! Aktualisiert am 22. Oktober 2024
Reisen trotz Corona – warum sollte man das nicht machen, wenn man es kann? Mir fallen mehrere Gründe ein. Vor allem dieser: Wenn wir es schon in der Pandemie nicht schaffen, Verantwortung für die Gemeinschaft zu zeigen, wann dann?
Klarstellung: Dieser Beitrag wurde mitten im zweiten Corona-Lockdown im Februar 2021 geschrieben – und er bezieht sich auf die aktuelle Situation, in der sich durch Virus-Mutationen aus Großbritannien und Brasilien gerade eine verdeckte dritte Welle an Infektionen anbahnt – trotz Lockdown. Er bezieht sich auch ausdrücklich nicht auf Reisen ins eigene Ferienhaus im Harz oder auf Leute, die sich gerade dauerhaft irgendwo anders aufhalten, weil sie Corona in Deutschland schon im Herbst 2020 den Rücken gekehrt haben.
Seit einigen Wochen höre und lese ich andere Familien seufzen: „Wenn wir doch endlich mal wieder verreisen könnten!“ Und einige tun es auch, sie melden sich (anständigerweise etwas verschämt) mit Fotos von Traumstränden auf den Malediven, den Seychellen oder anderen Tropenparadiesen, die auf Instagram eh alle gleich aussehen. Aus dem Paradies, so scheint es uns Hiergebliebenen, die unter dem zweiten Lockdown leiden.
Warum sollte man nicht auch jetzt trotz oder sogar wegen Corona verreisen, wenn man es sich zeitlich und finanziell leisten kann? Es sprechen doch viele Gründe dafür!?
Ich schaue mir diese Gründe mal an und möchte euch erklären, warum die für mich alle nicht zählen. Und dass es einen enorm wichtigen Grund gibt, aus dem wir alle bitte noch ein paar Wochen mit dem Arsch auf dem Sofa kleben sollten, auch wenn es uns noch so sehr in den Fingern juckt, einen Flug zu buchen und ins warme Meer zu springen.
Warum wir gern reisen wollen – trotz Corona-Pandemie
Argument 1: Es ist nicht verboten zu verreisen.
Das stimmt. Trotz vieler Einreiseverbote ist es immer noch möglich, Flüge an schöne Urlaubsziele wie die Karibik, nach Mexiko oder auf die Seychellen zu buchen und dort Urlaub zu machen. Aber nur weil etwas nicht verboten ist, heißt das nicht, dass es vernünftig ist. Es ist auch nicht verboten, sich jeden Tag zu betrinken, eine blöde Idee ist es trotzdem.
Die Regierungen aller Länder empfehlen seit Monaten dringend, auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Kann man das nicht einfach machen, ohne dass es einem rundweg verboten wird? Denn das wird uns dann definitiv auch nicht recht sein.
Argument 2: In Land XY ist es sicherer als hier.
Haha, der ist gut. Wir werden sozusagen Corona-Flüchtlinge, jedenfalls diejenigen von uns, die sich das finanziell und zeitlich leisten können. Und die zusätzlich noch ein Polster als Backup haben, wenn die Situation so eskaliert wie im März 2020: als es plötzlich keine Rückflugtickets mehr gab oder die das Dreifache kosteten, als man festsaß auf unbestimmte Zeit und jede Unterkunft nehmen musste, die man fand. Oder kürzlich in Australien, als ankommende Passagiere aus Neuseeland erfuhren, während ihrer Flugreise seien die Einreisebestimmungen geändert worden und sie müssten sich nun sofort ein Hotelzimmer für eine 14-tägige Quarantäne suchen. Düdüm.
Dass die Gesundheitssysteme in fast allen Ländern der Welt nicht ganz so gut ausgestattet sind wie das deutsche, ignorieren wir lieber auch. Und dass diese Gesundheitssysteme mit einem Ausbruch von Corona wahrscheinlich gar nicht gut umgehen könnten. Einem Ausbruch, der sehr wahrscheinlich von Reisenden verursacht sein wird.
Denn, siehe nächster Grund:
Argument 3: Wir machen doch einen Corona-Test vor der Abreise!
Ein negativer Corona-Test vor dem Abflug und noch einer bei der Ankunft, plus vielleicht noch Fiebermessen. Das ist State of the Art beim Corona-Grenzschutz in den meisten Ländern, die noch Touristen reinlassen. Ein Virus mit 14-tägiger Inkubationszeit, das sich noch vor dem Auftreten der ersten Symptome am besten verbreitet, wird man dabei ziemlich sicher nicht komplett draußen halten.
