! Aktualisiert am 22. September 2023
Ich und Rafting? Im Schlauchboot, auf einem wilden Fluss, mit einem kleinen Kind? Womöglich ins eiskalte Wasser fallen? Nee, danke! Dachte ich jahrelang und felsenfest – bis wir im Niemandsland zwischen Wellington und Ohakune den schönsten Campingplatz der Nordinsel fanden und Connor trafen.
Der Rangitikei District: touristisches Niemandsland
Auf dem Weg von Wellington nach Norden muss man sich entscheiden: an der Westküste entlang über Wanganui fahren, an der Küste bleiben und Taranaki umrunden? Oder weiter über den Tongariro National Park nach Taupo? (Man kann auch den SH2 durch die Landesmitte nehmen, der über die Wairarapa-Region nach Palmerston North oder noch weiter östlich nach Napier, in die Hawke’s Bay und nach Gisborne führt – aber das machen die wenigsten.)
Der Großteil der Reisenden hält sich an der Westküste und biegt dann in Wanganui auf dem SH4 in die Mitte der Nordinsel, zum Tongariro National Park, ein. Man kann aber auch ein Stück vorher in Bulls auf dem SH1 bleiben und über Waiouru die Vulkane des Central Plateau erreichen. Dabei kommt man durch einen völlig weißen Fleck auf der neuseeländischen Landkarte – und der Rangitikei District rund um die Städtchen Taihape und Bulls ist, wie wir staunend entdeckten, wunderschön!
Die Region zwischen der Kapiti Coast und den Ruahine Ranges ist einer der am dünnsten besiedelten Landstriche der Nordinsel. Hier ziehen sich endlose Weiden, auf denen Rindvieh weidet und Methan ausstößt – dabei aber sehr idyllisch aussieht. An den Rändern der Felder stehen schnurgerade Reihen von Pappeln, die den bröckelnden Boden festhalten sollen. Denn der bricht Stück für Stück ab und wird vom Rangitikei River in die Tasman Sea getragen.
Rangitikei River Gorge: beeindruckend!
Das Panorama, das sich immer wieder mal von der Straße auf das Flusstal eröffnet, ist beeindruckend. Der Rangitikei River hat sich im Laufe der Jahrhunderte tief in den weichen Kreideboden hineingefressen – inzwischen so tief, dass sich bis zu 200 Meter tiefe Schluchten auftun, deren schneeweiße Ränder einen fantastischen Kontrast zum Grün ringsum und dem Knallblau des Flusses abgeben. Und diese Schluchten werden unweigerlich immer breiter, da der Boden nicht mehr von Baumwurzeln gehalten wird…
Wir kennen uns in Neuseeland ziemlich gut aus, aber diese Landschaft – auf Maori/Neuseeländisch “Papa Cliffs” schien uns komplett neu. Wir hatten sie auch noch nie in einer touristischen Broschüre oder auf einem der zahllosen Fotokalender gesehen. Die ersten Siedler schufteten sich hier Ende des 19. Jahrhunderts den A… ab, um den dichten Regenwald in ordentliches Farmland zu verwandeln und eine Eisenbahnstrecke zu legen. Mit dem Ergebnis, dass die Region 100 Jahre später schon wieder im Dornröschenschlaf versunken ist.
Zeugnis der vergangenen Tage sind viele hübsche historische Ladenfronten in den Ortschaften, die großteils mit Brettern zugenagelt sind. Und einige beeindruckende Eisenbahnbrücken, die heute nur noch einspurig und mit Tempo 10 km/h von Autos befahren werden.
Was die Leute hier vielleicht noch kennen, ist die Gummistiefel-Weitwurf-Hauptstadt Taihape mit ihrem riesigen Wahrzeichen am Ortseingang. Unter Fans ist auch noch das Rugby-Museum in Bulls bekannt; einem Städtchen, das ansonsten jede Gelegenheit für Wortspiele mit “Bullen” nutzt, muahaha. Und Militär-Liebhaber halten eventuell am Army Museum in Waiouru (wo auch Neuseelands schönste Toilette des Jahres 2016 steht, jaha).
