! Aktualisiert am 21. Juni 2020
Neuseeland-Fans waren geschockt, als die Kiwis vor einiger Zeit über einen Fahrtest für Touristen nachdachten. Der Grund ist die hohe Zahl an Unfällen, die Touristen angeblich verursachen. Der Plan ist bis dato nicht umgesetzt, wobei einige Campervan-Vermieter ihren Kunden in Zukunft tatsächlich einen Fragebogen vorlegen wollen. Die Unfallzahlen im neuseeländischen Straßenverkehr sind allerdings wirklich hoch – weshalb ein paar Fahrsicherheitstipps an dieser Stelle angebracht erscheinen.
Eines wollen wir vorausschicken: Unserer Meinung nach (und die Statistik wird uns da Recht geben) wird der größte Teil der Verkehrsunfälle in Neuseeland durch Neuseeländer verursacht. Das typisch neuseeländische Verhalten im Straßenverkehr ist berühmt-berüchtigt und es gibt viele sehr ironische und nur halb scherzhaft gemeinte Berichte darüber.
Kurz summiert, fahren echte Kiwis angeblich wie die Henker und lassen am Steuer eine dunkle Seite ihrer Persönlichkeit heraus, die sie im Alltag sonst vorbildlich unterdrücken.
Aber auch wir Reisenden müssen uns an die Nase fassen, wenn es um die Gefährdung des Straßenverkehrs geht. Immer wieder kommt es zu spektakulären bis tragischen Unfällen mit Mietwagen-Beteiligung. (Einen besonders dämlichen haben wir sogar selbst gesehen, direkt vor uns!)
Die häufigsten Ursachen dafür sind schnell aufgezählt:
- man unterschätzt die neuseeländischen Straßenverhältnisse
- man fährt mit Jetlag oder übermüdet von der langen Anreise
- man ist vorher noch nie mit einem Wohnmobil gefahren
- man ist vorher noch nie im Linksverkehr gefahren
All das solltet ihr bei eurer Neuseeland-Reise mit Campervan im Hinterkopf behalten, damit ihr nicht auch zu einem traurigen Statistikfall (oder gar einer tragischen Schlagzeile) werdet.
Tipps für sicheres Wohnmobil-Fahren in Neuseeland haben wir schon an vielen Stellen erwähnt. Hier zählen wir sie noch einmal gebündelt auf, damit ihr sie euch ausdrucken und ans Armaturenbrett heften könnt.
19 Tipps für mehr Sicherheit bei eurem Neuseeland-Campervan-Roadtrip
Setzt euch bitte nicht direkt nach eurer Ankunft in Neuseeland hinter das Steuer eines Autos oder Wohnmobils. Auch wenn die meisten Vermieter ihre Stationen sehr bequem gleich neben dem Flughafengebäude haben: Nehmt ein Taxi oder fahrt mit dem Bus nach Auckland oder Christchurch hinein, legt eure Sachen in einem Motel oder einem Hostel ab und schlaft euch erst einmal aus. Wenn euer Jetlag (und der ist fast immer heftig) nach ein paar Tagen abgeklungen ist und ihr nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Kopf angekommen seid, dann ist die richtige Zeit, um das Abenteuer Wohnmobilreise anzugehen.
Dreht eine Proberunde, bevor ihr euch mit dem Wohnmobil in den Straßenverkehr wagt. Christchurch und Auckland mögen nicht mit Großstädten wie Köln oder Berlin vergleichbar sein, aber die ungewohnte Größe eures Gefährts und das Linksfahren werden euch eine Weile beschäftigen. Gut, wenn ihr dann nicht gleichzeitig nach dem richtigen Weg suchen und ungewohnte Vorfahrtsregeln beachten müsst.
Bei eurer Übungsfahrt auf dem Hof des Vermieters oder in einer ruhigen Seitenstraße solltet ihr die Gelegenheit nutzen und die wichtigsten Funktionen des Campervans testen: Macht eine Vollbremsung, schaltet das Fernlicht an (und aus), legt den Rückwärtsgang ein etc. Alles Handgriffe, die sitzen müssen, wenn sie akut gebraucht werden.
Auch der kleinste Campervan fährt sich anders als ein Pkw. Und selbst wenn ihr euch nach einigen Tagen sicher hinterm Steuer eures Wohnmobils fühlt: Seid immer besonders aufmerksam, wenn ihr ein- und ausparkt, wenn ihr aus einem Campingplatz heraus auf die Straße einbiegt oder wenn ihr von einem Rastplatz wieder auf den Highway auffahrt.