Es gibt natürlich auch die krassen Länder wie Thailand, Neuseeland oder Island letzten Sommer, die Einreisende erstmal in Quarantäne stecken. 14 Tage lang, auf eigene Kosten. Nee, da wollen wir nicht hin, das nervt ja!!
Aber habt ihr mal überlegt, warum Neuseeland das so streng handhabt? Weil sie gern weiterhin null Corona-Fälle in ihrer Bevölkerung haben wollen. Das Leben ihrer Bürger*innen ist ihnen auch den Ruin ihrer Tourismusbranche wert. Aktuell sind wieder drei (!) neue Fälle in Auckland gefunden worden, keiner weiß bisher, wo die herkamen. Was passiert? Ganz Auckland geht in einen kompletten Lockdown mit Schulschließungen, Zwangs-Homeoffice und Reisesperren. Und da hält sich auch jeder dran.
Andere Staaten gewichten das anders (siehe nächster Grund) und halten es lockerer. Nur – mit diesen laxen Grenzkontrollen ist es nur eine Frage der Zeit, bis Reisende das Virus in ein Land einschleppen. Und das könntet zum Beispiel ihr sein.
Ein nettes Mitbringsel aus Deutschland, hier bitteschön! Konnte ja keiner wissen, als ihr den Test gemacht habt. Wenn das dann grassiert auf der schönen Insel, dann seid ihr schon lange wieder zu Hause in Deutschland, wo wir ja zum Glück wieder ein paar freie Intensivbetten haben. (Glaubt ihr nicht? Es gibt mehrere Beispiele von Ländern, die Corona gut im Griff hatten, bis Reisende einen Ausbruch mit exponentiellem Anstieg herbeiführten; z. B. Griechenland oder die Bahamas oder, haha, Deutschland!)
Argument 4: Die Menschen in Land XY brauchen die Einnahmen durch den Tourismus!
Es ist traurig, aber wahr, dass einige Länder – darunter viele der sogenannten Tropenparadiese – fast vollständig vom Auslandstourismus abhängen. Aber dieses Argument als Grund anzubringen, warum man jetzt dorthin reist, ist (mit Verlaub) postkolonialistische Kackscheiße.
Arme Staaten, die vom Tourismus abhängig sind, haben gar keine andere Wahl, als die Wirtschaft am Laufen zu halten und dafür die Gesundheit ihrer Bevölkerung zu riskieren (einigen ist es wahrscheinlich auch einfach egal – oder sie sind so krass drauf wie der Präsident von Tansania, der Corona im Mai 2020 weggebetet hat und seitdem einoffiziell coronafreies Land regiert, zu dem auch die paradiesische Insel Sansibar gehört). Das nutzen wir schön aus und reden uns dann noch ein, wir würden den Menschen ja etwas Gutes tun. Gerade bei tropischen Inseln, deren umgebende Gewässer durch Kreuzfahrtschiffe zerstört werden und die dank Klimawandel (befeuert durch Langstreckenflüge) noch in diesem Jahrhundert im Meer versinken dürften, klingt dieses Argument wirklich… exquisit.
Wenn euch das Wohlergehen eures Lieblingsrestaurants in Thailand oder eures netten Vermieters auf Kuba so wichtig ist, dann schickt ihnen Geld. Oder engagiert euch für globale Gerechtigkeit und fairen Welthandel, verzichtet auf Billigklamotten und günstige Handys. Mit eurem Urlaubsbudget werdet ihr die Wirtschaft auf Samos oder Curacao auch nicht retten, soviel ist sicher.
Argument 5: Wir haben unsere Reise schon lange geplant, wir haben Elternzeit genommen!
Ja, das ist scheiße. Das tut mir echt leid für euch. Geht uns übrigens nicht anders: Wir haben wegen Corona unseren lange gehegten Traum von einer Auszeit begraben müssen, den wir auch nicht nachholen können. Das ist aus und vorbei.
Aber dass man die Elternzeit zum Reisen nutzen kann, heißt nicht, dass man sie nur auf diese Weise genießen kann. Und es bedeutet auch kein moralisches Anrecht darauf. Was es aber vor allem nicht bedeutet: Dass wir ohne Reisen keine gute Zeit mit unseren Kindern haben können.
Ihr habt Urlaubstage, ihr habt Zeit für euer Baby? Dann genießt sie eben hier zu Hause – ist halt leider so, geht uns allen so. Vielleicht hilft euch ja der Gedanke, dass ihr damit ein kleines bisschen gegen den Klimawandel tut – was eurem Nachwuchs langfristig vielleicht mehr bringt als diese Reise, an die er sich später eh nicht erinnern wird.
Argument 6: Wir haben uns das verdient nach einem Jahr Verzicht auf Fernreisen!
