! Aktualisiert am 25. Februar 2020
Es war die Stunde der Wahrheit für mich, als ich mir im Herbst 2015 eingestehen musste: Ich kann meine kleine Tochter nicht zum Wandern zwingen. Sie streikte, und zwar konsequent. Den Aufstieg zum Talaia d’Alcúdia im Nordosten Mallorcas mussten wir streichen – aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Zwei Jahre später versuchten wir es erneut, und siehe da: Wir haben eine wunderschöne Wanderung auf Mallorca erlebt, die wir euch unbedingt empfehlen!
Atemberaubende Ausblicke aus schwindelerregender Höhe, ein steiler, fast ungespurter und kaum markierter Aufstieg durch Geröll und Gestrüpp, sengende (Herbst-) Sonne und am Ziel eine verfressene Ziege – Zutaten für eine perfekte, mehr oder weniger kinderfreundliche Wanderung auf unserer Lieblingsinsel Mallorca!
Ihr wollt wissen, wo ihr diese Wanderroute findet? Dann lest weiter!
Aufstieg zum Talaia d’Alcúdia: der Start
Unsere Unterkunft auf Mallorca schlagen wir traditionell (denn ja, wir lieben diese Insel und fahren immer wieder hin) im Nordosten auf, bei Alcúdia oder Pollenca. Eine Finca auf Airbnb findet man hier in der Nebensaison auch kurzfristig noch günstig, die Altstädte von Alcudia und Pollenca sind perfekt für Stadtbummel und Kaffeepausen auf Marktplätzen, die Ausläufer der Serra de Tramuntana sorgen für tolle Ausblicke und die Strecke nach Palma schafft man mit dem Mietauto in knapp 45 Minuten (oder auch in 30, wenn man 1,5 Stunden vor dem Abflug bemerkt, dass unsere Pässe noch im Ferienhaus liegen… andere Geschichte!).
Von Alcudia bis zum Startpunkt unserer Wanderung sind es mit dem Auto etwa 20 Minuten, und schon die Anfahrt ist ein Vergnügen. Aus der Stadt geht es zuerst durch den ziemlich schnieken Vorort Mal Pas dicht am Meer entlang, dann passiert man eine wunderschön gelegene Strandbar an der Platja S’Illot (mit kieseliger Badegelegenheit), bevor sich die Straße in typisch mallorquinischer Manier in Serpentinen bergauf windet – wobei man sich innerlich beglückwünscht, dass man den gewünschten riesigen Familienvan bei der Autovermietung doch nicht bekommen hat.
Das Ende der Straße und der Startpunkt unserer Wanderung liegen an der Ermità de la Victoria, einem altehrwürdigen Kloster, das äußerst pittoresk 140 Meter über der Bucht von Alcúdia thront. Wir hatten diesmal kein Glück und fanden das benachbarte Restaurant “Mirador” geschlossen vor; ein Eis in einem kleinen Kiosk neben dem Klostereingang konnten wir aber trotzdem erwerben.
Und dann ging es auch schon los: Direkt hinter dem Restaurant verwandelt sich die Lieferanfahrt in den Wanderweg, der uns in etwa drei Stunden hinauf zum Talaia d’Alcúdia führen sollte (und wieder hinunter).
Talaia d’Alcúdia: ein typisch mallorquinischer Wanderweg
Wenn ihr mit Kindern auf Mallorca wandern wollt, müsst ihr wissen: Die Wanderwege in Spanien sind weit weniger benutzerfreundlich, als wir das aus Deutschland oder auch aus Neuseeland gewohnt sind! Markierungen gibt es nur sporadisch, richtige Schilder mit Zeit- oder Entfernungsangaben fehlen oft ganz oder kommen erst dann, wenn man sie nicht mehr braucht.
Mit dem Kinderwagen hat man keine Chance, und auch kleine Kinder generell haben es beim Wandern auf Mallorca schwer. Da sind steile Stücke, hohe Stufen, Treppen über Viehzäune und Trampelpfade über ungeschützte Felsgrate zu überwinden, was kleine Beine schnell überfordert. Nehmt also im Zweifel lieber eine Babytrage mit.
Und tragt unbedingt feste Wanderschuhe, auch wenn es warm ist. Der Weltwundermann wollte mal wieder nicht hören und schlappte in Flipflops los, was er bitter bereut hat.
Die Route zum Gipfel: kein Zuckerschlecken
Das erste Stück der Wanderung zum Talaia d’Alcúdia ist ein breiter, allerdings ziemlich holpriger Fahrweg, der sich in Serpentinen stetig bergan windet – die Ausblicke durch den Pinienwald auf die Bucht von Pollenca, die sich dabei immer wieder eröffnen, fanden natürlich nur wir Erwachsenen spannend. Für die Unterhaltung der Kinder sorgten zum Glück immer wieder braune Bergziegen, die sich raschelnd durch die Büsche schlugen.
