! Aktualisiert am 21. Juni 2020
Susanne hat zusammen mit ihrer 14-jährigen Tochter Leonie ein Jahr in Neuseeland gelebt. Diese Auszeit entstand als Ausweg aus einer familiären Krise, aber sie wurde für Mama und Tochter zu einer wunderbaren Gelegenheit. Im Interview hat uns Susanne erzählt, welche Lektionen sie aus einem Jahr am anderen Ende der Welt für sich mitgenommen hat.
Weltwunderer: Liebe Susanne, wie bist du auf die Idee gekommen, eine Auszeit in Neuseeland zu verbringen?
Susanne: Der Auslöser war eine Krisensituation (bevorstehende Trennung) innerhalb der Familie. Wir wollten uns Zeit geben und in einer völlig anderen Umgebung mit neuen Menschen und neuen Gegebenheiten diese schwierige Situation verarbeiten, neue Kraft und Energie tanken und mit neuen Impulsen die Zukunft positiv gestalten.
WW: Wie hat euch Study Nelson bei dieser Idee geholfen?
Susanne: Study Nelson hat uns sowohl praktisch als auch emotional sehr unterstützt. Zum einen haben sie uns geholfen, eine passende Schule mit der entsprechenden akademischen Einstufung und den Wunschfächern für meine Tochter Leonie zu finden. Zudem gaben sie uns wertvolle Erläuterungen für die Beantragung der Visa, wir erhielten ein fundiertes Handbuch mit gezielten Informationen über Land, Leute und Kultur sowie Hinweise zum geplanten Wohnort mit Aktivitäten, Vereinen, und Veranstaltungen und zu besonderen Verhaltensregeln in Neuseeland.
Während der Auszeit wollte ich mich sozial engagieren, Study Nelson unterstützte mich beim Finden eines geeigneten Projekts. Selbst bei der Suche unserer „Traumwohnung“ und beim Autokauf haben sie uns geholfen. Nicht zuletzt gab es eine ausführliche Checkliste, was wir beim Verlassen unserer bisherigen Heimat beachten sollten.
Von unschätzbarem Wert war aber die emotionale Stärkung. Study Nelson haben unsere Sorgen ernst genommen, uns Mut gemacht und Zuversicht gegeben, den Schritt zu wagen. Das hat auch unsere Vorfreude verstärkt.
Sie waren fast jederzeit für uns da, auch als wir in Neuseeland ankamen und dort lebten. Wenn uns, vor allem in den ersten Wochen, das Heimweh plagte, hatten sie ein offenes Ohr. Sie boten Zuversicht und bildeten eine stabile Brücke zwischen den beiden „Welten“, um den „Kulturschock“ zu überwinden. Auch halfen sie uns, anstehende Probleme lösungsorientiert anzugehen. Diese wertvolle Unterstützung darf man keineswegs unterschätzen.
Ja, Study Nelson war für uns wirklich da, sozusagen hatten wir ein „Rundum-Sorglos-Paket“.
Mit einer längeren Planungszeit hätten wir das vielleicht auch allein geschafft. Weil wir jedoch so schnell wie möglich weg wollten, wäre das ohne Study Nelson wirklich schwierig geworden.
WW: Wie lange hat es denn gedauert von deiner Entscheidung bis zum Abflug nach Neuseeland?
Susanne: Nachdem wir uns entschieden hatten, wollten wir unsere Auszeit so schnell wie möglich antreten. Es war uns wichtig, dass Leonie zu Beginn eines Schulsemesters in Neuseeland starten kann. Uns blieben gerade einmal elf Wochen, um unser Vorhaben in die Tat umzusetzen!
WW: Uff, das klingt nach viel Stress. Ist auch mal etwas schiefgegangen?
Susanne: Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass dabei auch mal etwas schiefgeht. Hier ein fehlendes Dokument, das schnell nachgereicht werden muss, da eine fehlgeleitete E-Mail oder die Nichtbeachtung der 12 Stunden-Zeitverschiebung bei einem anstehenden Telefonat. Zudem war klar, dass nicht alle Wünsche unter einen Hut gebracht werden konnten, bei der Schulauswahl und den Fächern am Wunschort waren auch Kompromisse nötig.