Wisst ihr, wonach das für mich klingt? Nach „Ich will, ich will, ich will aber!!“ Nichts haben wir uns verdient dadurch, dass wir 2020 weniger Urlaub als sonst machen konnten. Dass wir eine anstrengende Zeit hatten, dass wir Opfer bringen mussten. Was waren denn das für Opfer bitteschön? Wenn man sich noch eine Fernreise mit Kindern leisten kann, können sie ja so groß nicht gewesen sein.
Wir müssen in dieser Pandemie bitte mal aufhören, ständig darüber zu jammern, wie schlecht es uns geht. Denn so schlimm wir das alles finden: Uns geht es noch richtig gut. Und dafür sollten wir verdammt nochmal dankbar und demütig sein, denn uns geht es nur deshalb so gut, weil wir auf Kosten der restlichen Weltbevölkerung leben. Und die meisten dieser Menschen sind in ihrem ganzen Leben noch kein einziges Mal verreist. (Auch in Deutschland sind mehr als 3 Millionen Kinder so arm, dass sie nicht mit ihrer Familie in den Urlaub fahren können. Haben die sich nicht viel eher eine Reise verdient?)
Reisen trotz Corona: reiner Egoismus…
Hinter jedem dieser Argumente steht ein ganz großes Ich. Das haben wir so gelernt in den letzten Jahren und Jahrzehnten: Ich will das, also nehm ich mir das. Mir doch egal, wem ich damit schade. Bitte nicht aufregen – es stimmt doch. Wen von uns kümmert der CO2-Ausstoß der Langstreckenflüge, die Zerstörung der Ozeane und der Natur durch immer mehr Plastik, immer mehr Hotels und Straßen, die Ausbeutung der Bevölkerung in den „billigen“ Reisezielen in Südostasien und überhaupt des globalen Südens, solange wir geilen Urlaub machen können?
Im Jahr 2020 ist der Tourismus weltweit auf Grundeis gelaufen. Dabei sind viele Existenzen vernichtet worden, das weiß ich sehr gut. Meine eigene gehörte dazu. Und derzeit sieht es nicht danach aus, als würde 2021 irgendwie besser werden.
…oder einfach bescheuert?
Das Corona-Virus hat nicht nur Hunderttausende getötet, es mutiert jetzt auch noch fleißig. Das heißt, die Pandemie geht jetzt gerade in eine zweite Runde. Und die verläuft in vielen Ländern schon deutlich schlimmer als die erste Welle. Es hat bereits angefangen, in Südafrika, in Brasilien, in Großbritannien, Portugal. Die mutierten Virus-Varianten sind auch in Deutschland schon lange im Umlauf, mitgebracht von Touristen – wir machen nur viel zu wenige Gensequenzierungen, um das genau zu wissen.
Gerade gehen die Infektionszahlen in Deutschland nach einem wochenlangen, viel zu spät begonnenen und viel zu halbherzig durchgezogenen Lockdown (und dank der Renitenz der verantwortungsvollen Bürger*innen, die einfach nicht gern Maske tragen und Corona eh harmlos finden) langsam zurück. Wissenschaftler*innen erwarten aber, dass sie bald wieder enorm steigen, weil sich dann die neuen Virusmutationen durchgesetzt haben werden, die viel infektiöser sind.
Und in dieser Situation wollt ihr wirklich verreisen??
Es gibt aus meiner Sicht einen ganz wichtigen Grund, warum ihr und ich und wir alle bitte noch ein paar Wochen zu Hause bleiben wollen: Damit wir nicht in zwei Monaten wieder hier sitzen, im dritten Lockdown wie die Engländer.
Und damit dann nicht auch noch die Osterferien und die Sommerferien ins Wasser fallen, und ein nächstes Schuljahr mit Distanzlernen beginnt, und Klassenfahrten, Hochzeiten und Geburtstagspartys ausfallen, und wir weitere Monate lang unsere Eltern und Großeltern nur mit Maske sehen dürfen – bis wir endlich irgendwann im Herbst, oder auch erst zu Weihnachten oder vielleicht auch erst 2022 eine Impfung gegen den Scheiß bekommen werden.
-> Das Orakel sagt: Wann dürfen wir wohl wieder nach Neuseeland reisen?
Es gilt mehr denn je: #staythefuckathome!
Jeder, der keinen wirklich wichtigen Grund hat, möge doch bitte in den nächsten Wochen hierbleiben und das Virus nicht noch weiter in der Welt verteilen! Klar ist die Chance, dass ausgerechnet ihr das Virus unbemerkt in euch tragt am Abreisetag, gering. Aber das ist sie für jeden Einzelnen, der verreist. Je mehr Leute verreisen, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit – Mathe sechste Klasse.