Ansonsten gibt es ein paar Geheimtipps in dieser Region, und das sind wirklich welche: Welcher Reisende nimmt zum Beispiel die mühsame Anfahrt zu den Whitecliffs Boulders auf sich, die versteckt im Wald hinter einer schlammigen Schafweide liegen? (Wir leider nicht, obwohl ich die Familie fast überzeugt hatte…)
Wer springt im Mokai Canyon an einem Gummiseil in die Tiefe? (Niemand mehr, weil das Unternehmen mangels Kundschaft leider pleite ging.) Wer hält im Örtchen Mangaweka an, um dort in einem stillgelegten DC3-Flugzeug einen Kaffee zu trinken? (Auch niemand mehr, fürchte ich…) Wer erkundet die Herr-der-Ringe-Filmlocations am Rangitikei River, der nämlich auch den Fluss Anduin doubelte?
Und wer steigt in ein Schlauchboot, um mit Kindern auf einem der längsten Flüsse Neuseelands im Schatten hoch aufragender Kreideklippen zu raften? Öhm, wir.
Rafting auf dem Rangitikei River: Familienspaß mit Nervenkitzel!
“Na klar könnt ihr mit euren Kindern raften, das macht Spaß! Soll ich euch gleich für morgen früh eine Tour buchen?” Eine Wahl ließ uns Paul Eames, der freundliche Betreiber des Awastone Riverside Haven und selbst Rafting-Meister, nicht wirklich. Wir hatten bereits, überwältigt von der Schönheit des Flusstals mit seinen weißen Klippenwänden und den Flussufern voller Fossilien, eine Abendsitzung im “Hot Tub” gebucht. Endlich mal wieder Onsen-Feeling, aaah!
Und nun noch eine Rafting Tour für wasserscheue Nichtschwimmer wie die Weltwundertochter und Spritzwasser-Angsthasen wie mich? Also gut. Wir sind ja nur einmal jung!
Pünktlich um 10 Uhr standen wir nervös an der Rezeption des Awastone Campground und trafen auf Connor. Der fröhliche Neuseeländer, der exakt zwei Jahre jünger war als der Weltwundermann (dessen Geburtstag wir zwei Tage vorher in Wellington gefeiert hatten…) beruhigte uns – er habe reichlich Erfahrung als Rafting-Begleiter auf der ganzen Welt gesammelt. Weil er nun selbst eine Familie gegründet hatte, bäckt er wenigstens in den nächsten Jahren kleinere Brötchen und begleitet Familien auf dem Rangitikei River.
Wir stopften uns also mutig in wasserfeste Hosen und Jacken, schnallten die Schwimmwesten an und folgten Connor dann hinab ans Flussufer, wo unser Schlauchboot lag. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung ging es auch gleich los ins Wasser.
Wie man mit einem Schlauchboot fährt und Mini-Stromschnellen bewältigt, hatten wir ein paar Monate vorher bereits auf der Neiße im Osten Sachsens gelernt, fühlten uns also einigermaßen sicher. Mit Connors Anweisungen steuerten wir unser “vessel” souverän über den breiten Fluss und einige – harmlose – Stromschnellen.
Was gar nicht harmlos war: Hin und wieder brechen von den steilen Kreideklippen Stücke ab und gehen in einem gewaltigen Erdrutsch/Steinschlag hinab in den Fluss. Wenn man dann gerade an dieser Stelle herumpaddelt, kann das böse enden. Wie böse, zeigte uns Connors erschrockenes Kommando “Go, go, go!!”, als wir es hinter unserem Rücken plötzlich bröckeln hörten…
Wichtig: Vor dem Start hatten wir angegeben, wie dringend wir bei der Fahrt trocken bleiben wollten. Die Weltwunderwinztochter und ich wurden dann wunschgemäß ganz hinten platziert, die großen Kids am Bug. Und dort wurden sie, von Connor geschickt gesteuert, ordentlich nassgespritzt.
Das eiskalte Wasser machte ihnen gar nichts aus. Und auch die Tatsache, dass sie ihre normalen Sachen unter den Wathosen anhatten. Das zeigten sie uns ganz deutlich, als Connor gegen Ende der Tour eine Ansage machte: “Das hier wäre jetzt die letzte Gelegenheit, in den Fluss zu springen!”
Weltwundertochter und Weltwundersohn schauten sich kurz an – und ließen sich dann gleichzeitig rücklings über Bord fallen. Um prustend und kreischend wieder aufzutauchen: “Wahh, ist das kalt!” Die glücklichen Gesichter über den klatschnassen Anzügen, nachdem wir die beiden aus dem Fluss zurück ins Boot gehievt hatten, sehe ich noch heute vor mir.