Na ja, und dann hatten wir endlich unser Haus in Strandnähe und mit Meerblick gefunden, die Bilder verhießen die Erfüllung unseres „Traums“ – da wurden wir bereits vor der Anreise darauf aufmerksam gemacht, dass Straßenarbeiten begonnen hätten und wir mit mindestens drei bis vier Monaten Baulärm zu rechnen hätten. Da uns Ruhe wichtig war, mussten wir von unserem Traum Abschied nehmen. Aber nur kurz, da Study Nelson für uns bald ein neues „Traumhaus“ gefunden hatte. Sie haben sich wirklich sehr für uns ins Zeug gelegt!
WW: Wo habt ihr denn in Neuseeland während eurer Auszeit gelebt?
Susanne: Wir haben uns für Nelson, eine Kleinstadt mit fast 50.000 Einwohnern im Norden der Südinsel, am Meer liegend, entschieden. Nelson ist zum einen bekannt für seine besondere Kunst- und Kulturszene, mit Ausstellungen, Veranstaltungen, Festivitäten und Kunstmärkten rund um das ganze Jahr, zum anderen ist es umgeben von einer herrlichen, ruhigen Natur mit Stränden, Wäldern und einer bergigen, weitläufigen Landschaft und nicht zuletzt, dem nahegelegenen weltbekannten atemberaubend schönen Abel Tasman National Park.
Unser Haus lag auf einem Hügel mit fantastischem Ausblick auf die Einfahrt des Nelsoner Hafens, den nahegelegenen großzügigen Stadtstrand Tahunanui Beach und die weitläufigen Berglandschaften bis hinüber zum Nationalpark. Ich habe unzählige Stunden auf dem Balkon verbracht, ein Buch gelesen, die Farbenspiele des Himmels und Meeres bestaunt, die wundervollen Sonnenuntergänge genossen oder einfach nur mit dem Fernglas den Robben beim Spielen im Wasser zugeschaut.
WW: Das klingt traumhaft! Und wie habt ihr euch dort beschäftigt?
Susanne: Unser Alltag war eigentlich wie in vielen Familien strukturiert. Meine Tochter Leonie ging tagsüber in die Schule. Sie hatte wenige Pflicht- und viele Wahlfächer, was ihr sehr gefiel, selbst beim Schulprogramm mitbestimmen zu dürfen. Theaterspiel, Musik und Outdoortraining waren bei ihr hoch im Kurs. In der Freizeit war sie mit Fußball, Reiten, Gymnastik, Netflix, Shopping und Chillen mit Freundinnen beschäftigt; das typische Teenagerprogramm von Mädels.
In meinem beruflichen Alltag hatte ich in dem Jahr verschiedene Jobs in Teilzeit. Als selbständiger Coach und als Beraterin habe ich Online-Coachings durchgeführt, was dank der heutigen Technologie kein Problem mehr ist, es ist wohl eher ein Thema, die Zeitverschiebung zu beachten. Manchmal hieß das für mich, mitten in der Nacht ein Coaching-Gespräch zu führen. Im Rahmen meiner freiwilligen sozialen Arbeit habe ich wöchentlich 1 Tag in einem Gemeinschaftszentrum in einem sozial schwachen Wohngebiet verbracht. Außerdem habe ich im Rahmen meines Besuchervisums zusätzlich ein Arbeitsvisum beantragt und genehmigt bekommen, da mir eine Stelle angeboten wurde, für 10 Stunden pro Woche bei einer Consulting-Firma zu arbeiten.
Trotzdem blieb Zeit für ganz andere und neue Aktivitäten, bei denen ich mich ausprobieren wollte. So habe ich zum Beispiel an der Abendschule eine Einführung in die Sprache der Maori besucht, den Segelschein gemacht, mich im Zeichnen und Malen versucht und verschiedene Workshops und Seminare zu Themen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung besucht. Tennis im Verein, Pilates, Mountainbiken mit der Nachbarin und Joggen am Beach gehörten zum regelmäßigen Sportprogramm. Eine Golfstunde war ebenfalls ein Muss, aber trotz des herrlichen Golfplatzes und eines sehr netten Golflehrers erkannte ich die Grenzen meiner Talente.
WW: Habt ihr in der Zeit auch neue Freundschaften geschlossen?
Susanne: Generalisierend lässt sich sagen, dass die Neuseeländer sehr aufgeschlossen, hilfsbereit und entspannt sind und wenn man als Mensch ebenfalls offen, interessiert und „Nicht-mit-der-Tür ins Haus fallend“ auf sie zugeht, dann ist es einfach, schnell und gut in Kontakt mit den „Kiwis“ (wie sie sich umgangssprachlich auch selbst nennen) zu kommen.