Es kommt jetzt einmal darauf an, dass wir alle unsere eigenen Wünsche und Interessen zurückstellen und an das Wohl der Allgemeinheit denken – tatsächlich der gesamten Weltbevölkerung (die sich in der Regel weder auf ein freies Intensiv-Bett noch auf Corona-Sonderhilfen und Kurzarbeit noch auf “ein Impfangebot bis zum Sommer” freuen kann).
Wenn uns das schon nicht gelingt, indem wir einfach etwas NICHT tun, und wir diese Pandemie gegen die Wand fahren – wie soll uns dann die Abwendung der Klimakatastrophe gelingen, für die viel mehr Einschränkung, Umdenken und Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse anderer nötig ist?
-> Es gibt viele tolle Orte, an die ihr trotz Corona mit gutem Gewissen reisen könnt!
Ich bin sehr gespannt auf eure Meinung – plant ihr (Fern-) Reisen trotz Corona oder gerade deswegen, habt ihr eure Reisepläne begraben oder konntet ihr euch eine Fernreise sowieso noch nie leisten, auch ohne Pandemie?
- Wellington mit Kindern: die besten Tipps für 1, 2 oder mehr Tage - 21. Dezember 2024
- Neuseeland mit Kind Karte: mehr als 450 Tipps für Familien auf Google Maps! - 25. Oktober 2024
- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
[…] Es kommt jetzt einmal darauf an, dass wir alle unsere eigenen Wünsche und Interessen zurückstellen und an das Wohl der Allgemeinheit denken – tatsächlich der gesamten Weltbevölkerung (die sich in der Regel weder auf ein freies Intensiv-Bett noch auf Corona-Sonderhilfen und Kurzarbeit noch auf “ein Impfangebot bis zum Sommer” freuen kann).“ schreibt Jenny auf dem Blog Weltwunderer […]
Mann hat das lange gedauert bis ich mal einen Blogpost gefunden habe der nicht von der Dehoga gesponsert ist oder von völlig unbedarften Reiseplappertanten geschrieben wurde und ausdrückt was ich denke. Schön das ich nicht der einzige Irre bin, der den gewaltsam-unbedarft-dämlichen Zwang zur “Normalität um jeden Preis” kritisch sieht und sich fragt warum man nicht mal mit dem Arsch zuhause bleiben kann. Wohnen die Leute alle auf ‘ner Müllhalde oder bei Schwiegermama oder was?
Ich bleibe seit mehr als einem Jahr zuhause weil ich nicht will daß ich irgendwo als Touri aufschlage und mich dann jemand für genauso ätzend hält wie ich die ganzen Leute finde, die jetzt hier die Küste überschwemmen. Der klassische Nordseetourist ist da praktisch gar nicht mehr dabei, der sucht ja eher die Weite und die Einsamkeit. Klar, ins nächste Risikogebiet zu reisen scheint der Mehrheit derzeit schon etwas suspekt zu sein, deshalb schlagen hier die ganzen gemäßigten Pauschal- All-inclusive- DomRep- und -Mallorca-Kunden auf und können mit den hiesigen Gepflogenheiten so gar nichts anfangen. Die Einheimischen können wiederum nichts mit der ungewohnten Menge an untypischen Gästen im Spektrum zwischen nörgelnden Restauranttestern, Dösbaddels, Wildcampern, Hunde-auf-Schafe-Hetzern, Hundekotliegenlassern und ausgesprochen lauten Vollassis anfangen. Es ist die pure Hölle für alle, für die Gäste, für das Servicepersonal, für die FeWo-Vermieter und vor allem die Einheimischen (die das jetzt ganzjährig an der Backe haben) und das macht sich deutlich in Aggressionen bemerkbar, die durch die immer noch beherrschende Pandemie und die damit verbundenen Kalamitäten auch nicht weniger werden. Schon weil ich nicht nur durch meinen Wohnort die “andere Seite” kenne möchte ich nicht mit diesen Leuten verwechselt werden und andernorts Leuten zur Last fallen. Eine Frage des Charakters, des Anstands und einer Erziehung in der die Relativität der eigenen Wichtigkeit gelehrt wurde.
Zu allem Überfluss lässt man das Inland bei der Risikobewertung zugunsten der Tourismusindustrie womöglich schön unter den Tisch fallen. Es sollte eigentlich einleuchten: Hans und Franz aus ganz Deutschland treffen sich an den neuen Ballermännern an der Waterkant und stecken sich da gegenseitig an. Die werden natürlich alle in ihren eigenen Wohnorten gezählt und bei der Inkubationszeit sind die oft ohnehin schon wieder zuhause bevor das auffällt. Bis das auf die Einheimischen Auswirkungen hat und auch in der Urlaubsregion auffällig wird (und da dann evtl. zu Tourismus-Restriktionen führt) konnte die jeweils neueste Mutante in der ganzen Republik verteilt werden, “gekauft” als Souvenir von der Küste. Mal was anderes als ein Buddelschiff.