An das Linksfahren gewöhnt man sich schnell, aber es gibt bestimmte Situationen, wo tiefsitzende Lektionen unbewusst hochkommen: auf einsamen Straßen ohne Gegenverkehr und ohne Spurmarkierungen, nach Wende- und Abbiegemanövern oder beim Einfahren in einen Kreisverkehr rutscht so mancher langjährige Rechtsfahrer aus Versehen auf die falsche Fahrbahnseite. Wenn euer Vermieter keinen Hinweis am Steuer angebracht hat, klebt euch einen Zettel mit der Erinnerung “LINKS” oder einen Pfeil ans Lenkrad oder neben den Tacho.
Der erste Tag eures Roadtrips wird sicherlich anstrengend – so viel Neues ist aufzunehmen und zu beachten, so viel Ungewohntes zu verdauen und im Kopf zu behalten. Tut euch einen Gefallen und fahrt am ersten Reisetag nur eine kurze Strecke.
Tut euch einen weiteren Gefallen und startet eure Tour nicht im Stadtzentrum Aucklands, oder wenigstens nicht während der morgendlichen oder nachmittäglichen Rush-Hour. Während ihr überall in Neuseeland mit einer guten Straßenkarte zurechtkommen werdet, kann in dieser einzigen Großstadt des Pazifikraums eine Routenführung mit Google Maps Gold wert sein. (Christchurch ist harmlos, das schafft jeder.)
Apropos Google Maps: Ihr habt wenigstens anfangs genug damit zu tun, rechts und links nicht zu verwechseln und nicht ständig aus Versehen den Scheibenwischer zu betätigen. Überlasst das Navigieren durch den Stadtverkehr eurem Beifahrer, der sich wiederum nur auf das Lotsen konzentrieren sollte. Panisches Aufkreischen bei jedem Abbiegemanöver und hektische Ermahnungen, nicht zu weit links zu fahren, sind bitte zu unterlassen.
Der Beifahrer hat einen verantwortungsvollen Job: Er muss die Strecke so gut vorausplanen und ansagen, dass keine waghalsigen Wendemanöver und “Hier hättest du abfahren müssen”-Aktionen notwendig werden. Eine vorausschauende Routenplanung vermeidet Hektik, Übermüdung durch zu lange Strecken ohne Pause und eben auch Unfälle.
Neuseelands Straßen sind gut ausgebaut und werden intensiv gepflegt. Ein großer Teil des Straßennetzes sind aber dennoch ungeteerte Gravel Roads. Befahrt ihr diese bei Nässe, heißt es enorm vorsichtig sein. Haltet euch möglichst mittig, achtet auf Spurrinnen und fahrt nicht auf die aufgeschobenen Fahrbahnränder – hier ist der Gravel meist sehr weich und hält Autoreifen fest wie Kaugummi. Die empfohlene Höchstgeschwindigkeit auf Gravel beträgt 30 km/h, und viel mehr schafft ihr hier auch unter günstigsten Bedingungen nicht.
Auch auf den Highways dürft ihr nicht schneller als 100 km/h fahren, und mit einem Wohnmobil ist das auch die maximale Geschwindigkeit. An vielen Stellen ist sie sogar viel zu hoch – in Neuseeland traut man den Autofahrern offenbar die selbständige Schlussfolgerung zu, dass man die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bei Regen, im Dunkeln oder in Kurven reduzieren sollte. Ganz ohne Hinweisschild!
Je größer euer Fahrzeug ist, desto langsamer seid ihr unterwegs. Das muss schon bei der Routenplanung bedacht werden, sonst wird es hektisch – und die Unfallgefahr steigt. Wenn ihr bemerkt, dass ihr andere Fahrzeuge behindert, dann lasst euch nicht drängen, sondern nutzt die “passing lanes”, um schnellere Autos überholen zu lassen.
Ein weiteres Charakteristikum Neuseelands sind die vielen einspurigen Brücken. Obwohl immer ausgeschildert ist, wer hier den Vortritt hat, passieren immer wieder Unfälle an diesen Brücken, weil sich entgegenkommende Fahrzeuge nicht einigen können (oder wollen?), wer zuerst fahren darf. Achtet auf den roten Pfeil – wenn er in eure Fahrtrichtung zeigt, müsst ihr warten!
Fahren ist anstrengend, auch wenn der Fahrer das abstreitet. Gerade wenn ihr mit Kindern unterwegs seid, plant eure täglichen Etappen nicht zu lang. Denkt daran, dass ihr schon auf deutschen Autobahnen etwa alle zwei Stunden eine Pause einlegen solltet. In Neuseeland werdet ihr alle 15 Minuten pausieren, weil ihr ständig aussteigen und die nächste “scenic view” fotografieren müsst. Mehr als 400 km am Tag können dann seeeehr lange dauern.