Während diesem Jahr habe ich wirklich wunderbare, weltoffene, freundlich-zugewandte und herzliche Menschen getroffen, mit einigen wenigen hat sich sogar eine hoffentlich bleibende Freundschaft entwickelt. Mit den Nachbarn rechts und links von uns gab es regelmäßig gegenseitige Essenseinladungen, vor allem zum BBQ, und es gab viel auszutauschen über die unterschiedlichen Lebensweisen und wir hatten immer viel zu lachen.
WW: Urlaub in Neuseeland ist ja etwas ganz anderes, als dort längere Zeit zu leben – oder?
Susanne: Ja, das ist etwas ganz anderes. Wir sind in Neuseeland während der Schulferien auch durchs Land gereist, da waren wir eben Urlauber und haben die meisten Sehenswürdigkeiten und touristischen Naturwunder bestaunt: atemberaubende Natur, Geysire, Whale Watching, Schwimmen mit Delphinen, usw.
Danach haben wir noch eine Woche Badeurlaub auf der wunderschönen Südseeinsel Rarotonga (Teil der Cook Inseln im Südpazifik) gemacht. Auch meine ältere Tochter Rebecca kam in dieser Zeit zweimal für je einen Monat zu Besuch.
Mit der neuseeländischen Kultur, dem Leben dort und den Menschen wirklich vertraut werden, Freundschaften knüpfen, Alltag leben, Institutionen kennenlernen, wie die Spielregeln und Gesetze dort funktionieren, zu verstehen, wie die Menschen wirklich „ticken“…. All das ist nur möglich, wenn man über einen längeren Zeitraum dort lebt und am Alltagsleben dort teilnimmt.
Was noch erwähnenswert ist: Neuseeland liegt geographisch doch etwas „abgelegen“. Deshalb spielt die Weltpolitik und das Geschehen dort eher eine untergeordnete Rolle, was dazu führte, dass ich ohne es zu merken, auch das Interesse daran verlor.
Sozusagen war es fast ein nachrichtenfreies Jahr. Und um ehrlich zu sein, ich habe nicht den Eindruck, irgendetwas verpasst zu haben.
WW: Was hat euch am Leben in Neuseeland am besten gefallen? Was nicht so?
Susanne: Am besten hat mir neben der Verbundenheit mit der wunderschönen Natur die Lebensweise und Lebenshaltung gutgetan: Alles war entspannter, friedlicher und ruhiger, insgesamt weniger Hektik und Stress als wir es von Deutschland oder anderen europäischen Ländern gewohnt sind. Man entschleunigt automatisch, das tut der Seele gut. Bei manchen Spaziergängen an menschenleeren, wunderschönen Stränden hatte ich manchmal das Gefühl, dem Paradies ein Stück näher zu sein und das hat sehr zufrieden gemacht.
Das Leben dort ist in mancher Hinsicht auch etwas einfacher, z.B. ersichtlich an den Häusern. Die meisten sind aus Holz gebaut, einfacher gestaltet und es muss nicht perfekt sein, da dürfen die Fußbodenleisten auch mal einen Zentimeter abstehen, ohne dass es jemanden stört. Auch das Outdoorleben, beim Picknicken, bei Veranstaltungen oder beim Sport, habe ich sehr genossen; viel Zeit im Freien und in der Natur zu verbringen erhöht die Lebensqualität.
Das einzige, was mich mit meiner Recycling-Mentalität manchmal gestört hat, waren der etwas lässige Umgang mit Plastik und der Energie. Es gibt dort noch zu viel Plastikmüll und da die Häuser schlecht isoliert und mit elektrischen Klimaheizungen ausgestattet sind, wird vor allem in den kühlen Wintermonaten viel Energie verschwendet.
WW: Was sagt deine Tochter? War die Auszeit in Neuseeland auch für sie das Richtige?