Guckt man sich die letzten Inzidenzkarten an kann man derzeit regelrecht die Spur verfolgen, die zwischen den Nordländern und den besonders dicht besiedelten Regionen weiter südlich verläuft. Aber Hauptsache die Dehoga ist glücklich, deren Einfluß auf die hiesigen Landesfürst:innen schon im letzten Jahr unangenehm deutlich wurde. Um das Wohl der Gäste ging es denen dabei jedenfalls nicht.
Fazit: Mit dem Finger auf Ischgl oder Thailand zeigen ist ja leicht, wenn man mit dem Finger auf sich selber zeigen soll ist es auf einmal vorbei mit dem “ICHICHICH!”. Echte Touristen mit Interesse an Land und Leuten sind normalerweise willkommen, die ganzen Deppen die sich gegenseitig auf die Latschen treten derzeit jedoch nicht und da noch etwas auseinander zu halten ist schlicht nicht möglich. Da kann man einfach nur noch zuhause bleiben, es sei denn man ist völlig schmerzbefreit und genau diese Art von Touristen will nun wirklich kein Mensch vor der Tür haben, nicht mal die Touristen.
Sehr gut auf den Punkt gebracht! Letztendlich erhöht jede einzelne Reise das Risiko, dass sich das Virus weiter ausbreiten und mutieren kann. Das kann man einfach nicht schön reden – auch mit allen Vorsichtsmaßnahmen und Tests nicht.
Moin Jenny,
du sprichst mir so sehr aus der Seele, ich stimme dir in sämtlichen Punkten zu!
Vom nicht Reisen können bin ich gleich doppelt betroffen, denn ich lebe in Peking:
1. ich habe auch Fernweh, sehne mich nach Australien und Thailand oder überhaupt nach Sonne und Meer.
2. Gleichzeitig wird mich meine erste Reise, sobald es “safe” und mit annehmbaren Wiedereinreisebedingungen verknüpft ist, nach Deutschland – Heimat”urlaub” – führen: Ich habe meine erwachsenen Kinder über ein Jahr nicht mehr gesehen (anstelle von 2-3 mal jährlich bisher), meine Mutter wird nicht jünger, Freunde und der Rest der Familie fehlen auch… Seufz.
Einreisen nach China ist derzeit kein Spaß, Touri-Visa gibt es eh nicht, aber selbst mit gültiger Aufenthaltserlaubnis überlegt man sich das zweimal, ob man sich die lange zentralisierte Quarantäne, ständiges Testen und anschließendes “Gesundheitsmonitoring” gibt, dazu bleibt man als Familie nicht zusammen, sondern Kinder ab 14 gehen in ein eigenes Zimmer. Ist obendrein auch ein teurer “Spaß”. Wir haben uns jedenfalls dagegen entschieden.
Abgesehen davon würden wir weltweit die Pandemie besser in den Griff kriegen, wenn ALLE an Ort und Stelle bleiben würden, “stay where you are” sollte eigentlich das Gebot der Stunde sein. Aber “weltweit” denken? Wo in Deutschland schon bei den Ministerpräsidenten an ihren popeligen Bundesländergrenzen aufhört? …
LG Linni
Wieso hab ich beim Lesen den Eindruck, dass der Autor des Texts schon viel zu lange in seinem Büro hockt, und von der Welt draußen schon lange nichts mehr mitbekommt? In vielen Ländern der Welt wird weit weniger Affenzirkus um Corona gemacht als in Deutschland. Und in genau den Ländern dreht sich das Leben einfach weiter wie früher. Keine überfüllten Krankenhäuser, keine Leichenberge, nichts. Der halbe Ostblock, weite Teile von Afrika und Südamerika, usw. Wer all die Angstmärchen aus deutschen Medien glaubt ist einfach selbst schuld.
Stimmt, ich Doofie, bin einfach nur noch nicht aufgewacht – und recherchiere auch blöderweise immer noch nicht selbst alles Notwendige auf YouTube oder auf deiner Website (deren Link ich frecherweise mal rausgelöscht hab…) :-P
Dass es durchaus überfüllte Krankenhäuser und Leichenberge gibt, und zwar exakt in Brasilien, wo die Leute sich einen Dreck um Schutzmaßnahmen scheren, ist dann wohl a) eine Lüge der Massenmedien oder b) reiner Zufall. Gleichzeitig gibt es in Neuseeland, Vietnam und einigen anderen Ländern etwa null Corona-Neuinfektionen pro Tag – und zwar genau WEIL die dort ein Riesengeschiss mit sofortiger Abriegelung, Massentests und Shutdowns machen, sobald sie einen einzigen Fall entdecken.
