burgar heraus und müsst nun noch ein kleines Bergplateau voller kratzender Sträucher bewältigen, bis ihr am Parkplatz neben der Iglesia de Sant Pere ankommt – aber so weit sollt ihr gar nicht laufen!
Der direkte “Einbahn”-Weg durch den Torrent de Pareis ist ca. 6 km lang (und sehr anstrengend, es sind fast 600 Höhenmeter!). Wir haben geschätzte drei Stunden für insgesamt 5 km (hinein in die Schlucht und wieder zurück zum Strand) gebraucht, was mit all den Kletter-Einlagen und dem Schuhe-an-und-Ausziehen für die Flussüberquerungen einen ganzen Nachmittag gedauert hat.
Rechnet nun noch die Zeit für An- und Abfahrt hinzu, und ihr habt einen kompletten (wenn auch entspannten) Tagesausflug.
Wie kommt man zum Torrent de Pareis?
Das untere Ende des Torrent de Pareis erreicht man nur zu Fuß oder vom Wasserseite aus, wenn man eine Yacht hat und am Strand von Sa Calobra anlegt.
Yachtlose Reisende können auch mit Ausflugsbooten von Sollér herkommen, die in der Hauptsaison mehrmals täglich Rundfahrten nach Sa Calobra anbieten. Ihr habt dann etwa 3 Stunden Aufenthalt, in denen ihr den Torrent de Pareis gut erkunden könnt.
Wer mit dem Auto oder dem Bus kommt, der muss erst die extrem kurvige Straße nach Sa Calobra bezwingen, dann einen Parkplatz finden (was in der Hauptsaison, aber auch in der Nebensaison keine Selbstverständlichkeit ist!) und dann noch ca. 1,2 km laufen.
Den Strand von Sa Calobra und den Beginn des Torrent de Pareis sieht man erst, wenn man zwei enge (beleuchtete) Felsentunnel passiert hat.
Kommt ihr aus dem zweiten Tunnel heraus, wollt ihr vielleicht direkt wieder umdrehen – so viele Touristen tummeln sich auf dem winzigen Kieselstrand, das sieht furchtbar aus. Aber wendet euch einfach nach rechts und lauft los – schon nach 100 m seid ihr wahrscheinlich ganz allein und kommt aus dem Staunen über die großartigen Felswände und die erhabene Stille nicht mehr heraus.
Wie gefährlich ist der Torrent de Pareis?
Die Reiseführer werden nicht müde zu betonen, dass die Wanderung durch den Torrent de Pareis sehr anspruchsvoll und gefährlich ist. Auf keinen Fall soll man sie auf eigene Faust wagen, ein erfahrener Guide wird immer wieder empfohlen.
-> Geführte Touren bietet z.B. Mallorca Tours, zum Preis von etwa 65 Euro (inkl. Transport von Soller und Picknick)
Wir haben bei unserer eigenen Wanderung aber mehrere Gruppen getroffen, die durchaus ohne Profi-Begleitung überlebt hatten – sogar Familien mit Schulkindern. Etwas Kletter-Erfahrung aus der Sächsischen Schweiz oder den Alpen ist sicherlich vonnöten, mehr aber auch nicht.
Seid ihr trittsicher und fit, tragt feste Schuhe und könnt ein wenig klettern, dann müsst ihr euch vor der Wanderung nicht fürchten. Oder ihr macht es wie wir und begnügt euch mit der Kurzversion: einem Oneway-Abstecher in den Torrent de Pareis von unten, soweit ihr eben kommt und gehen wollt.
Auf die Weise spart ihr euch auch die Planerei, wie ihr denn nach dem Abstieg oder Aufstieg wieder zu eurem Fahrzeug zurückkommt.
Wichtiger ist, dass man den Torrent de Pareis definitiv nicht nach Regenfällen betreten sollte – dann kann das fast ausgetrocknete Flüsschen binnen Minuten zu einem tosenden Fluss mutieren, und das ist dann wirklich gefährlich. Hat es also in der Woche zuvor geregnet, sucht euch besser eine andere Wanderung auf Mallorca – und davon gibt es ja reichlich.
-> Unsere liebsten Wanderungen rund um Pollenca
–> Die schönsten Wanderungen im Osten Mallorcas
-> Noch mehr tolle Wanderungen für Familien auf Mallorca
Baden in Sa Calobra: 2 Strände!
Die Massen an Autos auf den Parkplätzen in Sa Calobra – und die wenigen Wanderer, die man im Torrent de Pareis sieht – deuten es an: Die meisten Besucher kommen nur hierher, weil sie am Strand liegen wollen. Warum??
Die Platja de Sa Calobra ist winzig, vielleicht 50 m lang und maximal 20 m breit. Der Mini-Strand liegt unterhalb der letzten Gebäude, immerhin im Schatten einiger Pinien und in direkter Nähe einiger Restaurants, die vor allem einen schönen Blick aufs Meer bieten.