Leonie über ihre Zeit in Neuseeland: „Die Zeit war unglaublich schön und atemberaubend. In Neuseeland habe ich viel gelernt, zum Beispiel das unterschiedliche Schulsystem, das dazu beigetragen hat, mein Englisch zu verbessern. Und es war nicht so stressig, wie hier in der Schweiz. Wir wurden viel gelobt und gar nicht getadelt. Ich bin auch reiten gegangen, habe in der Frauenmannschaft beim FC Nelson Fußball gespielt und habe sonst viel Sport (Gymnastik, Laufen, Klettern, Trampolin Springen) gemacht. Das Reiten ist die unglaublichste Aktivität in Neuseeland, wir waren immer draußen in der freien Natur. Die Leute sind auch mega toll, freundlich und sehr liebevoll. Ich habe dort viele Freunde gefunden und bin immer noch in Kontakt mit ihnen. Das war das schönste Jahr bis jetzt in meinem Leben.“
Mama über Leonies Zeit in Neuseeland: Meine Tochter hatte die Trennung ihrer Eltern zu verkraften, was sie bestens gemeistert hat. Das Andere und das Neue hat sie beschäftigt, sie hat den Fokus darauf gelenkt. Im Teenager-Alter ist es nicht so einfach, unbekümmert Freundschaften zu knüpfen und sich in eine Gruppe zu integrieren. Das hat sie schnell geschafft und darauf kann sie stolz sein.
Die Schule, die auf die Stärkung der Stärken orientiert ist und viel mit Wertschätzung und Anerkennung arbeitet, hat ihren Selbstwert gestärkt. Leonie ist innerhalb dieser Zeit selbständig, selbstbewusst, aufgeschlossen und mutiger geworden und sie hat ihre sozialen Fähigkeiten weiter ausgebaut. Außerdem hat der Aufenthalt ihre interkulturelle Kompetenz entwickelt, welche ich heutzutage für junge Menschen in Zeiten der Globalisierung für unerlässlich halte.
WW: Wie zufrieden seid ihr im Rückblick mit eurer Auszeit?
Susanne: Die Auszeit war ausgelöst durch die persönlichen Umstände meine bisher persönlich schwierigste und zugleich die erkenntnis- und entwicklungsreichste Zeit in meinem Leben. Ich habe in dieser Zeit in diesem für mich ganz besonderen Land mit dieser herrlichen Natur viel reflektiert, analysiert und so viel über mich selbst gelernt, und das schätze ich sehr.
Ich bin überzeugt, dass ich diese persönliche Entwicklung ohne die Auszeit in Neuseeland nicht gemacht hätte.
Das Einzige, das wir bedauern, ist, dass während der Auszeit die Nordinsel nur einmal für wenige Tage bereist haben. Wir hätten uns fürs Reisen in Neuseeland mehr Zeit nehmen sollen. Aber das können wie nachholen und so haben wir ein weiteres Urlaubsziel.
WW: Wie hat die Auszeit in Neuseeland euer Leben und eure Familie verändert?
Susanne: Normalerweise entfernen sich die Kinder von den Eltern während der Pubertät, aber die Auszeit hat meine Tochter und mich näher zusammengebracht. Wir haben das Neue und Andere gleichzeitig und auch gemeinsam erlebt, haben Hürden gemeistert, mussten beide unsere Komfortzonen verlassen. Diese ähnlichen Erfahrungen schweißen zusammen und wir haben uns darüber viel ausgetauscht.
Und es hat unseren Blick auf die Dinge verändert und leben bewusster: Wir betonen nicht mehr das Negative und die Katastrophenmeldungen, die wir tagtäglich durch die Medien erhalten, wir schauen auf die Dinge, die gut im Leben laufen, und die wir wertschätzen.
Auch haben wir gelernt, mit weniger materiellen Dingen auszukommen. Bei der Rückkehr von Neuseeland haben wir in unserem Haus erst einmal viel „Plunder und altes Zeugs“ ausgemistet. Zudem leben wieder mehr draußen und gehen mehr in die Natur, wir genießen und freuen uns an einem schönen Sonnenuntergang, am Ausblick auf eine Bergkette oder beim Anblick einer saftig grünen Wiese.
Leonie ist wieder in ihre damalige Schule und Klasse zurück gegangen und ist wieder in ihrem Fußballverein. Ihre alte Mannschaft hat sie wirklich vermisst.
Ich bin mit dem Aufbau meiner Selbständigkeit als Leadership-Coach und als Beraterin beschäftigt. Meine Erfahrungen aus dem Auszeit-Aufenthalt lasse ich in meine Arbeit einfließen. So sind mir beispielsweise Stille, Ruhe und Achtsamkeit wichtig geworden, im Coaching und in Seminaren biete ich dazu speziell Übungen und Einheiten an.
Neuseeland war daher nicht nur der Ort, wo ich gelernt habe, selbstbestimmt zu leben, sondern auch der Start eines spirituellen Weges für mich, der gerade erst begonnen hat.
Vielen Dank für das Interview!!
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