Aber mach du dir mal schön weiter die Welt, wie sie dir gefällt :-)
Hallo Jenny, ganz herzlichen Dank für deinen Beitrag. Ich bin der Meinung, dass dem Reisen unter gewissen Bedingungen und mit Nachhaltigkeit nichts im Wege steht. Ich selbst bin auch sehr reiseerfahren, habe schon alle Kontinente dieser Welt bereist, vor Ort meistens mit öffentlichen Verkehrsmitteln, per Anhalter oder zu Fuss, also möglichst klimaneutral. Auf diesem Weg durfte ich auch Jordanien kennen- und lieben lernen. Meine Familie dort lebt vom Tourismus und hat massive existenzielle Probleme durch die Pandemie und den ausbleibenden Tourismus. Das ist die Kehrseite, von der hier viele nichts mitbekommen und das darf man meines Erachtens auch nicht ausser Acht lassen. Aber nun zum Verreisen während der Pandemie: Aus meiner Sicht kommt es auf den Menschen selbst an, denn der Virus ist überall der gleiche. Hält sich der Mensch hier an die Regeln (Maske, Abstand, Nachdenken) und übernimmt die Verantwortung für sich selbst, dann tut er es auch in anderen Ländern und schützt somit nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Mein Fazit: ich bin für das Verreisen, aber mit Mass und Ziel. Dann ist allen geholfen. Also…Maske, Abstand…Nachdenken
Liebe Jenny, danke für Deinen Artikel! Ich kann jedes Wort unterschreiben. Auch ich bin Touristikerin mit Schwerpunkt China und seit einem Jahr arbeitslos. Doch ich muss, so schwer es mir auch fällt, auf Reisen in mein geliebtes China vorläufig verzichten. Manchmal schleicht sich mir der Gedanke ein, was wäre, wenn die Menschen hier von Anfang an mehr Rücksicht genommen hätten, sich disziplinierter verhalten hätten, weniger Party und weniger Reisen unternommen hätte? Wären wir nicht eventuell schon raus dem ewigen Auf und Zu? Da ich das alles nie so gut wie du argumentieren könnte, merke ich mir deinen Artikel vor und schlag jedem die Argumente um die Ohren, der mit dem unkontrollierten Egoismus aufs Reisen drängt.
Alles Gute Dir und Deiner Familie!
Ulrike
Liebe Ulrike,
was wäre, wenn, kannst du schön an Ländern wie Taiwan, Vietnam oder Neuseeland sehen: Das Leben wäre weitestgehend normal, allerdings eben zu dem Preis, dass keine Touristen mehr reinkommen. Ach nee halt, zu uns kommen ja auch keine Touristen mehr rein… hm…
Liebe Jenny, Hut ab. Der Artikel – knackig, kontrovers, knallhart. Auch wenn die Stimmung, aufgrund der ungewissen Perspektiven, gedrückt ist, versuchen wir das auszuhalten; übrigens auch im Sinne einer persönlichen Weiterentwicklung. Höher, schneller, weiter – hängt mir oft zum Halse heraus. Corona bringt ungeliebte Gedanken über uns selbst an die Oberfläche. Mag ich mein kleines Leben auch ohne Superlativ-Urlaube? Kommen wir als Familie, so aufeinander hockend, zurecht? Schaffen wir es, einander zu tragen, oder tragen wir uns alles nach, weil wir zwischendurch nicht mehr einfach so „ich bin dann mal weg“ sagen können? Konzentration auf das Wesentliche bringt die Zeit nun mit sich. Wir entdecken gerade eine neue Welt für uns: Yoga hilft zu entfliehen und einen schönen, friedvollen, zum Teil noch unentdeckten Ort in uns selbst zu finden. Für den Sommer ist mir vor allem wichtig: Erreichbarkeit von Wasser, Abgeschiedenheit in der Natur und wir und die Kinder sind (nicht zu Hause) zusammen: wir haben uns in ein abgelegenes Bungalow auf dem Festland vor dem Darß eingemietet. So bleiben wir flexibel und können situativ entscheiden, was wir unternehmen und sich richtig anfühlt. Denn weiterhin gilt: ich trage Verantwortung nicht nur für mich, sondern auch für den Nächsten, der Corona ggf. auf einer Intensivstation auskurieren muss, betreut von Personal, das seit Monaten im Dauerstress und z.T. unter wenig wertschätzenden Bedingungen arbeitet. Diese Gruppen gilt es zu schützen.