Nach etwa einer halben Stunde zweigte ein schmaler Weg links vom Hauptweg ab, den wir nach Lektüre des Reiseführers eindeutig NICHT versehentlich einschlagen wollten: Er führt auf einen extrem schmalen Felsgrat zu einer Ruine (Penya d’es Migdia oder Penya Rotja), durch deren Fensterhöhlen man Traumblicke aufs Meer genießt. Allerdings nur als absolut trittsicherer und schwindelfreier Wanderer. Wir sagten uns: Lieber nicht.
Wir stiegen schnaufend weiter, denn die Steigung des Weges war inzwischen beachtlich, und grüßten keuchend entgegenkommende (ausschließlich deutsche) Wanderer. Nach Übersteigen eines Tores ließ die Steigung dann endlich nach und wir passierten eine Art Sattel, der durch lichten Kiefernwald zu einer kleinen, vorgelagerten Halbinsel führte – auf der irgendjemand im Jahr 1567 (!!) einen Verteidigungsturm, den Talaia d’Alcúdia, gebaut hat. Die spanische Regierung ließ den Turm 1936 abreißen, seitdem steht er dort als pittoreske Ruine.
(Wie so ein Verteidigungsturm aussah, kann man nicht weit entfernt über dem Mirador am Kap Formentor sehen; dort thront der gut erhaltene Talaia d’Albercutx, in den wir 2015 hineingeklettert sind.)
Endspurt!
Selbigen sahen wir aber erst ganz zum Schluss – vorher hieß es, nach einem erholsamen flachen Wegstück noch einmal alles aus uns herauszuholen. Über Stock und Stein hob und schob ich das Weltwunderbaby, das alle zehn Meter darauf beharrte, keinen Schritt weitergehen zu wollen – außer vielleicht einen. Und noch einen…
Die größeren Kinder sprangen derweil bergziegengleich voraus und juchzten, als der Weg immer schmaler und schmaler wurde. Auf einem nur noch etwa 50 cm breiten Felsensims balancierten wir bis zu einer Art Pass, wo wir um einen Felsbrocken herumlinsen konnten – und das Ziel erblickten!
Die letzten 300 Meter (?) über große Steine waren ein Klacks; jedenfalls für alle außer dem Weltwunderbaby und mir. Aber am Ende standen wir alle oben und waren unendlich stolz, es geschafft zu haben.
Was für ein Ausblick! Auf der einen Seite eröffnete sich die schon reichlich gesehene Bucht von Pollenca mit dem Kap Formentor, auf der anderen die Bucht von Alcúdia. Und gleich zu unseren Füßen meldete sich ein weiterer sehenswerter Anblick: Eine der vielen Bergziegen hat sich offenbar auf das Ausrauben erschöpfter Touristen auf dem Gipfel spezialisiert.
Sie kam ohne Scheu herbei und untersuchte unser Picknick, von dem wir ihr erst bereitwillig und später weniger bereitwillig abgaben. Was soll man aber machen, wenn man auf einem schmalen Gipfel hockt und von einer hungrigen Ziege geschubst wird?
Seufz – wer hoch hinaufsteigt, muss auch wieder hinunter, das ist halt so. Zum Glück hatten wir die tollen Eindrücke von unserer Gipfel-Erklimmung noch frisch in Erinnerung und freuten uns auf den Schokoladenkuchen in der Bar S’Illot – das lenkte uns von dem endlosen Bergablaufen ab, das tatsächlich ziemlich unspektakulär war und unsere Knie arg beanspruchte.
Das tapfere Weltwunderbaby, das sich letztes Jahr so störrisch gezeigt hatte, war diesmal unser Held des Tages. Den größten Teil des Rückwegs legte sie zwar sitzend auf Papas Schultern zurück, aber hinaufgestiegen ist sie fast jeden Schritt allein!
Talaia de Alcúdia: das müsst ihr wissen
- Die Strecke, die ihr laufen müsst: ca. 5 km. Wir haben dafür trotzdem (hin und zurück) reichlich vier Stunden gebraucht. Mit größeren Kids braucht man offenbar nur 50 Minuten – oder diese Familienblogger flunkern…
- Die Route ist ganz entschieden nicht kinderwagentauglich. Einige Reiseführer stufen sie als familienfreundlich ein, darüber könnte man diskutieren…
- Fahrt unbedingt bis hoch zur Ermità de la Victoria und parkt nicht bereits unten im Tal, sonst lauft ihr locker eine Stunde extra.
- Der Parkplatz an der Ermità ist kostenlos, war aber auch im Oktober, bei geschlossenem Restaurant, komplett voll. Früh oder eher spät zu kommen, empfiehlt sich.
- Verpflegung und reichlich Wasser mitnehmen; an der Ermità gibt es außer Chips und Lutschern nichts zu kaufen.
- Wanderschuhe sind Pflicht!
- Schaut euch vorher eine Wanderkarte an, damit ihr euch orientieren könnt; eine Beschilderung ist kaum vorhanden.