Apropos “scenic views”: Solche eröffnen sich in Neuseeland an wirklich fast jedem Streckenabschnitt zahlreich und oft. Immer wieder sahen wir auf unserer Fahrt Touristen spontane Vollbremsungen machen oder unvermittelt links ranfahren, weil sich ein atemberaubender, unbedingt zu fotografierender Anblick auftat. So sehr ihr eure Reise genießt – verhaltet euch am Steuer bitte verantwortungsvoll. Auch wenn weit und breit kein anderes Fahrzeug zu sehen ist, stellt euch nicht einfach an den Fahrbahnrand und steigt um Himmels willen nicht direkt am Highway aus, um zu fotografieren! Es gibt wirklich mehr als genug ausgeschilderte Viewing-Spots, an denen die Straßen extra verbreitert sind oder wo richtige Parkplätze eingerichtet wurden.
Und apropos zu lange Tagesetappen: Obwohl die Straßen in Neuseeland großteils gut ausgebaut sind, führen sie doch über weite Strecken durch völlige Einöde. Beleuchtung ist da Fehlanzeige. Jeder wird euch bestätigen, dass ihr möglichst nie nachts fahren solltet, vor allem nicht außerhalb von Städten. Allein schon deshalb, weil es sich im Dunkeln sehr schlecht nach einem Platz für die Nacht sucht. Folgt der Campervan-Regel von GoCamperJapan: the “4 pm rule”.
Ein beachtlicher Anteil der tödlichen Verkehrsunfälle wird durch Müdigkeit des Fahrers verursacht. Für euch heißt das: regelmäßige Pausen machen, nicht mit Jetlag und auch nicht spätabends fahren. Euer Wohnmobil ist der Joker in eurem Ärmel: Sollte der Fahrer doch einmal zu müde zum Weiterfahren sein, dann kann er einfach hinten ein Nickerchen einlegen. In solchen Fällen, wo das Weiterfahren zu gefährlich wäre, sind eventuelle Freedom-Camping-Verbote übrigens ausgesetzt!
Auch die geübtesten Wohnmobilfahrer können in Neuseeland eine Überraschung von Mutter Natur verpasst bekommen. Nicht wenige sind schon von starken Windböen unversehens auf die Gegenspur gedrückt worden oder auf regennassen Gravel Roads ins Schleudern geraten. Es ist wirklich enorm wichtig, jeden Tag vor dem Start den Wetterbericht zu studieren! Vor allem auf der Südinsel sind starker Wind, heftiger Regen und Sturm auch im Sommer normal und können eure Fahrt ernsthaft beeinträchtigen.
Flache Flüsschen, die ihr bei Trockenheit vielleicht gar nicht bemerkt, können nach kurzen Regengüssen zu Strömen anschwellen, die Straßen überschwemmen oder unterspülen. Im Frühling und Herbst kann es auf der Südinsel überraschend schneien; habt ihr keine Schneeketten an Bord, fahrt lieber einen Umweg.
Beachtet Warnschilder am Straßenrand und hört auf die Warnungen von Einheimischen. Wenn eine Straße oder ein Pass nicht befahren werden soll, dann haltet euch daran und fahrt einen Umweg oder legt einen Tag Pause ein. Denkt an die beiden Touristen, die 2014 am Haast Pass mit ihrem Wohnmobil weggespült wurden!
Wir wünschen euch eine gute und sichere Fahrt!
- Die Verkehrsregeln in Neuseeland könnt ihr hier nachlesen
- Hier haben wir alles aufgeschrieben, was ihr über das Fahren auf Gravel Roads wissen müsst
- Was ihr tun müsst, wenn der Unfall doch passiert ist
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Liebe Jenny,
das sind wirklich hilfreiche Tipps für das Fahren in Neuseeland. Diese Liste sollte jeder Neuseelandreisende vor Reiseantritt kennen, dann würde hoffentlich weniger auf den Straßen passieren.
Ich sehe es genauso, dass zwischen Ankunft und Camperübernahme ein oder mehrere Hotelübernachtungen eingelegt werden sollten. In Nordamerika ist das zum Beispiel Pflicht, in Neuseeland kann man das ja (leider) selbst entscheiden. Vielen Dank für den tollen Artikel.
Liebe Grüße, Tanja
Danke für die ganzen Tipps! Vielleicht brauche ich sie bald :)
Ist es dort auch wie hier, dass sich so gut wie keiner an Verkehrsschilder hält, oder fahren die Neuseeländer vernünftig?
Ich habe nicht den Eindruck, dass sich hierzulande niemand an Verkehrsschilder hält ;-) Und den hatte ich auch in Neuseeland nicht. Wir haben auch weder irre Kiwis am Steuer bemerkt, noch sind uns dämliche Touristen aufgefallen – beides ja angeblich stark vertreten auf Neuseelands Straßen.