LG Jacqueline
Das sind alles sehr gute Gründe. Es sind genau solche Überlegungen, die bisher auch mich davon abgehalten haben – trotz gewaltigen Fernwehs – in den nächsten Flieger zu steigen und dorthin zu reisen, wo es gerade noch erlaubt ist.
Aber: Wir müssen auf der anderen Seite auch verstehen, dass uns diese Pandemie noch Jahre begleiten wird. Gerade auch deswegen, weil sich arme Länder – von dir schnippisch als “Tropenparadiese” apostrophiert – noch lange keine Impfkampagnen werden leisten können. Die finanzielle Schieflage auf Grund des ausbleibenden, aber oft überlebenswichtigen Tourismus wird da auch nicht helfen.
Drum denke ich, dass das Ächten von Tourismus mittelfristig keine Lösung ist. Wir, die Welt, müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Mit Impfungen, Schnelltests, Quarantänemassnahmen und Schutzmassnehmen. Denn Reiseeinschränkungen sind dauerhaft genauso wenig eine gute Lösung, wie bei der letzten grossen globalen Pandemie (HIV) ein Verzicht auf Sex eine gute Lösung war. Es braucht einen guten und vernünftigen Umgang mit den Gefahren und Risiken. Das scheint mir sehr viel wichtiger als ein Verzicht. Und ein verantwortungsvoller Tourismus ist auch in einer Pandemie möglich.
Liebe Jenny, Du sprichst mir aus der Seele, vielen Dank!
Auch unser Sommerurlaub fiel 2020 aus (wir hätten zwar reisen dürfen (nach Bulgarien), haben aber gegen hohe Stornokosten doch lieber verzichtet), stattdessen haben wir ein Gewächshaus im Garten aufgebaut…
Für den Sommer 2021 haben wir uns eine Ferienwohnung in der Nähe von Heilbronn gemietet, in der Hoffnung, vielleicht ein paar Technikmuseen besuchen zu dürfen…Und vielleicht sind wir mit diesem Urlaub auch nicht ganz so im Mainstream unterwegs, mal sehen.
Aber je nachdem, wie es sich jetzt entwickelt, bleiben wir doch lieber zu Hause. Und sind froh, dass wir einen Garten haben!
Liebe Grüße, Heike
Im vorletzten Satz fehlt natürlich noch ein “vielleicht” (…”bleiben wir vielleicht doch lieber zu Hause”) :-) Sorry!
Einfach nur Amen!! Und wieder mal wunderbar geschrieben. Postkolonialistische Kackscheiße, Mathe sechste Klasse – ich liebe deine Formulierungen, mit denen du so schön spitz die Sache auf den Punkt bringst. Danke für den Artikel!!
Ich mache keine Reisepläne, würde aber gerne innerhalb Deutschlands wieder reisen, wenn es irgendwann die Lage erlaubt. Wie eh schon immer (relativ) autark im Camper oder in einer FeWo, abseits der Massen mit viel Draußensein. Auch ich kotze innerlich, weil unsere geplante Auszeit vor dem Schuleintritt der Großen ausfällt. Ebenfalls in der Form nicht nachholbar. Iss Kacke, aber iss so, wie wir hier im Pott sagen. Andere müssen an anderen Ecken verzichten: Der 90. kann nicht groß gefeiert werden, der Papa darf bei der Geburt seines Kindes nicht dabei sein, die Hochzeit fällt schmal aus. Ja, blöd. Aber wie du schon sagst, insgesamt geht es uns gut. Und diese Arten von Verzicht gab es schon immer, momentan halt nur geballt. Aber keiner von uns wird an einer nicht gemachten Reise sterben.
LG, Nicole
“Keiner wird an einer nicht gemachten Reise sterben” – dazu sag ich auch Amen. Klasse auf den Punkt gebracht!
Sehr interessanter Beitrag. Wobei ich mich schwer tue, dass der Artikel besonders FERN-Reisen betont. Ich hadere auch persönlich mit dem Gedanken an Flüge in der Pandemie, aber beim Gedanken an lange Zugfahrten oder auch den öffentlichen Nahverkehr ist mir nicht wohler. Thomas nimmt oben in seinem Kommentar z.B. “die, die im Ferienhaus auf Borkum sitzen” aus. Aber warum? Vielleicht sind diese aus einen Risikogebiet in Thüringen oder aus dem Mutationsgebiet in Flensburg angereist, mehrere Stunden mit dem Zug. Und dass dann, ohne einen PCR Test, weil ja innerhalb Deutschlands. Da würde mir persönlich das Risiko eine 5 Stunden Fluges auf die Kanaren inklusive PCR Test geringer vorkommen. Eine Fernreise in ein abgelegenes Ferienhaus in ein Land, das Tests und vielleicht sogar Quarantäne vorschreibt halte ich nicht zwingend für riskanter als einen Trip auf den ausgebuchten Campingplatz im europäischen Nachbarland. Insofern verstehe ich Deinen Punkt, nur finde ich die Unterscheidung zwischen Fernreisen / Flugreisen und anderen Reisen zu wenig differenziert. Aus Pandemie-Perspektive ist es z.B. das Reisen im eigenen Auto viel besser, wenn auch klimatechnisch problematisch. Das ist sicher auch eine Entwicklung, die noch eine Weile weiter fortwirken wird.