- Denkt an Sonnenschutz, wenn ihr im Sommer hier unterwegs seid! Und packt eine dünne Jacke ein, auf dem Gipfel ist es auch bei warmem Wetter empfindlich kühl.
- Es gibt keine Toiletten und keinen Mülleimer auf dem Weg; “take only pictures, leave only footprints”, bitte.
Vom Endpunkt, dem Talaia, kann man die Wanderung zu einem 12 km langen Rundweg fortsetzen, der in einem großen Bogen über Coll Baix zurück zur Ermità führt. Wie lange wir wohl dafür gebraucht hätten…
Was man im Norden von Mallorca noch alles machen kann? Bis wir euch das alles selbst erzählen, verlinken wir einfach auf die Erlebnisse der Reise-Zwillinge Kathrin und Kristin von Travelinspired.de :-)
Auf Pinterest merken:
- Wellington mit Kindern: die besten Tipps für 1, 2 oder mehr Tage - 21. Dezember 2024
- Neuseeland mit Kind Karte: mehr als 450 Tipps für Familien auf Google Maps! - 25. Oktober 2024
- DOC Campsite Pass in Neuseeland: Lohnt er sich für Familien? - 5. Oktober 2024
[…] weiter zur Talaia d’Alcudia gehen (weitere 40-50 Minuten pro Strecke, Erfahrungsbericht auf Weltwunderer). Und eventuell von dort noch weiter im Bogen nach Mal Pas. Dann müßte man sich allerdings vom […]
4 Jahre später können wir das meiste nach wie vor bestätigen. Der Weg ist inzwischen besser ausgeschildert, wie allgemein viele Wanderwege auf Mallorca jetzt neu beschildert wurden.
Die Gipfelziege ist noch da und macht ihre Attacken ;)
Wir haben, mit grossen Jungs ca. 1h10 min rauf gebraucht, auch wegen vielen Fotopausen. Runter etwa 50 minuten. Es war recht voll, wir waren an einem spanischen Feiertag hier.
Die Wanderung ist ein Highlight, wegen der grandiosen Aussicht, sehr dicke Empfehlung auch von uns.
Das Restaurant S’Illot ist auch sehr gut.
Danke. Es ist eine super Wanderbeschreibung. Ich habe sonst bei den Zeitangaben immer so meine Schwierigkeiten.
Ich werde die Strecke demnächst mal ausprobieren.
Liebe Grüße, die Wanderschnecke
Hey Jenny,
das kann ich mir so gut vorstellen. Mein Zwerg hätte da am Ende definitiv auch immer wieder gestreikt. Aber es sieht echt gut aus und die kann ich mir wunderbar vorstellen. Auch auf so ein Gruppenbild mit Ziege ;-) Es ist immer toll, wenn man dann sowas als Familie geschafft hat und darauf glücklich zurückblicken kann.
Grüße!
Liebe Jenny,
da musste ich ja herzhaft lachen. Ich war so dankbar in Österreich über die Wanderwege mit Kinderbelustigung wie Ötzi-Quiz und dergleichen … ansonsten habe ich auch ein eher wanderunwilliges Kind zu bieten. :-)
Diese Wege ist der Männer echt in Flip-Flops geschlappt?!? Respekt! Ich muss allerdings aus eigener leidvoller Erfahrung auf dem Weg nach Es Verger berichten: Die besten Wanderschuhe nutzen nix, wenn sie acht Jahre alt sind und sich der Weichmacher im Plastik löst. Dann schlappt einem plötzlich eine appe Sohle um die Ohren … :-)
Auf jeden Fall ist die Wanderung eine prima Anregung – auf Mallorca waren wir lange nicht mehr!
Liebe Grüße!
Ines-Bianca
[…] und auf selben Weg wieder zurück (4,5 km, 280 hm). Du findest die Tour bei outdooractive und einen ausführlichen Erfahrungsbericht auf dem Blog Weltwunderer von meiner Bloggerkollegin Jenny, die diese Variante mit Kindern gewandert […]
Liebe Jenny,
hach, ich komme gerade von ein paar Tagen Mallorca zurück und trage das Fern- und Meerweh noch in mir. Ich liebe diese Insel einfach und habe das Glück, das ein guter Freund dort wohnt. Ich wandere fast nirgendwo so gerne wie auf Mallorca. Was übrigens meine Mama auch sehr zum Lachen bringt: ich habe es als Kind absolut gehasst, wenn wir wandern mussten. Heute denke ich, oh mann, wie konnte ich diese tollen Wanderungen damals (vornehmlich in der Schweiz, in Vorarlberg und in Bayern) nicht wertschätzen? Toll, dass Deine Tochter jetzt auch Lust drauf bekommen hat!
Liebe Grüße,
Sandra
Liebe Sandra,
bevor man hier tatsächlich von Lust sprechen kann, müssen wohl noch ein paar Jahre ins Land gehen – aber immerhin haben wir jetzt den Trick gefunden, mit dem wir die Dame überhaupt zum Laufen bewegen! ;-)