Wir haben unsere Wanderung im Torrent de Pareis hier mit einem kurzen Bad abgeschlossen und finden: Ja, der Kieselstrand ist schon okay und bietet (wie fast jeder Strand auf Mallorca) wunderbar klares Wasser zum Schnorcheln. Extra deswegen muss man sich die Fahrerei aber nicht antun.
Noch zweifelhafter sieht es an der benachbarten Platja de Torrent de Pareis aus: Auch hier liegen vor allem Kiesel und Geröll, außerdem fällt der Strand recht steil ins Meer ab. Es gibt keine Sonnenschirme oder Toiletten, keine Mülleimer und keine Imbisse – trotzdem drängen sich die Badegäste.
Aus unerfindlichen Gründen laufen alle Besucher von Sa Calobra hierher und quetschen sich auf das schmale Stück Land zwischen den steilen Felsen, die das Ende des Torrent bilden. Dabei würdigen sie den hinter ihnen liegenden Canyon keines Blickes, der nach unserer Meinung einer der schönsten Orte auf Mallorca ist, seufz…
Lohnt sich die Fahrt nach Sa Calobra?
Die 10 km auf der Bergstraße nach Sa Calobra sind keine Nahtoderfahrung, aber eben mal so aus Spaß fährt man sie auch nicht – vor allem nicht mit Kindern auf dem Rücksitz. Lohnt sich die Mühe denn nun?
Wir finden: ja, wenn…
- niemand in eurer Familie zu Reiseübelkeit neigt
- ihr euer Mietauto im Griff habt
- ihr vor dem Mittag oben startet
- ihr Badesachen und Proviant dabei habt
- ihr wenigstens ein kurzes Stück in den Torrent de Pareis hineinwandern wollt
- ihr kein Problem mit vollen Parkplätzen und vielen, vielen Touristen habt
Wollt ihr gern nach Sa Calobra, scheut aber die lange Anfahrt, ist das Ausflugsboot von Sollér eure beste Option. Für die Hin- und Rückfahrt müsst ihr mit etwa 30 Euro pro Person rechnen.
-> Ihr wollt noch mehr über Mallorca wissen? Wir erzählen euch alles!
Sa Calobra und Torrent de Pareis: Das müsst ihr beachten
Bei der Fahrt nach Sa Calobra und der Wanderung im Torrent de Pareis ist das richtige Timing sehr wichtig, damit ihr eine gute Zeit habt.
- Kommt in der Hauptsaison möglichst vor 1o Uhr in Sa Calobra an, wenn ihr noch einen Parkplatz bekommen wollt. Dann ist auch die Straße noch recht frei, denn Busse dürfen erst ab 13 Uhr hinunterfahren.
- Apropos Parkplatz: Die Gebühr kann in bar und mit EC-Karte bezahlt werden.
- Die Rückfahrt nach oben solltet ihr erst ab 15 Uhr antreten, vorher sind die Serpentinen voll.
- Die Restaurants in Sa Calobra sind (sorry) Touristennepp. Wenn ihr keine überteuerten Pommes und Burger essen wollt, bringt euch euren Lunch selbst mit.
- Zum Baden an der Platja de Sa Calobra und der Platja de Torrent de Pareis sind Badeschuhe eine gute Idee. Duschen am Strand gibt es nicht!
- Wollt ihr den Torrent de Pareis nur ein Stück weit erkunden, sind richtige Wanderschuhe nicht nötig. Wichtiger ist es, auf mehrere Flussdurchquerungen eingerichtet zu sein (-> Handtuch für die Füße oder Trekking-Sandalen)
- Im Sommer wird es sehr heiß in der Schlucht. Bringt viel Wasser mit und startet möglichst früh!
- Noch einmal: Vor eurer Wanderung im Torrent de Pareis darf es mindestens eine Woche lang nicht geregnet haben. Die nassen Steine sind sehr rutschig und machen die Tour zu gefährlich.
- Das letzte Boot verlässt Sa Calobra gegen 16:30 Uhr, auch die Parkplätze werden dann merklich leerer und ihr habt den Strand für euch allein. Da er nach Norden zeigt, ist allerdings kein romantischer Sonnenuntergang zu erwarten ;-)
Habt ihr die Straße nach Sa Calobra schon bezwungen, oder sogar den Torrent de Pareis in seiner vollen Länge? Wir freuen uns auf eure Erfahrungen!
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Vor zwei Jahren habe ich den großen Schritt gewagt, eine Wohnung auf Mallorca gekauft und bin ausgewandert. Die Insel hat wirklich viel zu bieten – von atemberaubenden Landschaften über fantastische Wandermöglichkeiten bis hin zu verlassenen Stränden und wunderbaren Menschen. Du hast wirklich toll eingefangen, was für einen Nervenkitzel Sa Calobra und Torrent de Pareis bieten können. Meine Tochter war von der Busfahrt nach Sa Calobra zwar nicht begeistert, aber ein Eis und die spektakuläre Aussicht konnten sie schnell wieder besänftigen ;)