Auch glaube ich nicht, dass man die Opfer, die Corona wirklich allen abverlangt, gegeneinander aufrechnen sollte. Ja, uns geht es noch gut und viele hat es finanziell schwer getroffen und andere nicht so. Trotzdem hat jeder irgendwie sein Päcklein zu tragen. Nur weil es jemandem finanziell gut geht, mag ich nicht darüber urteilen, ob dieser Mensch vielleicht Angehörige verloren hat, krank ist, in eine Depression abrutscht oder oder. Ich denke, eine finanzielle Neid-Debatte fördert nicht gerade die Solidarität, die wir gerade brauchen. (zumal die eine oder andere Fernreise günstiger ist als ein Mallorca Urlaub). So, und nun hoffe ich weiter, dass sich die Impflage bis zum Sommer in Europa deutlich verbessert.
Danke für diesen wirklich wichtigen Beitrag zu diesem Thema. Ich wurde in den letzten Wochen schon häufiger gefragt: Sag mal was machst du denn jetzt ohne das Reisen als Reiseblogger. Biste arbeitslos – was? Bin ich nicht, ich verdiene durch den Blog nur einen kleinen Teil meines Einkommens. Die zweite Frage ist: Schreibst du denn überhaupt was? Ich muss ehrlich sein – in Bezug darauf kommt mir der Lockdown zugute – denn ich kann viele vergangene Reisen aufarbeiten. Ich habe mich dazu entschieden Orte vorzustellen die für den Sommer schon als Geheimtipps anzusehen sind. In Deutschland. Warum? Nun, ich befürchte das sobald alles in Deutschland wieder gelockert werden dann alle an Ost- und Nordsee sowie in die Alpen fahren und das genauso ungünstig ist. Wenn sich alles etwas aufteilt, wenn die Menschen kleine Hotels, Ferienwohnungen, etc. nutzen, dann spricht ja auch nichts gegen einen Urlaub in Deutschland. Nur halt nicht alle an einen Ort. Und ja, wir wissen alle wie schwer es gerade ist – aber ich geb dir recht, wir sind so unglaublich priveligiert sodass es den meisten nicht auffällt wie gut wir es haben. Sobald Hausärzte impfen dürfen und der Test für Zuhause kommt bin ich auch für eine Lockerung des Lockdowns. Aber ich geb dir voll recht – Fernreisen machen auch aus Rücksicht auf die Einheimischen sowas von keinen Sinn. Sorry der Beitrag ist etwas wirr :)
VG Janett
Du sprichst mir aus der Seele. Vielen Dank dafür!
Sehr gern :-) Ich hoffe ja, ich kann beim einen oder anderen einen Denkprozess anstoßen…
Moin,
vielen Dank für den Beitrag, der mir so was von der Seele geschrieben ist. Und dich sehe das ja auch aus der Sicht eines Menschen, der Reisen verkauft. Für das Geschäft ist es eine Katastrophe, keine Frage. Allerdings sehe ich auch, dass doch viele Menschen sehr vernünftig sind. Wir haben viele Stammkunden und nur sehr wenige davon planen aktuell Reisen und wenn doch, dann für den Herbst/Winter 2021 in der Hoffnung, bis dahin eine bessere Situation zu haben. Daher habe ich noch einen kleinen Rest an Hoffnung an den Verstand der Menschen.
Der bekommt dann aber einen derben Knacks, wenn ich so manches aktuelle Reisefoto in den Social Medias sehe und mir denke “Wie egoistisch kann man eigentlich sein?”. Und nein, auch ich beziehe mich damit nicht auf die Mitmenschen, die im Ferienhaus auf Borkum sitzen.
LG Thomas
Puh, ich bin ziemlich erleichtert, dass ich nicht die einzige bin, die so denkt!
Nein, das bist Du bei Weitem nicht. Ich befürchte aber, Du wirst noch ein dickes Fell haben müssen wegen dieses Beitrages. Viele werden nicht verstehen, dass Du Dich dabei über Flug- und Fernreisen auslässt. Auch der anfängliche Disclaimer wird da nichts nützen.
LG Thomas