Wer kann raften? Die Stromschnellen auf diesem Abschnitt sind maximal “Grade 2”, also einfach. Kinder ab 3 Jahren dürfen ins Boot, schwimmen muss man nicht können. Die jüngste Weltwundertochter war 4 und hatte zugegebenermaßen nicht so viel Spaß wie ihre älteren Geschwister. (Es gibt aber auch eine “Grade 5”-Tour für Abenteuerlustige, die Schwerti gemacht hat!)
Wie lang ist ein Ausflug? Eine Tour dauert ca. 2 Stunden, davon ist man etwa 1,5 Stunden auf dem Wasser.
Was braucht man für die Rafting-Tour? Nichts; wasserfeste Kleidung, Schwimmwesten, eine wasserfeste Tasche für Fotoapparate etc. sowie ein kleiner Imbiss nach der Tour werden gestellt. Ach ja: Die (kurze) Rückfahrt zum Camp erfolgt in einem typisch neuseeländischen Minibus – alt, abgeranzt und natürlich ohne Gurte oder gar Kindersitze. Oh, well…
Was kostet die Rafting Tour für Familien? Wir haben die “Papa Gorge Family Fun Raft” Option gebucht, die kostet pro Person 90 NZ$, Kinder zahlen 75 NZ$. -> Hier könnt ihr das ganze Rafting-Angebot sehen.
Campingplatz-Tipp: der doppelte Campground in Mangaweka
Zu unserem Rafting-Abenteuer kamen wir wie die Jungfrau zum Kinde: Eigentlich wollten wir nur auf dem Awastone/Mangaweka Campground nahe dem gleichnamigen Ort übernachten, den uns die CamperMate-App als passenden Zwischenstopp vorgeschlagen hatte. Er liegt nämlich fast direkt am SH1.
Dass sich am breiten Ufer des Rangitikei River gleich zwei Campingplätze fast gegenüberliegen, stand dort nicht. Und auch nicht, dass beide Campsites zusammengehören. Sie sind sehr verschieden, aber jede ist auf ihre Art einfach fantastisch. Wir konnten uns gar nicht entscheiden!
Der urige Mangaweka Campground bietet Stellplätze ohne Strom direkt auf einer Wiese am Flussufer (und einige mit Strom weiter weg vom Fluss). Mehr als ein rudimentäres Toilettenhäuschen (Münzen fürs Duschen gibt es nebenan im Awastone), einen altersschwachen Spielplatz und ein paar Feuerstellen bekommt man für sein Geld nicht.
Aber das ist auch unnötig: Die Atmosphäre ist hier unschlagbar. Tagsüber kann man die faustgroßen Flusskiesel auf Fossilien untersuchen (einfach aufschlagen und schauen, was sich in dem weichen Stein versteckt!), nachts Feuerchen machen und auf den Ruf der Ruru-Eulen lauschen.
Kosten: 9 NZ$/Erwachsene, 5 NZ$/Kinder ab 6 Jahren für “unpowered sites” – Bezahlung nebenan im Awastone)
Der stylishe Awastone Riverside Haven am anderen Ufer des Flusses bietet dagegen alle möglichen “Amenities”, vom großzügigen Komplettholz-Familienbad über einen Hot Tub und Wifi bis hin zum kleinen Restaurant. Und eben eine ganze Reihe von Freizeitaktivitäten, die man hier buchen kann!
Kosten: 38 NZ$/2 Personen,5 NZ$/Kinder ab 6
(Besonderen Dank auch noch mal an den Awastone Riverside Haven für die fünf Liter Notfall-Diesel, die wir in einer Gießkanne spendiert bekamen, weil wir es auch nach drei Wochen on the road nicht gelernt hatten, rechtzeitig zu tanken – noch so ein Roadtrip Fail…)
Seid ihr schon durch das Rangitikei River Valley gefahren? Habt ihr den Mangaweka Campground gefunden, die Whitecliffs Boulders besucht oder seid ihr gar in den guten alten Zeiten im Mokai Gravity Canyon in die Tiefe gesprungen? Dann erzählt uns davon!
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Wow das sieht richtig toll aus. Neuseeland ist schon länger ein Traum von uns, aber irgendwie haben wir es doch noch nie geschafft. Diese Tour werde ich mir jedenfalls vormerken, das sieht nach richtig viel Spass aus!
Wie alt sind denn eure Kinder? Für uns Anfänger war die Tour genau richtig; wer schon Erfahrung hat, der nimmt dann halt die Variante mit den richtigen Stromschnellen ;-)